Die Praxis im Social Web: Sind Sie schon vernetzt?
Social-Media-Kanäle sind ein hilfreiches Tool für das Praxismarketing, denn potenzielle Patienten informieren sich online und sind auch vermehrt in sozialen Medien aktiv. Doch welche Kanäle sind wichtig, was poste ich auf meiner Praxis-Fanpage, und wodurch zeichnen sich gute Beiträge aus?
Während Foren, Facebook und Apps schon seit Jahren rege von Patienten zum Informationsgewinn genutzt werden, sträubt sich ein Großteil der niedergelassenen Ärzte immer noch gegen ein Profil im Social Web. Bei der LA-Med-Studie 2015 gaben nur ein Prozent der befragten Mediziner an, eine Facebook-Page zu besitzen. Über 80 Prozent sagten, sie nutzten Social-Media-Angebote wie Facebook, Xing oder Twitter nie beruflich.
Dabei können Social Media ein hilfreiches Tool fürs Praxismarketing, zur Imagebildung und Bekanntheitssteigerung sein. Denn Fakt ist: (Potenzielle) Patienten informieren sich online und sind auch vermehrt in sozialen Medien präsent: Jeder Dritte allein auf Facebook.
„Wir stellen immer häufiger fest, dass potenzielle Patienten die Praxisauftritte in sozialen Medien, insbesondere aber bei Facebook, zur ersten Kontaktaufnahme nutzen“, weiß Oliver Löw, Inhaber der Agentur DOCRELATIONS aus Düsseldorf. Meistens handele es sich um Termin- oder Preisanfragen. „Der Grund liegt sicher in der geringen Hürde zur Kontaktaufnahme, die genauso funktioniert, als ob man einem Freund bei Facebook eine Nachricht sendet. Hinzukommt, dass der Ton bei Facebook lockerer ist und man sich als Patient vermutlich eher traut, einfach mal zu fragen, wie teuer zum Beispiel eine bestimmte Behandlung ist.“ Manche Patienten gingen dabei so weit, Bilder ihrer Zähne zu senden, um eine erste Einschätzung zu erhalten.
Welche Plattform ist wichtig?
Facebook, Instagram, Twitter, Pinterest: Bei der Fülle an Social-Media-Kanälen ist es schwierig zu ermitteln, welcher Kanal als sinnvoll für das Praxismarketing erachtet werden kann. Sicher hat jeder Kanal aufgrund seiner speziellen Ausprägung seinen Reiz. Löw: „Im Hinblick auf die großen Nutzerzahlen, die Umsetzbarkeit im Praxisalltag und Werbemöglichkeiten ist Facebook meiner Ansicht nach der im Moment mit Abstand wichtigste Social-Media-Kanal für Zahnärzte.“ Auch YouTube könne ein interessanter Kanal sein, jedoch sei der Arbeitsaufwand bei dieser Art von Social-Media-Plattform sehr groß, da regelmäßig Content in Form von Videos produziert werden müsse.
Flankierend zu den Praxis-Postings auf Facebook ist auch ein Google+-Account zur Zweitverwertung der Facebook-Postings sinnvoll, da Google+-Beiträge eine bessere Sichtbarkeit bei der Google-Suche erzielen. In sehr seltenen Fällen werden auch Twitter, der Bilderdienst Instagram oder der Messenger WhatsApp von Praxen genutzt. Dr. Bernd Hartmann, Geschäftsführer der Praxismarketing-Agentur ieQ-health aus Münster: „Letztlich hängt die Wahl des Kanals stark von der Zielgruppe ab und ob der für den Kanal erforderliche Inhalt generiert werden kann.“
Der Account ist online. Und jetzt?
Mit dem Erstellen des Kanals ist es natürlich nicht getan. So bedarf er einer konsequenten und regelmäßigen Pflege, um erfolgreich zu sein. Dies bedeutet mehrere Stunden Arbeit im Monat. Doch was postet man als Praxisinhaber auf seinem Account? Der Content beziehungsweise Inhalt ergibt sich zunächst aus den Rahmenbedingungen, die der Kanal bietet. Auf Facebook lässt sich im Grunde alles verwerten, seien es Videos, Bilder, Text, Veranstaltungstermine, während man bei YouTube auf Videoclips, bei Instagram auf Bilder und bei Twitter auf wenige Zeichen beschränkt bleibt. Jedoch können die Inhalte selbstverständlich mehrfach verwertet werden. Ein Video kann gleichermaßen auf der Praxishomepage, bei Facebook und YouTube gepostet werden, genauso wie ein Bild auf der Homepage, bei Facebook und auf Instagram geteilt werden kann.
Was sind gute Beiträge?
