Das wichtigste Kriterium ist die Lichtstärke
Die Polymerisationslampe gehört zu den Kleingeräten, die hierzulande wahrscheinlich in jeder Zahnarztpraxis zu finden ist – und das gleich mehrfach. Wenn sie nicht richtig funktioniert oder angewendet wird, kann es bei lichthärtenden Kompositfüllungen zu Frakturen, Randundichtigkeiten und Verfärbungen kommen. Alexander Rehm, Medizinprodukteberater und Produktmanager Kleingeräte bei Henry Schein Dental Deutschland, erläutert die wichtigsten Produktkriterien, worauf beim Kauf grundsätzlich zu achten ist und warum sich Zahnärzte immer noch gerne vor dem Kauf beraten lassen.
Wie viele Polymerisationslampen sind heute durchschnittlich in einer Zahnarztpraxis im Einsatz? Sind es eher mobile Geräte oder solche, die sich in eine Behandlungseinheit integrieren lassen?
Alexander Rehm (AR): In einer durchschnittlichen Zahnarztpraxis gibt es oft mehrere Polymerisationslampen, in der Regel pro Behandlungsraum ein Gerät. Heutzutage werden zu etwa 90 Prozent moderne mobile Geräte mit LED verkauft, die mit einem Akku betrieben werden. Diese Geräte sind flexibel einsetzbar und können von Raum zu Raum bewegt werden, vor allem aber gibt es
kein störendes Kabel. Polylampen, die direkt in die Behandlungseinheiten integriert sind, werden nur noch sehr selten gewünscht und sind auch nicht für jede Einheit lieferbar.
Wie sieht das Kaufverhalten der Zahnärzte hinsichtlich dieser Geräte aus: Sind Sie als Dentalfachhändler noch beratend tätig oder werden Polymerisationslampen eher online nach Preis gekauft?
(AR): Ich glaube, die Kunden möchten es möglichst unkompliziert haben. Wie überall gibt es auch im Dentalbereich Online-Käufer, insbesondere jüngere Menschen empfinden das als einfachen Weg zum neuen Gerät. Aber nach unserer Erfahrung wertschätzen Zahnärzte weiterhin die Expertise von Dentalfachhändlern und lassen sich auch beim Kauf von Kleingeräten für die Praxis – wie zum Beispiel einer Polylampe –
gerne beraten.
Um unseren Kunden aus Praxis und
Labor einen besonders schnellen Zugang zu umfassender Beratung zu ermöglichen, haben wir bei Henry Schein deshalb eine Kleingeräte-Hotline eingerichtet. Spezialisierte Fachberater beraten direkt am Telefon, beantworten Fragen zu verschiedenen Modellen und Herstellern und nehmen Bestellungen auf. Typische Fragen sind zum Beispiel, ob und wann sich die Investition in ein Premium-Gerät lohnt, oder wie lang die aktuellen Lieferzeiten für ein Gerät sind.
Mein Eindruck ist, dass Qualität und Zuverlässigkeit für die meisten Praxen weiterhin die wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Auswahl einer Polymerisationslampe sind. Aber das Kaufverhalten ist nicht einheitlich. Für einige Kunden zählen nur Preis und Leistung, und die Marke spielt keine Rolle. Andere Kunden sind sehr markentreu und kaufen Material und Lichthärtegerät immer vom gleichen Hersteller – das ist nicht anders als beim Kaufverhalten vieler Verbraucher, etwa bei Smartphones.
Ist die Bedeutung des Lichtgeräts für den Erfolg einer Restauration hinreichend bekannt?
(AR): Aus den Gesprächen an der Kleingeräte-Hotline wissen wir: Die Bedeutung der Polymerisationslampe für den Erfolg einer Restauration ist den meisten Zahnärzten sehr wohl bewusst. Die Polymerisation ist ein entscheidender Faktor für die Langlebigkeit von lichthärtenden Kompositfüllungen oder entsprechenden adhäsiven Befestigungen. Fehler bei der Lichthärtung, etwa durch falsche Einstellung, zu kurze Dauer, oder eine nachlassende Leistung können Frakturen, Randundichtigkeiten und Verfärbungen verursachen. Neben der Leistung des Geräts geht es also vor allem darum, die Herstellerempfehlungen der jeweiligen Materialien zu kennen und bei der Aushärtung zu beachten.
Welche grundsätzlichen Kriterien sind beim Kauf eines Polymerisationsgeräts zu beachten?
(AR): Das wichtigste Kriterium ist die Lichtstärke, hier geht es in der Regel um eine Leistung von 1200 mW/cm² und höher. Außerdem ist die Flexibilität wichtig: die verschiedenen Modi des Geräts und die verfügbaren Lichtleiter oder Aufsätze müssen zum Behandlungsspektrum der Praxis passen.
