Alternative zur lokalen intrakanalen Antibiotikatherapie
Die antimikrobielle Photodynamische Therapie gilt mittlerweile als gut etabliertes Verfahren in der Implantologie, Parodontologie sowie in der Periimplantitisbehandlung. Dass sie auch in der Endodontie unterstützend hilfreich sein kann, weiß Dr. Ulrike Vizethum, Business Unit Managerin bei Helbo, von vielen Anwenderberichten ihrer zufriedenen Kunden.
Wie wirkt die antimikrobielle Photodynamische Therapie (aPDT) im Detail, Frau Dr. Vizethum?
Ulrike Vizethum (UV): Bei diesem Verfahren werden die Mikroorganismen durch die Applikation einer Farbstofflösung in der Problemzone, zum Beispiel den parodontalen oder periimplantären Taschen oder den Wurzelkanälen, angefärbt und dadurch gegenüber Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge und Energiedichte sensibilisiert. Schließlich erfolgt die zirkuläre Belichtung des aufgetragenen Photosensitizers mit dem TheraLite Laser, einem nicht thermisch wirkenden Low-Level-Laser, in Kombination mit indikationsbezogenen sterilen Lichtleitern.
Durch die Belichtung kommt es zur Bildung von hochreaktivem Singulett-Sauerstoff, der zu einer Lipidoxidation der Bakterienmembran führt und so in kürzester Zeit die pathogenen Bakterien zerstört.
Was sind die ausschlaggebenden Gründe für Ihre Kunden, sich mit der antimikrobiellen Photodynamischen Therapie in der Endodontie zu beschäftigen?
UV: Die Endodontie ist aus verschiedenen Gründen herausfordernd und mit konventionellen Methoden oft nicht zufriedenstellend möglich. Das Hauptproblem stellt dabei neben der Trepanation und der Obturation die effiziente Desinfektion des Wurzelkanals dar. Die Persistenz von Bakterien gilt als Hauptursache für Misserfolg.
Aus der Erfahrung als parodontale oder periimplantäre Behandlungsergänzung wissen unsere Anwender um die Effizienz der aPDT und dass sie die infektionsverursachenden pathogenen Bakterien nachweislich um über 99% reduziert. Auf Basis dieser positiven Erfahrungen liegt bei ihnen der Gedanke nahe, dass das Verfahren auch in der Endodontie sinnvoll sein kann. Bei vorhandenem Laser müssen lediglich die Verbrauchsmaterialien an die Indikation angepasst werden. Darüber hinaus kommunizieren und schulen wir den Einsatz des Verfahrens auch in der Endodontie.
Wie wird die aPDT in der Endodontie angewendet?
U.V.: Erste Versuche Ende der 90er Jahre zeigten, dass es zu einer deutlichen Schmerzreduktion und einer schnellen Ausheilung periapikaler Veränderungen mit der aPDT kam. Um diese Erfahrungswerte zu objektivieren, haben wir frühzeitig die Empfehlung für die Vorgehensweise bei einer endodontischen Therapie festgelegt:
Nach Trepanation und Darstellung der Wurzelkanaleingänge erfolgt die Aufbereitung wie gewohnt. Die Wurzelkanäle werden möglichst bis zu einer Instrumentengröße von ISO 40 aufbereitet, diese ist Voraussetzung dafür, dass die Spülkanüle die apikale Region optimal erreicht und so auch die spezielle Farbstofflösung Endo Blue sicher appliziert werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, so wird die Farbstofflösung mit einem geeigneten Wurzelkanal-Instrument bis zum Apex befördert und der Therapieerfolg auf diese Weise sichergestellt.
Vor Applikation des Endo Blues sollte der Wurzelkanal gründlich gespült und der Kroneninnenbereich durch Anwendung eines Sealers vor Verfärbung geschützt werden. Durch kurzes Einwirken diffundiert Endo Blue bis zu 400µm in die Dentinkanälchen. Nach Ausspülen und Trocknung erfolgt die Aktivierung der Lösung mit dem Therapielaser sowie einer entsprechenden Sonde für die Endodontie, die so weit wie möglich in Richtung apikal vorgeschoben wird. Anschließend erfolgt direkt die Wurzelkanalfüllung gemäß standardisiertem Prozedere.
Welche Belege für die Wirksamkeit der aPDT in der Endodontie gibt es?
U.V.: Um einen entsprechenden Überblick zu erhalten, hat eine Arbeitsgruppe aus Spanien im September 2021 einen Review Artikel publiziert*, der vorhandene Literatur aus den Jahren 2010–2021 berücksichtigt. Das Ziel dabei war es, die bisherigen Literaturnachweise zu den Vorteilen, der Effizienz und den klinischen Ergebnissen der aPDT in der Endodontie als mögliches Instrument zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen zu beschreiben.
Insgesamt 51 Artikel, darunter Labor- und klinische Studien sowie weitere Review Artikel, wurden berücksichtigt. Das Fazit der Autoren ist eindrucksvoll und bestätigt unsere Aussagen zur Effizienz der Photodynamischen Therapie, auch in der Endodontie: „Die Vorteile der aPDT bei der Reduzierung von Komplikationen aufgrund ihrer antibakteriellen Wirkung bedeuten einen möglichen Rückgang der systemischen Antibiotikaverschreibung in der Endodontie. Darüber hinaus könnte es eine Alternative zur lokalen intrakanalen Antibiotikatherapie sein, um das Auftreten möglicher Antibiotikaresistenzen zu vermeiden, da bisher keine bakterielle Resistenz bei aPDT beschrieben wurde.“
Wie können die Vorteile der adjuvanten Anwendung der aPDT in der Endodontie zusammengefasst werden?
U.V.: Mit der aPDT kann eine umgehende und signifikante Schmerzreduktion nach Wurzelkanalbehandlung erreicht werden, unabhängig vom Zustand der Pulpa, und eine Wurzelfüllung kann ohne das Risiko von Sekundärinfekten durchgeführt werden.
Chirurgische Interventionen können vermieden, der Einsatz von Antibiotika reduziert und die Überlebenswahrscheinlichkeit der endodontisch therapierten Zähne erhöht werden, bei gleichzeitiger Minimierung des Zeitaufwandes und der eingesetzten Materialien.
Herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche und informative Gespräch.
*Abdelkarim-Elafifi H, Parada-Avendaño I, Arnabat-Dominguez J. Photodynamic Therapy in Endodontics: A Helpful Tool to Combat Antibiotic Resistance? A Literature Review. Antibiotics (Basel). 2021 Sep 13;10(9):1106. doi: 10.3390/antibiotics10091106. PMID: 34572688; PMCID: PMC8468135.
Dr. Ulrike Vizethum
ist Business Unit Managerin für HELBO bei bredent medical
Bild: privat