Führen mit Kopf, Herz und Hand
Zusatzleistungen verkaufen, die Terminplanung effizient gestalten, wartende Patienten vertrösten oder Materialfehler ausmerzen: Das sind nur ein paar der kleinen und großen Herausforderungen, mit denen jeder Praxisinhaber zu kämpfen hat. Wie gut, dass er nicht allein kämpft, sondern ein Team im Hinter- und Vordergrund eifrig mithilft. Aber wie gut und effektiv funktioniert Ihre Mannschaft? Und sind die Leute motiviert und kompetent bei der Sache? Freundlich, verbindlich, einheitlich und auf sicherem Parkett?
Oft ist es doch so: Die Fachkompetenz ist hoch – bei den Ärzten, den Mitarbeitern im Labor, in der Technik, am Empfang oder bei der Assistenz am Patienten. Aber wie hoch ist die Führungskompetenz der verantwortlichen Kollegen, die selbst ein paar Leute „unter sich haben“? Vielfach verläuft Führung aus dem Bauch heraus. Schließlich hat man das als Arzt in der Ausbildung normalerweise nicht gelernt. So hat jeder seinen individuellen Führungsstil: Der eine managt „by walking around“, der andere per Helikopter, ein Dritter macht alles selbst, anstatt sich mit einer gut geführten Mannschaft zu entlasten.
Ein gewaltiger Hebel im Praxismanagement ist daher ein Führungssystem, das durch eine klare Struktur und einen präzisen Aufbau das Skelett wirkungsvoller Mitarbeiterführung bietet, sodass Prozesse, Haltungen, Erwartungen und Aufgabenverteilungen für alle Betroffenen deutlich, praxisnah und nachvollziehbar werden.
Führungssystem „Leading Simple“
Das Führungssystem „Leading Simple“ bietet genau so ein Skelett und bringt die Paradigmen der Führungsarbeit auf den Punkt. Denn Führung kann man in der Tat lernen. Man muss kein charismatischer Leader sein, kein Halbgott in Weiß, um richtig tolle Ergebnisse – halbwegs entspannt mit optimal genutzten Ressourcen – zu erzielen.
Aufgaben, Prinzipien und Hilfsmittel
Was eine Führungskraft tun muss – aus unserer Sicht sind es genau fünf Aufgaben, die entscheidend sind und die im Modell von Leading Simple den Kopf repräsentieren
- Menschen fördern
- Den Unternehmenszweck erfüllen (meint, die Unternehmensidee umsetzen und zugleich Profit erwirtschaften)
- Systeme schaffen
- Delegieren
- Kontrollieren
Das Herz wird über fünf Prinzipien abgedeckt:
- Verantwortung übernehmen
- Ergebnisorientierung (nicht nur Absichtserklärungen, sondern ein klares Abzielen auf messbare Ergebnisse)
- Konzentration auf Stärken
- Positives Betriebsklima
- Vertrauen aufbauen
Und schließlich haben wir die Hand, die mit fünf Hilfsmitteln ihre volle Kraft entfaltet.
- Lob
- Umleiten (meint das Verändern oder Präzisieren einer Aufgabe, sollten die Ergebnisse nicht zufriedenstellend sein)
- Kritik
- Die ergebnisorientierte Aufgabenbeschreibung (eine genaue, schriftlich fixierte Definition der Verantwortungsbereiche in messbaren Ergebnissen)
- Der Budgetplan
Führen mit Kopf, Herz und Hand: Allein mit diesem systematischen Raster lässt sich ein enorm wirkungsvolles Praxismanagement implementieren, bei dem alle an einem Strang statt alle an den gleichen Zähnen ziehen.
Führen heißt Entwickeln
Führen bedeutet nicht, andere so zu behandeln, wie diese es gerne hätten oder wie es der Führungskraft angenehm wäre. Führung bedeutet, andere so zu behandeln, dass sie sich entwickeln. Das muss oberstes Ziel sein – nicht nur in einer Praxis, sondern in jeder Organisation, in der Menschen miteinander arbeiten. Die Königsfrage für jeden Chef oder Inhaber muss also lauten: Wie mache ich mich selbst immer überflüssiger, während die Ergebnisse immer besser werden?
