Alternative zur Endokrone in nur einer Sitzung
Wenn es um eine minimalinvasive Alternative zu einer Versorgung mit Endokronen geht und der Patient zudem den Wunsch nach möglichst wenigen Behandlungssitzungen äußert, dann kann die als „Endo-Overlay“ bezeichnete indirekte Restauration mit einem Nano-Hybrid-Komposit eine Lösung sein. Dr. Lucas Echandia aus Cordoba, Argentinien, stützt sich auf die jüngsten Fortschritte bei Nano-Hybrid-Kompositen für CAD/CAM, insbesondere auf die von Voco entwickelten Materialien, die eine grazile und gleichzeitig stabile Gestaltung von „Endo-Overlays“ ermöglichen.
Eine 32-jährige Frau in gutem Allgemeinzustand stellte sich mit einer sieben Jahre alten kürzlich frakturierten Restauration an Zahn 26 vor. Die Anamnese war unauffällig. Sie wünschte eine Neuversorgung in möglichst kurzer Zeit und in möglichst wenig Sitzungen. Die klinische (Abb. 1) und röntgenologische Untersuchung ergaben einen guten
parodontalen Gesundheitszustand und zeigten, dass der Zahn mit der frakturierten Füllung zuvor zufriedenstellend endodontisch behandelt worden war (nicht abgebildet).
Mehrere Behandlungsoptionen standen in diesem Fall zur Wahl:
Eine Endokrone – ohne Anhebung der tief liegenden Kavitätenränder (Deep Margin Elevation, DME) – wäre eine Option gewesen. In diesem Fall hätten jedoch die sehr tief liegenden distalen Ränder den Erfolg der Zementierung beeinträchtigen können. Ein Stift-Stumpf-Aufbau für eine Vollkeramikkrone wäre eine weitere Option gewesen. Dagegen sprachen allerdings der zwangsläufig weitere Verlust von Dentin und die ohnehin schon geringe Wandstärke des frakturierten Zahns. Die Entscheidung fiel daher auf eine Präparation mit Randabschrägung für die Versorgung mit einem „Endo-Overlay“: Entfernung der alten Restauration, Anhebung der tief liegenden Kavitätenränder (DME) und Aufbau mit Bulk-Fill-Material, konkave Aufbereitung für ein Endo-Overlay, Scannen des Gebisses, digitales Design und Fertigung der Restauration, Zementieren und okklusale Adjustierung – alles in einer Sitzung.
Behandlungsschritte
Vor Entfernung der alten Restauration wurde ein Kofferdam zur Isolierung des Arbeitsfeldes angelegt (Abb. 2). Der distale Rand wurde mit einem diamantierten Ultraschallaufsatz geglättet (Abb. 3). Da alle Zahnwände eine Stärke von weniger als 2,5 mm aufwiesen, war eine Konstruktion mit vollständiger Höckerfassung und die Herstellung einer Randabschrägung erforderlich. Für die DME und den Aufbau wurde ein Spannring-, Keil- und Teilmatrizensystem an die distale Fläche des Zahns angepasst (Abb. 4). Die Oberfläche bestand durch verschiedene restaurative Eingriffe im Lauf der Jahre überwiegend nur noch aus sklerotischem Dentin. Die Schmelz- und Dentinoberflächen wurden mit Al2O3 für 10 s (50 µm, 2 bar, Rocatec, 3M) abgestrahlt und 20 s lang mit einem 33 %igen Phosphorsäuregel (Mega Etch Gel, Megadental) konditioniert (Abb. 5). Als Bondingsystem wurde Futurabond U (Voco) verwendet (Abb. 6a). Die DME und der Aufbau wurden in einem Schritt mit VisCalor bulk (A2, Voco) durchgeführt (Abb. 6b und Abb. 7). Das Präparationsdesign sah eine konkave Aufbereitung des Aufbaus mit einer nur angedeuteten Anatomie und das Anlegen einer Schmelzabschrägung vor, um eine vollständige Höckerfassung zu ermöglichen (Abb. 8). Der okklusale Raum für die Restauration betrug 1,5 mm.