Darüber hinaus spielt das Gewicht und das Handling des Handstücks eine Rolle, häufig hat das Praxisteam gerade bei der Ergonomie und der Bedienung bestimmte Vorlieben. Beim Preis-Leistungs-
Verhältnis ist es wichtig, alle Faktoren zu beachten – also neben dem Kaufpreis auch Fragen, wie kann der Akku selbst getauscht werden, wie teuer sind Zubehör- und Ersatzteile und wie sieht es mit den Hersteller-Garantiezeiten aus.
Können Anwender die Lichtintensität ihres Polymerisationsgeräts überprüfen?
(AR): Anwender können die Lichtintensität mithilfe von speziellen Messgeräten, sogenannten Radiometern, überprüfen. Diese Geräte sind jedoch teuer und in den wenigsten Praxen verfügbar. Es gibt einige Polymerisationslampen, die ein Radiometer zur Messung der Lichtstärke bereits im Gerät integriert haben.
In unseren Service Werkstätten werden eingeschickte Polymerisationslampen standardmäßig überprüft, auch einige Service Techniker oder Berater der Industrie können entsprechende Geräte in die Praxis mitbringen.
Ist eine tägliche Überprüfung empfehlenswert?
(AR): Eine tägliche Überprüfung ist nicht erforderlich. Eine regelmäßige Testung wird jedoch empfohlen, um die optimale Funktion sicherzustellen. Beispielsweise kann die Lichtdurchlässigkeit der Lichtleiter mit der Zeit nachlassen. Aus diesem Grund verzichten viele Hersteller in neueren Modellen auf einen Lichtleiter, dort wird die LED direkt am Ende des Handstücks verbaut.
Wichtig ist eine solche Prüfung aber immer nach einem Sturz des Geräts, oder wenn die Aushärteleistung nicht mehr stimmt. Und was viele Praxen nicht auf dem Schirm haben: Für Polymerisationslampen und andere elektrische Kleingeräte in der Praxis sind regelmäßige E-Checks Pflicht, bei denen die Elektro-Geräte gemäß Unfallverhütungsvorschrift auf etwaige technische Mängel geprüft werden.
Worauf kommt es in schwereren zugänglichen Arealen wie dem Seitenzahnbereich an?
(AR): Hier ist eine schlanke Bauweise der Spitze und eine ausreichend hohe Lichtintensität entscheidend, um
sicherzustellen, dass das Licht die Restauration in tieferen oder schwer zugänglichen Bereichen erreicht.
Gewicht, Durchmesser, akustische Signale – welche Produkteigenschaften sind wichtig für ein gutes Handling? Und welche Gadgets können helfen, Anwendungsfehler zu vermeiden?
(AR): Die genannten Punkte treffen es schon gut: Das Gewicht sollte gering, der Durchmesser handlich und akustische Signale klar verständlich sein.
Weiterhin ist relevant, ob der Lichtleiter drehbar ist und wie groß der Lichtaustritt.
Optische Signale wie die Anzeige der Belichtungszeit können helfen, Anwendungsfehler zu vermeiden. Es gibt auch Modelle mit „Assistenzsystemen“, die versehentliche Bewegungen im Mund registrieren und an den Anwender rückmelden.
Andere Geräte haben eine automatische Abschaltfunktion, sobald die Mund-
höhle beziehungsweise das zu polymerisierende Material verlassen wird.
Beim Zubehör ist ein Blendschutzschild wichtig. Verschiedenartige Aufsätze oder Lichtleiter helfen zudem, das Licht passend zur Füllungsfläche zu streuen, denn eine Füllung im molaren Bereich ist meist größer als am Eckzahn. Und auch in der Kinderzahnheilkunde, bei der Füllungstherapie im Milchzahngebiss, helfen Aufsätze, um gezielter zu polymerisieren.
Welche durchschnittliche Lebensdauer haben moderne Polymerisationslampen?
(AR): Moderne Polymerisationslampen haben in der Regel eine Lebensdauer von mehreren Jahren, abhängig von der Nutzungshäufigkeit und Pflege. Seit dem Einzug der LED ist es fast immer der Akku, der zuerst schlapp macht – die Lebensdauer eines Akkus liegt etwa bei drei Jahren. Deshalb ist es wichtig, sich für ein Gerät zu entscheiden, für das der Hersteller über Jahre hinweg Zubehör- und Ersatzteile anbietet.
Herzlichen Dank für das hoch informative Gespräch.
Alexander Rehm
ist Medizinprodukteberater und Produktmanager Kleingeräte
bei Henry Schein Dental Deutschland
Foto: privat