Es gilt, Systeme zu schaffen, die unabhängig von einzelnen Personen funktionieren. Und diese Systeme immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, sodass Weiterentwicklung und Verbesserung zu einem laufenden Prozess werden. Wirkung, Qualität und die Ergebnisse, die Führungskräfte erzeugen sollen, sind genau zu definieren. Und dabei meint Qualität nicht nur die Qualität der Kernkompetenz – zum Beispiel Patienten behandeln –, sondern alle Faktoren, die Menschen dazu befähigen, Spitzenleistungen zu produzieren.
Wichtige Voraussetzung für gute Führung ist, dass ein Chef sich mit seinen Mitarbeitern auseinandersetzt. Sich mit ihren individuellen Stärken beschäftigt. Der eine hat ein besonderes Händchen für den Patientenkontakt. Ein anderer ist im Labor ein Naturtalent. Nur, wer sich intensiv mit seiner Mannschaft beschäftigt, kann die Mitspieler da abholen, wo sie stehen. Und entsprechend fördern. Darin zeigt sich die Qualität einer Führungskraft.
Bei aller Individualität der Teamplayer gibt es gleichbleibende Phasen, die jeder Mitarbeiter durchläuft:
- Phase 1: Die unbewusste Inkompetenz
- Phase 2: Die bewusste Inkompetenz
- Phase 3: Die bewusste Kompetenz
- Phase 4: Die unbewusste Kompetenz
Jeder, der Führungsverantwortung hat, muss wissen, in welcher Phase sich der einzelne Kollege befindet. Erkennen können Sie die Phasen über vier Punkte: Über welches Wissen verfügt der Mitarbeiter? Welches Ziel verfolgt er? Welche Erfahrungen hat er in seinem Bereich und wie hoch ist sein Selbstvertrauen? An diesen vier Entwicklungsknöpfen – Ziele, Selbstvertrauen, Wissen und Erfahrung – sollte der Chef individuell ansetzen, um das volle Potenzial freizusetzen und zu entwickeln.
Klarheit und Konsequenz
Wenige Dinge machen, diese aber konsequent umsetzen – das ist der Kern solch eines Führungssystems. Es geht um klare Verantwortlichkeiten, klare Aufgabenbeschreibungen, klare Prozesse und klare Prinzipien. Mit einer eindeutigen Anleitung erhält jedes Unternehmen eine für alle Beteiligten nachvollziehbare Führungssystematik. Alle ziehen an einem Strang und verstehen, was warum und wie getan werden muss. So wird das System zu einem didaktischen Leitfaden effektiver Führung, den auch all jene sofort verinnerlichen können, die neu ins Unternehmen kommen.
Sie sehen: Das Thema Führung wirft viele Fragen auf. Doch mit den richtigen Antworten kann jeder lernen, wirkungsvoll zu führen. Ein System macht es leicht, eine Praxis wirtschaftlich zu leiten, Mitarbeiter zu entwickeln und den Fokus wieder auf die Fachexpertise zu legen.
Entscheidend ist der Dreiklang: Führen mit Kopf (Aufgaben), Herz (Prinzipien) und Hand (Hilfsmittel), um Willkür und Zufall in der Führung zu vermeiden. Denn eins ist klar: Wenn jeder weiß, was seine Aufgaben sind, wenn jeder weiß, welche Hilfsmittel er einsetzen kann, und wenn jeder einen Sinn in seiner Tätigkeit sieht, dann spüren Sie im Ergebnis überall Arbeitsfreude, Wachstum und Effizienz.
Weitere Informationen zum Leading-Simple-Prinzip können Sie im Ratgeber „Arzt sein heißt scheitern“ von den Autoren Atilla Vuran und Prof. Dr. Stefan Jockenhövel oder unter www.arzt-sein-heisst-scheitern.de nachlesen.
Univ.-Prof. Dr. med. Stefan Jockenhövel
Während seiner langjährigen Tätigkeit in der Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie in Deutschland, der Schweiz und in Luxemburg hat der Mediziner verschiedenste Führungskulturen kennengelernt, bevor er in die Forschung wechselte.
stefan.jockenhoevel@arzt-sein-heisst-scheitern.de
Atilla Vuran
ist Mitbegründer und seit 2003 Leiter der Grundl Leadership Inhouse Akademie. Er gehört zu den Experten für Leadership im deutschsprachigen Raum.
atilla.vuran@arzt-sein-heisst-scheitern.de