Für die Abformung und die Darstellung subgingivaler Details wurde der Kofferdam entfernt. Mit einem Intraoralscanner (Helios 600 Intraoral Scanner, Eighteeth) wurde der gesamte Zahnbogen erfasst. Angesichts der sehr dünnen Präparationsränder wurde beschlossen, zusätzlich eine analoge Abformung des Teilbogens vorzunehmen, um die Passung sicherzustellen bzw. zu überprüfen. Dementsprechend sind zwei Modelle (digital abgeformt und analog abgeformt) hergestellt worden.
Die Krone wurde mit der exocad-Software (exocad, ein Unternehmen von Align Technology) konstruiert und die Restauration mit einer Cerec MC XL (Dentsply Sirona) aus einem CAD/CAM Nano-Hybrid-Komposit-Block (Grandio blocs, A3 LT, Voco) gefräst (Abb. 9). Die Passung war sowohl auf dem Modell als auch am Zahn ausgezeichnet.
Zur Gewährleistung der erfolgreichen adhäsiven Befestigung der Restauration wurde erneut ein Arbeitsfeld bestehend aus drei Zähnen mit Kofferdam isoliert (Abb. 10).
Der gesamte Prozess vom Scannen bis zur fertigen zementierbaren Restauration dauerte etwa 40 min.
Konditionierung des Endo-Overlays (nicht abgebildet): Die Befestigungsfläche der Restauration wurde mit Al2O3 (25–50 μm, 2 bar, 10 s, Rocatec, 3M) unter einem Winkel von 45° abgestrahlt. Das Overlay aus Grandio blocs erfordert die Konditionierung mit einem Silan-Haftvermittler. Dazu wurde Ceramic Bond (Voco) für 60 s aufgetragen und die Schicht anschließend für 5 s mit ölfreier Luft sanft verblasen. Eine Vorbehandlung der Oberfläche der Restauration mit einem Ätzmittel ist nicht erforderlich.
Mechanische Konditionierung des Stumpfes und des Hartgewebes (Abb. 11): Zur Optimierung der Retention wurde die Oberfläche des Komposit-Aufbaus auf Zahn 26 mit Al2O3 (25–50 μm, 2 bar, 10 s, Rocatec, 3M) abgestrahlt und anschließend abgespült. Die Nachbarzähne wurden dabei mit Teflonband isoliert, um eine potenzielle Schädigung zu vermeiden.
Adhäsive Befestigung: Das verbleibende Hartgewebe von Zahn 26 wurde mit dem selbstätzenden dualhärtenden Universaladhäsiv Futurabond U (Voco) chemisch vorbehandelt (nicht abgebildet), sodass anschließend mit dem adhäsiven Zement Bifix QM (Voco) die einwandfreie Befestigung der Restauration auf dem Hartgewebe erfolgen konnte (Abb. 12).
Kontinuierlicher Druck wurde ausgeübt (nicht abgebildet), um die Restauration physikalisch zu stabilisieren, bis der dualhärtende Adhäsiv-Zement (mit einer Aushärtungszeit von etwa 3 Minuten) vollständig gehärtet war. Während der Aushärtung wurde für die Positionierung und Fixierung in den ersten 30 Sekunden zunächst ein Kugelstopfer verwendet. Dadurch ist gewährleistet, dass keine Spannungsrisse oder -lücken im Material – verursacht durch dessen intrinsische Schrumpfung – entstehen.
Anschließend wurde mit Hilfe von Schaumstoffpellets (Pele Tim, Voco) das noch weiche, leicht elastische Zementmaterial in den Randbereichen nivelliert bzw. entfernt. Zur Entfernung von überschüssigem Zement wurden die approximalen Flächen mit Zahnseide behandelt. Wie alle Komposite unterliegt Bifix QM während der Aushärtung bzw. der Luft-Exposition der Inhibierung durch den vorhandenen Luftsauerstoff. Zur Vermeidung der Ausbildung dieser Inhibitionsschicht am Präparationsrand können die Restaurationsränder nach der Entfernung der Überschüsse mit einem transparenten Glyceringel abgedeckt werden. Es wird empfohlen, den Patienten dann auf eine Watterolle beißen zu lassen, um die Restauration bis zum Ende der Aushärtung in der korrekten Position zu fixieren und dort zu halten.
