"Männerquote halten wir nicht für zielführend"
"Ein Student mit exzellenten Abiturnoten wird nicht automatisch auch ein exzellenter Zahnarzt", sagt Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer, im DENTAL MAGAZIN-Interview. Die Berücksichtigung weiterer Zulassungskriterien neben der Abinote hält er "unbedingt für sinnvoll" – eine Männerquote dagegen nicht.

BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel: "Das alleinige Abstellen auf die Abiturnote sieht die Bundeszahnärztekammer durchaus kritisch." © BZÄK/Lopata
Wie beurteilen Sie die heutigen Zulassungskriterien zum Zahnmedizinstudium?
Sicher gibt es einen Zusammenhang zwischen Abiturnotenschnitt und Studienerfolg. Die Abinote belegt immerhin grundlegende Kenntnisse im Bereich der Allgemeinbildung und den Wissensstand in speziellen Fächern. Nur heißt das nicht automatisch, dass ein Student mit exzellenten Abiturnoten auch ein exzellenter Zahnarzt wird. Das alleinige Abstellen auf die Abiturnote sieht die Bundeszahnärztekammer durchaus kritisch. Diskutiert werden z.B. Eignungstests, die zusätzliche Aussagekraft besitzen. Unter anderem kann gerade die manuell geprägte Zahnmedizin durch Einführung eines praktischen Tests sinnvoll ergänzt werden.
Wird die Abiturnote überbewertet?
Für den Beruf wichtige Kompetenzen lassen sich nicht nur an den Schulnoten ablesen, zusätzlich entscheidend sind hier soziale Kompetenz, Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie manuelle Geschicklichkeit.
Sollten psychosoziale Kompetenzen, soziales Engagement und Berufserfahrung eine größere Rolle bei der Zulassung spielen? Oder Kriterien wie die Physik-/Biologie-Note, manuelles Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen etc.?
Die Berücksichtigung weiterer Kriterien halten wir wegen der Mängel der Abiturnote unbedingt für sinnvoll. Die Universitäten suchen seit Jahren nach Alternativen oder aussagekräftigen Ergänzungen. Die Aussagekraft von Kriterien für die Tauglichkeit im gewählten Beruf muss aber zeitaufwändig beobachtet werden. Hinzu tritt, dass die Knappheit der Studienplätze – nicht zuletzt für Zahnmedizin – dazu führt, dass der Kampf um die Studienplätze vermehrt juristisch geführt wird. Experimente oder Erprobungsmodelle greifen in ein juristisch ausgefochtenes System ein und sind damit leichter angreifbar.
Zulassung zum Zahnmedizinstudium – darüber wird diskutiert
NC Zahnmedizin 2016 zwischen 1,1 und 1,4
Die NCs und Wartesemester für ein Zahnmedizinstudium zum Wintersemester 2015/16 stehen fest. Ergebnis: Wer Zahnmedizin studieren will, muss entweder sehr gute Noten haben – oder sehr geduldig sein. Das zeigen wieder einmal die Daten, die Hochschulstart, die Stiftung für Hochschulzulassung in Dortmund, für das Wintersemester 2015/16 veröffentlicht hat. Dazu muss man wissen: In Deutschland werden 20 Prozent der Studienplätze an die Bewerber mit dem besten Abitur vergeben, 20 Prozent nach Wartezeit und 60 Prozent nach Auswahlverfahren der Hochschulen.
Mediziner fordern neue Auswahlkriterien fürs Studium
Die BÄK will das Auswahlverfahren für das Medizinstudium umkrempeln. Die Abiturnote ist nicht alles, auf psychosoziale Kompetenzen, soziales Engagement und einschlägige Berufserfahrung kommt es an – zum Beispiel eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung in einem anderen Fachberuf im Gesundheitswesen, und einschlägige Praktika sollen bei der Zulassung künftig eine Rolle spielen. Auch das Persönlichkeitsprofil soll berücksichtigt werden.
Studium der Zahnmedizin nur für Reiche?
Die soziale Gerechtigkeit im Hochschulstudium ist in Deutschland eine Illusion. Das ist die Aussage einer Dokumentation, die am 31. August in der ARD ausgestrahlt wurde und die in der Mediathek des Senders abrufbar ist. Pikant daran ist folgende These: Wer mehr Geld hat, hat bessere Chancen, sein Wunschstudium zu erhalten.
Mehr Männer braucht die Zahnmedizin
Eine “Männerquote” beim Studium der Zahnheilkunde fordert der Landesverband Niedersachsen im FVDZ. Zurzeit studieren mehr Frauen als Männer in Deutschland Zahnmedizin. Doch das soll sich jetzt ändern. „Durch die Art der Vergabe von Studienplätzen gibt es mittlerweile Studienjahrgänge mit 100 Prozent Frauenanteil“, begründet der Landesverband Niedersachsen den Vorstoß.
