Endo: maschinelle Wurzelkanalaufbereitung mit rotierenden Feilensystemen

Feilensystem für Allrounder



Die maschinelle Wurzelkanalaufbereitung ist nicht der einzige entscheidende Faktor, aber ein wichtiges Puzzleteil. Warum sich endodontisch tätige, aber nicht unbedingt spezialisierte Behandler vorbiegbare und flexible Feilen wünschen, beschreibt Dr. Tobias Kaiser aus Heiligenhaus an einem Behandlungsfall mit einem erschwerten Zugang zum Operationsgebiet.

Maschinelle NiTi-Feilensysteme zur Aufbereitung endodontischer Kanalsysteme haben sich in den letzten Jahren gegenüber der manuellen Aufbereitung weitgehend durchgesetzt. Nicht verwunderlich, dass der Markt an angebotenen Feilensystemen zunehmend unübersichtlich wird. Als langjährige Anwender in einer „Allrounderpraxis“ mit Schwerpunkt Endodontie haben wir schon einige Höhen und Tiefen in der Entwicklung verschiedener maschineller Feilen mitgemacht. Anfänglich noch sehr ineffizient, hinterließen die maschinell betriebenen Feilen oft einen bleibenden Eindruck durch ihr ausgeprägtes Frakturverhalten. Daran änderten auch die getroffenen Vorsichtsmaßnahmen nichts, wie drehmomentgesteuerte Antriebssysteme, mehr Feilen pro Kanal, mehr Spülung, Chelatoren und noch mehr Behutsamkeit im Behandlungsablauf.

Auf der Suche nach einem Feilensystem für unsere endodontischen Standardfälle sind wir vor etwa zehn Jahren beim rotierenden (Zwei-)Feilensystem F360 von Komet Dental fündig geworden. Anfänglich nur für einfache Fälle gedacht, entwickelte es sich ­zunehmend zu unserem „Immerdrauf“. Die effektive und kanalkongruente Aufbereitungsleistung, ein unproblema­tisches Frakturverhalten, der einfache ­logistische Ablauf und nicht zuletzt ­ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis führten dahin.

01 v.l.n.r.: vorgebogene wärmebehandelte FQ Feile Gr. 25 Taper 04, vorbiegbare F360 Feile Gr. 25 Taper 04, vorgebogene wärmebehandelte FQ Feile Gr. 25 Taper 06

Never change a winning team – oder doch?

Warum also das neue, ebenfalls rotierende Feilensystem FQ von Komet Dental ausprobieren? Braucht man das? Um es vorwegzunehmen: Wir meinen ja. Für uns ist FQ nicht nur eine willkommene Ergänzung, sondern inzwischen sogar eine Wachablösung. Die neuen FQ-Feilen – Q steht für wärmebehandelt – mit 04- oder 06-Konizität sind spürbar flexibler. Das führt besonders beim Einsatz der 06-Konizität zu einem deutlich besseren Handgefühl und besseren Gleiten im Kanalverlauf. Der Doppel-S-förmige Querschnitt – bei der 06 Taper-Variante mit variabel getapertem Querschnitt und dadurch nochmals vergrößertem Spanraum – schafft viel Debris aus dem Kanal. Weniger Aufbereitungszeit schafft mehr Zeit für das Spülprotokoll.

Ein bei F360 fehlendes Feature freut uns aber besonders: Die Vorbiegbarkeit der Instrumente führt im Grenzbereich bei erschwerten Zugängen, z. B. bei oberen hinteren Molaren, speziell bei den mesiobukkalen Kanälen, zu deutlichen Zugangserleichterungen, ohne die Trepanationsöffnung übermäßig zu dimensionieren. Zudem sind kleine Stufen auch kein Hindernis mehr, welches bis dato nur durch mühsame Handaufbereitung zu überwinden war.

Patientenfall, die Ausgangssituation

Der 66-jährige Patient stellte sich nach Trepanation Zahn 17 alio loco im Juni 2023 in unserer Praxis vor. Der Zahn war mit einer im Jahr 2016 eingesetzten Brücke prothetisch versorgt. Therapiegespräch und Diagnostik führten zu der akuten Exacerbation einer chronischen apikalen Parodontitis.


1. Sitzung
Nach Anästhesie und Trockenlegung unter Kofferdam wurden der provisorische Verschluss entfernt und vier Kanaleingänge bis zum geradlinigen Zugang mit langstieligen Rosenbohrern (EndoTracer, Komet Dental) unter Zuhilfenahme des OPMI (Kaps) freipräpariert. Das initiale Scouting mit einer Patency Handfeile Gr. 010 (Komet Dental) verschaffte einen guten Überblick über die Kanalsysteme.