Nach der Befestigung wurde das Endo-Overlay mit FinalTouch (Voco) mit den Farbtönen Braun, Orange und Weiß charakterisiert (Abb. 13).
Der Kofferdam wurde entfernt, und es wurden einige okklusale Anpassungen vorgenommen (Abb. 14a und 14b).
Durch das natürliche Aussehen fügt sich die Restauration optimal in die Umgebung der Nachbarzähne ein (Abb. 15).
Ergebnis
Das Behandlungsergebnis – erzielt in nur einer Sitzung – ist exzellent: eine völlig natürliche ästhetische Restauration nach kurzem Fräsprozess mit anschließender müheloser Politur des Overlays und abschließendem unkompliziertem Zementieren. Die Patientin war mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Diskussion
Basierend auf aktuellen Publikationen und dem allgemeinen Stand der Forschung hätten auch alternative Therapieansätze gewählt werden können. Letztlich basierte die Entscheidung, die in dem vorliegenden Fall dokumentiert wurde, auf dem Wunsch, so viel Dentin und Schmelz wie möglich zu erhalten und den Zahn in möglichst kurzer Zeit und in möglichst wenigen Sitzungen mit einer permanenten, dauerhaft intakten Restauration zu versorgen.
Die DME ist eine bewährte Technik, die für Kavitäten mit subgingivalen Rändern letztlich ein supragingivales Arbeiten ermöglicht. Dadurch können alle nachfolgenden Prozesse wie Isolierung, Adhäsion und Zementierung optimiert und ein günstigeres Emergenzprofil gestaltet werden. Das Risiko, dass sich interdental dunkle Öffnungen (schwarze Dreiecke) bilden, in denen sich Speisereste festsetzen können, wird ebenfalls reduziert [1]. Bisher hat man in der Regel zuerst die DME mit konventionellem Flow-Komposit durchgeführt und in einem zweiten Schritt den Aufbau mit stopfbarem (Bulk-Fill-)Komposit vorgenommen.
Fließfähige Komposite weisen in der Regel allerdings eine geringere mechanische Festigkeit als stopfbare Komposite auf. Mit VisCalor bulk (Voco) können diese beiden Einzelschritte in nur einem einzigen Schritt ausgeführt werden, was sich als einfacher, schneller und sicherer und somit als insgesamt effizienter darstellt [2].
Der Autor hat sich für eine minimalinvasive Alternative zu Endokronen oder anderen Präparationsformen [3] entschieden, welche er als „Endo-Overlay“ bezeichnet.
Ein Endo-Overlay zeichnet sich durch einen angeschrägten Schmelzrand an allen Seiten aus und erstreckt sich in die erweiterte Pulpenkammer. Diese innovative indirekte Restauration kann, wie im vorliegenden Fall gezeigt, im Rahmen des digitalen Workflows mithilfe der CAD/CAM-Technologie und dem Nano-Hybrid-CAD/CAM-Komposit Grandio blocs (Voco) hergestellt werden. Durch die Chairside-Fertigung ist es dabei möglich, das Overlay in weniger als 40 Minuten vor Ort herzustellen.
Somit stellt der hier gezeigte Workflow zweifellos eine
echte Alternative zur Keramikversorgung im Seitenzahnbereich dar.
Schlussfolgerungen
Die Adhäsivtechnik mit Materialien wie Futurabond U (Voco) und VisCalor bulk (Voco) bietet eine zusätzliche Option für ausgedehnte Restaurationen im Seitenzahnbereich, auch bei subgingivalen Rändern. Diese modernen und innovativen Materialien sind aufgrund ihrer einfachen Anwendung der Schlüssel zum Erfolg: Sie reduzieren das Fehlerrisiko und erhöhen die klinischen Erfolgsaussichten.
Literatur
[1] Dietschi und Spreafico 1998; Van Meerbeek et al. 2005, Dietschi und Spreafico 2019, Ghezzi et al. 2019
[2] Dietschi und Spreafico 1998, Dietschi und Spreafico 2019, Ghezzi et al. 2019
[3] Ferraris et al. 2021