Kooperationsformen in der Zahnarztpraxis

Praxisführung: Zweckgemeinschaft oder Dream-Team?

Etwa 30 Prozent aller neu gegründeten Zahnarztpraxen praktizieren als Berufsausübungsgemeinschaften. Auch das Modell der Einzelpraxis ist nach wie vor beliebt. Doch auf welche Herausforderungen müssen sich Zahnmediziner bei den verschiedenen Kooperationsformen in der Zahnarztpraxis einstellen?


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Der Mensch ist nicht gern allein. Das Bedürfnis, große Aufgaben mit vereinten Kräften statt im Alleingang zu bewältigen, setzt sich auch in der Arbeitswelt fort. Laut der Datenlage des InvestMonitor praktizieren etwa 30 Prozent der neu gegründeten Zahnarztpraxen in Form von Berufsausübungsgemeinschaften. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass der Einzelpraxis ein Schicksal als Auslaufmodell bevorsteht. Vielmehr funktionieren beide Formen der zahnärztlichen Berufsausübung unter bestimmten Voraussetzungen gut und halten für die Beteiligten unterschiedliche Herausforderungen bereit.

Einzelpraxis – ein bewährtes Modell

Die Einzelpraxis war in der ambulanten Zahnmedizin lange die vorherrschende Variante der Niederlassung. Noch Mitte der 1970er-Jahre behandelten rund 96 Prozent aller Zahnärzte ihre Patienten in einer Einzelpraxis. Und obwohl der Anteil diverser Kooperationen in den folgenden vierzig Jahren deutlich größer wurde, sehen auch heute viele die Vorteile der Option, allein zu arbeiten: Wer in seiner Praxis allein agiert, muss sich bei Entscheidungen nicht mit Kollegen arrangieren, seine Mitarbeiter folgen allein seinen Weisungen – er kann seine Vorstellungen also uneingeschränkt umsetzen.

Diese Art der Freiheit hat ihren Preis, denn der Zahnarzt muss im klassischen Sinne „Chef“ sein und neben den fachlichen auch alle anderen Erfordernisse rund um Betriebswirtschaft oder Personalführung ständig im Auge behalten. Aus rechtlicher Sicht hat dies die Alleinverantwortlichkeit des Praxisinhabers für sämtliche unternehmerischen Entscheidungen und sein zahnärztliches Handeln zur Folge – ein juristisch klares Unterscheidungsmerkmal zur Gemeinschaftspraxis. Allerdings stehen auch dem Chef einer Einzelpraxis Möglichkeiten zur Verfügung, sich organisatorisch quasi-kooperativer Vorteile zu bedienen, zum Beispiel, wenn der Praxisbetreiber mit angestellten Zahnärzten zusammenarbeitet.

Zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft

Zu den typischen Merkmalen einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft zählen mehrere niedergelassene Zahnärzte, die in gemeinsamen Räumen praktizieren. Teil des Konzepts sind eine gemeinsame Praxiseinrichtung, gemeinsame Karteiführung und gemeinsam angestelltes Personal. Die Behandler arbeiten auf gemeinsame Rechnung und treten unter einem einheitlichen Praxisnamen auf. Ebenfalls bedeutend ist die Tatsache, dass die an der Berufsausübungsgemeinschaft beteiligten Zahnärzte zusammen die Budgetverantwortung tragen. Gerade bei Neugründungen werden hohe Investitionskosten geteilt und die Kostenstruktur wird insgesamt optimiert.

Ein weiterer Punkt ist die Möglichkeit der internen Spezialisierung. Gerade in städtischen Ballungszentren bieten besondere Leistungen gute Voraussetzungen, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Das kann sich auf eine bestimmte Operationstechnik beziehen, aber auch auf Angebote im Bereich dentale Ästhetik, wie beispielsweise Bleaching. Erweiterte Öffnungszeiten eignen sich ebenfalls, um Patienten zu gewinnen und zu binden. Darüber hinaus liefert der kollegiale Austausch oft Impulse für Verbesserungen und die Partner können Beruf und Freizeit durch gegenseitige Vertretungen unkomplizierter vereinbaren.

Kommunikation auf allen Ebenen

Die lange Liste der Vorteile, die eine Berufsausübungsgemeinschaft bietet, lässt fast die Frage aufkommen, warum nicht mehr Zahnärzte der „Gemeinschaftspraxis“ den Vorzug geben. Fakt ist, dass mehreren Behandlern in einer Praxis, die ein gleiches Maß an Verantwortung für Erfolg tragen, auch gleiche Mitspracherechte zukommen. Um hier Konflikte möglichst von Anfang an zu vermeiden, empfehlen Experten, wie die OPTI Zahnarztberatung GmbH, die gesellschaftsrechtliche, vertragsarztrechtliche und berufsrechtliche Gestaltung einer auf Medizinrecht spezialisierten Anwaltskanzlei zu übertragen. Neben einer rechtlich wasserdichten vertraglichen Basis spielt jedoch ein weiterer Aspekt eine Rolle, der von den Beteiligten oft vernachlässigt wird: Partner, die sich fachlich ergänzen, können dennoch von völlig unterschiedlichen Werten und Lebenskonzepten bei der Praxisführung ausgehen. Wenn beispielsweise einer der Partner eine große Familie hat und deshalb ein gewisser Freizeitanteil im Vordergrund steht, kann es passieren, dass der jeweilige Beitrag zum Gesamtpensum der anfallenden Arbeit nicht ausgeglichen ist. Unterschiedliche Arbeitsphilosophien sollten also unbedingt vor dem Abschluss des Vertrags besprochen werden, zum Beispiel im Rahmen einer Mediation.