„Gute und sinnvolle Postings animieren die Nutzer zur Interaktion, also zum Liken, Kommentieren oder Teilen“, sagt Löw. Sie charakterisieren sich dadurch, dass die Nutzer mit dem Posting eine Information erhalten, die in irgendeiner Weise hilfreich, interessant oder witzig ist. „Wichtig ist auch, dass man keine Textwüsten veröffentlicht, sondern leicht verdauliche, kompakte Beiträge, die im Optimalfall auch über Bildmaterial verfügen.“
„Wichtig ist das erste Wort: Social!“, sagt Hartmann. „Daher stehen auf den ersten Blick andere Inhalte als beispielsweise auf der Internetseite der Praxis im Fokus.“ Man müsse abwägen zwischen „Social-Media-Inhalten“ und den vor überwiegend fachlichen Inhalten, die vielleicht eher auf der eigenen Internetseite veröffentlicht werden sollten. „Am Ende sind immer die Bedürfnisse der Zielgruppe bei der Frage entscheidend, welche Inhalte passend sind und welche nicht.“
Die Ansprache über soziale Medien ist niemals förmlich oder zu ernst. Der Ton, der gepflegt werden sollte, ist locker. Postings sollten positiv formuliert werden. Das heißt, wenn beispielsweise eine Nachricht darüber bekannt wird, dass eine zahnmedizinische Erkrankung weitreichende Folgen für den Organismus haben kann, sollte nicht gepostet werden: „Achtung: Wenn Sie Ihre Parodontitis nicht behandeln lassen, können Sie an Speiseröhrenkrebs erkranken!“ Negativ formulierte Beiträge erzeugen Angst und Verunsicherung und wirken gegebenenfalls unseriös. Die Nachricht muss so verpackt werden, dass deutlich wird, dass es zwar einen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen gibt, die Parodontitis aber effektiv durch regelmäßige Prophylaxe behandelt werden kann.
Kampagnen starten
Ist die Fanbase der Praxis groß genug, könnten auch kleinere „Kampagnen“ gestartet werden. Hartmann: „Richtig erfolgreiche Beispiele für Kampagnen gibt es kaum. Es funktionieren aber Gewinnspiele, dabei muss allerdings der rechtliche Rahmen unbedingt beachtet werden.“ Bestimmte Praxisevents oder auch Informationsveranstaltungen kämen auch in Betracht. Diese könnten durch Social Media beworben werden. „Was die Frequenz angeht, haben sich zwei bis drei Postings pro Woche bewährt“, so Löw. „Wenn wir Social-Media-Auftritte für Arztpraxen pflegen, verfolgen wir immer das Ziel, die Praxis zwar regelmäßig in Erinnerung zu rufen, die Patienten jedoch nicht mit zu häufigen Postings zu nerven.“
Hilfe, ein negativer Kommentar!
Social Media sind generell proaktiv. Jeder kann zur jeder Zeit seine Meinung kundtun. Negative Kommentare auf der eigenen Seite können die Folge sein, auch wenn sie mit Blick auf bestehende Social-Media-Auftritte von Praxen selten sind. Doch was ist in so einem „Notfall“ zu tun? Dafür gibt es keine pauschale Lösung, es gilt von Fall zu Fall zu entscheiden. Unabhängig davon, ob der Kommentar berechtigt ist oder nicht: Ist er sachlich formuliert, ist es wichtig zu reagieren, Verständnis zu zeigen, in den direkten Dialog zu treten. Ist der Kommentar unsachlich oder gar beleidigend, sollte er unbeachtet gelöscht werden.
Auch für Fachzahnärzte?
„Meines Erachtens muss in erster Linie bedacht werden, dass nicht primär neue Patienten über Facebook gewonnen werden“, so Hartmann. „Leider wird Marketing häufig auf die ausschließliche Gewinnung von neuen Patienten reduziert.“ Unabhängig von dem Geschäftsmodell einer Praxis, ob es sich also um eine normale Praxis oder eine Überweiserpraxis handelt, sind seines Erachtens Social Media nicht die effizienteste Möglichkeit zur Gewinnung von Patienten – Stichwort: Effektivität. „Entscheidend ist die Frage, welches Investment in einem Kanal getätigt wird und wie hoch der Return ist. Unter diesen Gesichtspunkten dürften Social-Media-Kanäle in Bezug auf die Gewinnung von Neupatienten relativ schlecht abschneiden.“ Löw sieht das nicht ganz so. „Mit Facebook Ads lässt sich mit vergleichsweise wenig Kostenaufwand eine große Masse erreichen. Viele unserer Kunden geben die Rückmeldung, dass die meisten Neupatienten über Google UND Facebook in die Praxis finden.“
Profis mit ins Boot holen?
Natürlich bedeutet Praxismarketing über Social Media zusätzlichen Arbeitsaufwand, der im Praxisalltag nur schwer selbst zu bewältigen ist. Hartmann gibt zu bedenken: „Social-Media-Kanäle leben von regelmäßigen Postings. Diese sind für eine Zahnarztpraxis gleichzeitig aber das größte Problem.“ Deswegen kann es auch sinnvoll sein, einen Profi zu beauftragen, der die gesamte inhaltliche Pflege übernimmt oder auch gezielt bei einzelnen Maßnahmen unterstützt. Jedoch sollte bei der Beauftragung einer Agentur bedacht werden, dass diese regelmäßig mit Inhalten – Praxisurlaub, Personaländerungen, Fotos – versorgt werden muss, die sie dann entsprechend aufbereitet.
Eine gute Agentur sollte aber in regelmäßigen Abständen Informationen einfordern. Die Kosten für die Agenturleistung lassen sich nur schwer pauschal beziffern, zu abhängig sind sie von der Art, dem Kanal, der Frequenz der Posts oder der Art der Inhalte. Etwa 200 bis 250 Euro für mehrere Stunden Aufwand im Monat sollten aber kalkuliert werden. Übereinstimmend geben Hartmann und Löw abschließend zu bedenken, dass letztlich nicht die Kosten entscheidend sein sollten. Primär geht es nach Meinung der Experten darum, wie hoch der Nutzen ist.
Immer mehr potenzielle Patienten sind im Social Web unterwegs. Ein Großteil der (Zahn-)Arztpraxen aber hat das Potenzial verschiedener Social-Media-Kanäle noch nicht entdeckt: Über 80 Prozent sagen, sie nutzen Social-Media-Angebote wie Facebook, Xing oder Twitter nie beruflich.