Innovationen in allen Marktsegmenten
Die 41. Internationale Dental-Schau (IDS) Ende März 2025 hat ihre Besucher in einem schwierigen Umfeld stark ermutigen können. Mark Stephen Pace, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Deutschen Dental-Industrie (VDDI), wirft Schlaglichter auf die wichtigsten Facetten der dentalen Weltleitmesse.

Hallendurchblick, Halle 10.1
Herr Pace, was hat Sie auf der 41. IDS 2025 am meisten überrascht?
Mark Stephen Pace: Ich hatte schon im Vorfeld mehr Besucher als vor zwei Jahren erwartet. Niemand, denke ich, hat aber plus 15 Prozent erwartet. Auch sah ich die deutsche Dentalindustrie traditionsgemäß an der Spitze des Innovationsgeschehens im Markt. Doch in einem immer stärker regulierten Umfeld hatte wohl niemand mit der nun vorliegenden Breite an Neuheiten von der digitalen Zahnheilkunde bis zum weiterentwickelten Quetschbiss gerechnet.
Schließlich stellt sich die geopolitische Weltlage für viele Branchenteilnehmer und -beobachter als eine erhebliche Beeinträchtigung, ja geradezu Gefahr für deutsche und europäische Medizinprodukteanbieter und damit insbesondere für die Dentalindustrie dar. In den Kölner Messehallen zeigte sich dagegen: Es steckt auch in dem schwierigen Marktumfeld für alle so manche ungeahnte Chance darin.
Die Gründe für einen Rundgang über die IDS liegen auf der Hand. Wie erklären Sie sich, dass sich diesmal sage und schreibe mehr als 135 000 Besucher auf den Weg in die Kölner Messehallen gemacht haben?
Pace: Es stimmt: Wer auf die IDS kommt, sucht Orientierung und hat Freude an Innovationen. Er möchte am liebsten d bereichern und mit seiner Neuheit unternehmerisch vorankommen.
Darum überrascht es nicht, wenn kontinuierlich immer etwas mehr Zahnärzte, Zahntechniker und ihre Teams die Weltleitmesse frequentieren. Wenn dann der eine oder andere besondere Grund für den Besuch hinzukommt, bewegt das gleichzeitig eine größere Anzahl von IDS-Interessenten. Wir können spekulieren, ob es sich bei diesen aktuellen Gründen um eine der Innovationen handelt, von denen im Vorfeld die Rede war. Ein weiterer Antrieb kann in der allgemeinen geopolitischen und weltökonomischen Unsicherheit liegen. So mancher Marktteilnehmer sucht nach einem Fixstern zur Orientierung. Die IDS strahlt als Polarstern der Dentalbranche hier sicherlich am hellsten.
Sie sprechen von Neuheiten in der ganzen Breite. Was meinen Sie damit?
Pace: Die Dentalindustrie bietet Praxen und Laboren ein umfassendes Portfolio an Produkten von der klassischen Zahnheilkunde bis Hightech. Nun haben wir auf der diesjährigen IDS in allen Marktsegmenten Innovationen gesehen.
Greifen Sie doch vielleicht eine Spezialdisziplin der Zahnheilkunde beispielhaft heraus!
Pace: Nehmen Sie die Kieferorthopädie: Hier sehen wir seit einigen Jahren eine stärkere Integration digitaler Teil-Workflows. Dies betrifft sowohl klassische Apparaturen als auch Aligner. Speziell für transparente Aligner zur Zahnfehlstellungs-Korrektur im Vorfeld einer restaurativen Behandlung haben wir auf der IDS die Möglichkeit zum 3D-Druck der benötigten Attachments gesehen. Diese Attachments sind haltbarer und verfärbungsresistenter als klassisches Komposit.Neben dieser und anderen Innovationen auf dem großen Feld der digitalen Kieferorthopädie zeigt sich der klassische Bereich ebenso agil: Eine neuartige Schiene sorgt für eine Soforthilfe bei CMD-Beschwerden speziell bei Kindern und Jugendlichen und bei Patienten mit besonders schmalen Kiefern. Und innovative vorgeformte Wachsbisse mit „idealer“ Größe und Stärke bieten Vorteile gegenüber handgefertigten Quetschbissen und Kupferwachs; zudem wird die gesamte Arbeit effektiver, unter anderem weil teilweise kein Beschneiden nötig ist.
Sie haben eben auf ein immer stärker reguliertes Umfeld hingewiesen. Inwiefern empfinden Sie die aktuellen Innovationen in diesem Rahmen als besonders bemerkenswert?
Pace: Es ist richtig, dass ich sogar bei vielen unterschiedlichen Gelegenheiten auf eine überbordende Bürokratie hingewiesen habe. Ein Teil davon besteht in den Regelungen der aktuellen EU-Medizinprodukterichtlinie. Damit verbunden ist ein erheblicher Mehraufwand bei der Zulassung neuer Produkte, so dass die Entscheidung pro Innovation aus unternehmerischer Sicht schwerer fällt. Dennoch bleibt der Dentalindustrie die Freude an weiterentwickelten oder komplett neuen Konzepten, Verfahren und Produkten offenbar auch unter erschwerten Rahmenbedingungen erhalten. Wer einen Rundgang über die 41. IDS 2025 unternahm, sah sich davon unmittelbar überzeugt.
Die geopolitische Weltlage scheint sich doch eher zuzuspitzen. Wo haben Sie dennoch Chancen entdeckt?
Pace: Zölle und andere künstliche Verteuerungen von Waren sind für mich Beispiele dafür, dass Produkte und Warenströme sich andere Wege und Märkte suchen. Der VDDI und alle anderen Verbände der Medizintechnik sowie der Pharmahersteller im In- und Ausland plädieren einmütig dafür, Medizinprodukte grundsätzlich von Zöllen und sonstigen wirtschaftspolitisch motivierten Hemmnissen auszunehmen. Für unsere deutsche und europäische Dental-Industrie bedeutet das, neue Wege und Märkte für unsere Produkte, Systemlösungen und Dienstleistungen zu finden. Hier liegt in der Krise auch die Chance, idealerweise sogar einer besseren Alternative „Made in Germany“ den Weg in neue Märkte zu ebnen. Auch in dieser Hinsicht hat die 41. IDS 2025 viele Anlässe gegeben, sich zu orientieren.
Herzlichen Dank für das spannende Interview, Herr Pace.
Das Interview führte Dr. Christian Ehrensberger, Frankfurt am Main.
Marc Stephen Pace
ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender des Verbands der Deutschen Dental-Industrie (VDDI) und Geschäftsführer von Dentaurum in Ispringen.
www.vddi.de
Foto: Dentaurum/Andrea Fabry