Kommunikationsbedarf hat eine zentrale Bedeutung

Kommunikationsbedarf ist allgemein ein Stichwort, das im Zusammenhang mit einer Berufsausübungsgemeinschaft von zentraler Bedeutung ist. Die Partner beschäftigen gemeinsam Mitarbeiter. Aufgabenbereiche und Delegation müssen genau abgestimmt werden. Es ergibt Sinn, wenn die Chefs eventuelle Neuerungen oder geänderte Zuständigkeiten zusammen innerhalb einer Teamsitzung verkünden. Auf diese Weise können Missverständnisse hinsichtlich der Quelle der Änderungen vermieden werden. Organisatorisch fordert die Gemeinschaftspraxis ebenfalls regelmäßige Abstimmung, damit im hektischen Alltag die Abläufe reibungslos vonstatten gehen, zum Beispiel beim Entwurf eines ausgeklügeltes Schichtsystems, das eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Behandlungsräume gewährleistet.

Insgesamt lässt sich feststellen: Je großflächiger die Strukturen in der Praxis verlaufen, desto mehr Absprachen zwischen den Partnern selbst, zwischen Chef und Team und zwischen den Mitarbeitern untereinander sind erforderlich – nicht nur im Rahmen der Behandlung, sondern auch hinsichtlich der Dokumentation oder der Patientenverwaltung. Dabei spielt übrigens auch die Praxissoftware eine Rolle. Diese muss so konzipiert sein, dass Behandler und Mitarbeiter, je nach Berechtigung, von allen Arbeitsplätzen in der Praxis aus Zugriff auf wichtige Daten haben. In der Berufsausübungsgemeinschaft besteht für die Partner auch die Möglichkeit, ihren Neigungen entsprechend Schwerpunkte zu setzen. So kann sich ein Zahnarzt beispielsweise auf das Praxismanagement konzentrieren, während sein Kollege seine Zeit am Behandlungsstuhl aufwendet.

Praxisgemeinschaft eine Alternative

Eine Alternative, bei der die Beteiligten versuchen, einige Vorteile der Gemeinschaftspraxis zu nutzen und dennoch unabhängig zu bleiben, ist das Modell der Praxisgemeinschaft. Konkret handelt es sich dabei um eine Kostengemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Zahnärzte arbeiten auf eigene Abrechnung mit eigenem KZV-Stempel. Gemäß einem vereinbarten Verteilungsschlüssel tragen die Beteiligten anfallende Kosten. Jeder Gesellschafter der Praxisgemeinschaft führt seine Praxis separat mit eigenem Patientenstamm und getrennter Patientendokumentation. Behandlungsverträge werden nicht mit der Praxisgemeinschaft, sondern mit dem jeweiligen Praxisinhaber geschlossen. Dieses Modell hat den Vorteil, dass die Behandler nicht gemeinsam haften, birgt jedoch auch Nachteile. Die Zahnärzte können sich beispielsweise nicht ohne Weiteres gegenseitig vertreten und benötigen das Patienteneinverständnis, um im Vertretungsfall auf dessen Daten zugreifen zu können.

Zukunftsmodell MVZ?

Seit 2004 existiert das medizinische Versorgungszentrum (MVZ) als Praxisform im Sinne einer fachübergreifenden, ärztlich geleiteten Einrichtung, die Ärzten oder Zahnärzten die Möglichkeit gibt, als Angestellte oder Vertragsärzte zu arbeiten. Das Merkmal „fachübergreifend“ war bisher ein Grund dafür, dass das MVZ als Praxisform für Zahnärzte weniger geeignet war.

Im Juli 2015 wurde dieses Hindernis durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, das den Begriff „fachgruppengleich“ einführte, beseitigt. Die Zukunft muss zeigen, inwiefern das Zahnmedizinische Versorgungszentrum (ZMVZ) den brancheninternen Entwicklungen entgegenkommt. Es bietet möglicherweise Alternativen für Zahnärztinnen mit Kinderwunsch, die ihren Beruf lieber in angestellter Tätigkeit ausüben möchten. Darüber hinaus besteht ein steigendes Interesse von ländlichen Gemeinden, als Betreiber eines MVZs aufzutreten, um so der teilweise suboptimalen zahnärztlichen Versorgung auf dem Land zu begegnen.

Fest steht: Die Entscheidung, ob ein Zahnarzt seinen Beruf als Einzelbehandler oder im Rahmen eines der kooperativen Modelle ausüben möchte, sollte wohlüberlegt getroffen werden. Jede Option bietet Entwicklungspotenzial für niederlassungswillige Zahnärzte.

Thies Harbeck
leitet als Mitglied der Geschäftsleitung das operative Geschäft der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI unterstützt Praxen deutschlandweit in den Bereichen Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing, Praxisanalyse, Führung und Personal.
harbeck@opti-zahnarztberatung.de