Bei den Kanälen mb1 und mb2 lag eine Vertucci Typ 4 Klassifizierung mit zwei koronal getrennten apikal konfluierenden Kanälen vor. Der provisorische Gleitpfad auf Sicherheitslänge (FQ Glider, Komet Dental) und das koronale Preflaring (FQ Opener/FQ 25 06, Komet Dental) ermöglichte die sichere und endgültige endometrische Längenmessung (EndoPilot, Komet Dental). Dann folgte die zügige Aufbereitung in Arbeitslänge bis Größe 25 Taper 06 in den bukkalen Kanälen bzw. Größe 30 Taper 06 im palatinalen Kanal mit FQ-Feilen (Komet Dental).


Mehr Behandlungszeit beanspruchte die intensive, schallaktivierte Spülung (Eddy, VDW) mit NaOCl 3 % und Zitronensäure 20 %. Der Zahn wurde mit einer medikamentösen Einlage (Tetrazyklin-Kortikosteroid-Kombination, Ledermix/Riemser) und bakteriendichtem Verschluss provisorisch versorgt.


2. Sitzung
In der zweiten Sitzung gab der Patient Beschwerdefreiheit an. Perkussionstest und Palpation erwiesen sich unauffällig. Das Kanalsystem wurde unter Kofferdam erneut intensiv schallgestützt (Eddy, VDW) und drucklos (Airscaler, WH, Eddy Flex Spülkanüle, VDW) mit Zitronensäure 20 % und NaOCl 3 % gespült. Nach Trocknung mit Papierspitzen erfolgte die Anpassung von Guttaperchaspitzen (GPFQ06, Komet Dental) und die Wurzelfüllung mit hydraulischem Sealer auf Kaziumsilikatbasis (KometBioSeal, Komet Dental). Ein vorsichtiges Anfrischen des kanalnahen Dentins mit Rosenbohrer verbessert die Dentinhaftung. Dann schloss der adhäsive Verschluss (Futurabond U, Voco) mit einem Bulkfill Komposit (SDR, Dentsply Sirona) und hochgefüllter Deckfüllung Filtek (3M) die Behandlung ab.

Resümee

Moderne, wärmebehandelte maschinelle Nickel-Titan-Feilensysteme, ob im rotierenden oder reziproken Modus, erleichtern das Behandeln, führen zu vergleichbar kanalkongruenten Ergebnissen und sparen Zeit. Zeit, die man in Diagnose, primäre und sekundäre Trepanationsöffnungsgestaltung und besonders eine gründliche schallgestützte chemische Desinfektion investieren kann, um eine möglichst gute Prognose der Behandlung zu erzielen. Denn entscheidend für den Erfolg einer Wurzelbehandlung ist eine gründliche Desinfektion des häufig komplexen Kanalsystems unter aseptischen Rahmenbedingungen.

Aus Sicht des endodontisch tätigen, aber nicht spezialisierten Behandlers scheint mir die Auswahl und Begrenzung der verwendeten Feilen(-systeme) wichtig. Möglichst einfach soll es sein. Lieber weniger Feilen, mit denen man mehr Erfahrung sammelt. Die Begrenzung der Feilenzahl schont dazu die logistischen Kapazitäten in der Lagerhaltung und auch die der endodontischen Assistenz.

Das größere Angebot an Feilendurchmessern (20–55) und Tapern (04/06) im FQ System ist hilfreich, um ein breites Behandlungsspektrum von einfach bis komplex abzudecken, sollte aber nicht überfordern. Man kommt auch in diesem System für die meisten Behandlungsfälle mit wenigen Feilen sehr gut zurecht. Zum Thema Sicherheit: Frakturen konnten wir bisher nicht beobachten.

Mein Favorit ist die rote 25/06 FQ-Feile. Sie ist im Gegensatz zu nicht wärmebehandelten Feilen gleichen Tapers wunderbar im Handling. Bei einfachen Fällen kommt man nur mit dieser Feile zu einem guten Aufbereitungsergebnis. Die Wärmebehandlung führt zu einer weniger aktiven Schneidleistung. In hartnäckigen Fällen nutzen wir initial die rote F360-Feile und schließen dann mit der FQ (25/06) die Aufbereitung ab.

Die wärmebehandelten FQ-Feilen sind vergleichsweise günstig. Auch wenn sie im Gegensatz zu den F360 Feilen (Komet Dental) über „single use“ hinaus frei­gegeben sind, haben wir entschieden, sie als Einmalfeilen zu verwenden. Das gibt ein hygienisch einwandfreies und sicheres Gefühl in der Behandlung und schont die Ressourcen bei der Wiederauf­bereitung.

Dr. Tobias Kaiser

Dr. Tobias Kaiser
ist seit 2002 mit Dr. Christoph Kaiser in einer Gemeinschaftspraxis in vierter Generation in Heiligenhaus niedergelassen. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die Bereiche Endodontie, Restaurative Zahnheilkunde und Ästhetik. Darüber hinaus ist er auch als Referent tätig.

Gemeinschaftspraxis für Zahnheilkunde
Südring 131
42579 Heiligenhaus
www.kaiser-zahnaerzte.eu

Erstveröffentlichung:
Endodontie Journal 3/23, Oemus Media