Zoff um die Männerquote beim Studium
Das Zahnärztinnen-Forum Dentista ist empört über die “Männerquoten”-Debatte, die der FVDZ-Landesverband Niedersachsen angezettelt hat. Der Bundesverband soll sich von den Äußerungen in einem Interview distanzieren, fordert Dentista. Zu kritisieren seien nicht die jungen Zahnärztinnen, sondern die sich mehr und mehr verschärfenden Rahmenbedingungen, die Niedergelassenen heute kaum Chancen für Beruf und Familie ermöglichten.
Zahnmedizin im Ausland studieren
Die Zulassung zum Zahnmedizinstudium ist hart umkämpft. Wer nicht jahrelang auf einen Studienplatz in Deutschland warten will, geht 2016 nach Bulgarien, Österreich oder Ungarn. Das kostet pro Semester mehrere tausend Euro. Agenturen vermitteln Studienplätze ins Ausland. Die Alternative zum Zahnmedizin-Studium im Ausland ist eine Privat-Uni in Deutschland.
Die nächste Generation in den Zahnarztpraxen ist weiblich
Erneut gibt es einen Beleg für die These “Die Zahnmedizin wird weiblich”. Doppelt so viele Zahnärztinnen wie Zahnärzte sind jünger als 30 Jahre. Hingegen überwiegen die Männer im fortgeschrittenen Alter. Von den 30.000 BehandlerInnen, die zwischen 30 und 50 Jahre alt sind, ist bereits die Hälfte weiblich.
TMS – dieser Zulassungstest wird immer wichtiger
Immer mehr Universitäten verlangen in ihren Zulassungsbedingungen zum Zahnmedizinstudium einen Test für medizinische Studiengänge, kurz “TMS”. Gerade erst hat die Universität Köln angekündigt, den Test zum Wintersemester 2016/17 einzuführen. 13 weitere Hochschulen haben den Test, der in ähnlicher Form im Ausland ein viel häufigeres Zulassungskriterium darstellt als in Deutschland, bereits eingeführt. Doch was genau müssen die Bewerber dafür können?
Zuletzt forderte der Landesverband Niedersachsen im FVDZ die Einführung einer „Männerquote“. Löst das das Problem?
Weil die jungen Frauen einfach bessere Abitur-Noten vorlegen, erhalten sie bevorzugt die begehrten Studienplätze, das stimmt. Eine Männerquote halten wir dennoch nicht für zielführend. Hintergrund der FVDZ-Forderung ist die Vermutung, dass Frauen eine geringere Neigung haben, als selbstständige Zahnärztinnen Einzelpraxen zu führen und mehr Zeit in ihre Familien investieren wollen. Laut den gerade neu veröffentlichten Ergebnissen des InvestMonitors Zahnarztpraxis „Investitionen bei der zahnärztlichen Existenzgründung 2014“ vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) können wir zumindest sagen, dass Frauen und Männer gleichermaßen die Form der Einzelpraxis bevorzugen. Die Lösung liegt für die Kammern deshalb nicht in der Zuführung von mehr Männern zum Beruf, sondern vielmehr in einer Verbesserung der Vereinbarung von Familie und Beruf und der Selbständigkeit insgesamt.
Sollten mehr Studienplätze geschaffen werden, um auf die große Nachfrage adäquat zu reagieren?
Nur weil das Interesse groß ist, können nicht einfach mehr Studienplätze geschaffen werden, ohne die mittel- und langfristigen Folgen abzuschätzen. Die finanziellen Mittel an den Hochschulen müssten bereit stehen, ein vernünftiges Betreuungsverhältnis gesichert sein, genügend Plätze in den TPK- und Phantom-Kursen abrufbar sein, die jetzt schon häufig bemängelte zu geringe Anzahl an Patienten würde noch gravierender ausfallen. Sprich, die Studienbedingungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Das gestaltet sich bereits heute durch die finanziellen Einschränkungen und Reduzierungen in den Bundesländern sehr schwierig.
Das IDZ hat Prognosen zur Entwicklung der Zahnärztezahlen in Deutschland wiederholt vorgelegt, um sowohl dem zahnärztlichen Berufsstand als auch der Gesundheitspolitik eine Orientierung zur zahnmedizinischen Infrastrukturplanung an die Hand zu geben. Laut dem letzten Forschungsbericht aus 2009, „Prognose der Zahnärztezahl und des Bedarfs an zahnärztlichen Leistungen bis zum Jahr 2030“, zeichnet sich eine Versorgungslage ab, die, anders als die früheren Prognosen nahelegen, eher von einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage bis zum Jahr 2030 gekennzeichnet sein könnte.