Regeln für die Juniorpartner in der Praxis
Die Aufnahme eines neuen Partners in eine bestehende Praxis erfolgt oft schrittweise. In der Anfangsphase kommt es dabei häufig zu Beschränkungen der dem Juniorpartner eingeräumten Gesellschafterrechte. Der Bundesfinanzhof hat die Regeln für derartige Einstiegsmodelle nun mit einem Urteil konkretisiert.
Zahnärzten, die eine Partnerschaft mit einem Berufskollegen eingehen wollen, handeln vorsichtig und vereinbaren vielfach mit künftigen Partnern zunächst eine Partnerschaft auf Probe. Dabei wird zwar in der Regel ein Gesellschaftsvertrag geschlossen, der neu einsteigende Partner wird aber zunächst nicht am Vermögen beteiligt und der junge Partner übernimmt kein oder nur ein geringes Risiko. So etwa wenn eine Zahnärztin in eine aus zwei Zahnärzten bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) neu eintritt.
In dem Gesellschaftsvertrag werden dann folgende Punkte festgehalten:
- Die Gewinnbeteiligung der Juniorpartnerin beträgt 38 Prozent des von ihr erwirtschafteten Umsatzes.
- Sie wird am materiellen Vermögen zunächst nicht beteiligt, hat aber die Option, nach drei Jahren bis zu zehn Prozent am Vermögen zu erwerben.
- Am Praxisgoodwill wird sie ebenfalls nur optional beteiligt.
- Sie hat ein Mitspracherecht bei Entscheidungen, die laufende Geschäftsführung behalten die Altinhaber der Praxis für sich. Sie erhält keinen Zugriff auf die Praxiskonten.
In einem ähnlich gelagerten Fall hatte der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst zu entscheiden: Ist ein derart eingebundener Gesellschafter überhaupt Mitunternehmer im steuerlichen Sinne, oder ist die so geartete BAG als Scheingesellschaft zu betrachten, bei der der Juniorpartner wie ein Angestellter oder ein freier Mitarbeiter einzustufen ist?
In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte der Juniorpartner bisher von seiner Option zur Vermögensbeteiligung keinen Gebrauch gemacht. Der BFH kam zu dem Schluss, dass im zu beurteilenden Fall das Vorliegen einer Mitunternehmerstellung in Bezug auf den Juniorpartner nicht anzunehmen ist. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass in diesem Fall das mitunternehmerische Risiko des Juniorpartners und die Möglichkeit, unternehmerische Initiative zu entfalten, so gering sind, dass insgesamt auch keine mitunternehmerische Position in der Partnerschaft erreicht wird.
Dies hat folgenden Hintergrund: Damit ein Zahnarzt, der als Partner einer Gesellschaft auftritt, steuerlich auch als Mitunternehmer anerkannt wird, muss aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgehen, dass er sowohl am unternehmerischen Risiko teilnimmt als auch unternehmerische Initiative entfaltet. Die Ausprägung dieser beiden Merkmale kann dabei unterschiedlich stark ausfallen. Das Vorliegen der Mitunternehmerinitiative wird im Gesellschaftsvertrag beispielhaft durch folgende Regelungen dokumentiert:
- Übernahme der Geschäftsleitung (starke Ausprägung)
- Geschäftsführung und Vertretung durch alle Gesellschafter (normale Ausprägung)
- nur Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte, wie bei Kommanditisten (noch ausreichende Ausprägung)
- nur Einsichts- und Kontrollrechte (schwache Ausprägung)
Auch die Ausprägung des mitunternehmerischen Risikos kann unterschiedlich stark ausfallen und wird beispielsweise durch folgende Vereinbarungen zum Ausdruck gebracht:
- Beteiligung am Gewinn und Verlust, (geringe) Vermögensbeteiligung und Beteiligung an den stillen Reserven der Praxis (normale bis starke Ausprägung)
- Keine Beteiligung an den stillen Reserven, aber Haftung für Schulden der Gesellschaft (schwache Ausprägung)
- Keine Vermögensbeteiligung, keine Beteiligung an den stillen Reserven, aber Beteiligung am Gewinn und Verlust durch feste prozentuale Beteiligung am eigenen Honorarumsatz (schwache Ausprägung).
Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko
Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko beschreiben zusammen die mitunternehmerische Position des Juniorgesellschafters. Ein schwach ausgeprägtes Unternehmerrisiko kann allerdings durch ein stärker ausgeprägtes Initiativrecht kompensiert werden und umgekehrt. Der BFH hat entschieden, dass eine reine prozentuale Beteiligung am eigenen Honorarumsatz keine für eine Gesellschafterstellung ausreichende Gewinnbeteiligung darstellt. Hinzu kommt, dass in dem entschiedenen Fall der Juniorpartner an dem Vermögen (insbesondere dem Goodwill der Praxis) keine Beteiligung besaß. Wegen des mangelnden unternehmerischen Risikos und der zudem eingeschränkten unternehmerischen Initiative durch die nicht vorhandene Verfügungsbefugnis für das Praxiskonto musste daher eine mitunternehmerische Beteiligung insgesamt abgelehnt werden. Die Folgen einer solchen missglückten Gesellschaftskonstruktion treffen den Praxisinhaber empfindlich.
Es kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass in einer Partnerschaft der Juniorpartner von den anderen Partnern in seiner Tätigkeit nicht (mehr) wie bei einem angestellten Zahnarzt überwacht wird. Sonst verliert die Partnerschaft ihren freiberuflichen Status und wird zu einer gewerblich „infizierten“ Gesellschaft mit der Folge, dass ihre Einkünfte nicht mehr freiberuflich, sondern vielmehr gewerblich sind. Wenn eine Gesellschaft neben freiberuflichen auch als gewerblich zu qualifizierende Einkünfte erzielt, führt dies zu einer Infektion der gesamten Einkünfte der Gesellschaft. Die Gesellschaft erzielt dann also insgesamt (auch bezogen auf alle anderen zahnärztlichen Leistungen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die neben der Einkommensteuer auch mit Gewerbesteuer belegt werden. (BFH vom 03.11.2015 Az. VIII R 62/13)
Sozialversicherungsrisiko
Von einer selbstständigen und damit nicht sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Unternehmer auch unternehmerisches Risiko trägt. Hierfür ist es erforderlich, dass eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird. Wenn aber die Partnerschaft wegen fehlender mitunternehmerischer Position des Juniorpartners steuerlich nicht anzuerkennen ist, vielmehr davon auszugehen ist, dass der Juniorpartner eher wie ein angestellter Zahnarzt in den Praxisbetrieb eingebunden ist, drohen erhebliche Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen für den Praxisinhaber. Es droht außerdem die doppelte Rentenversicherungspflicht für den Juniorpartner. Da ein Befreiungsantrag für die nun als Anstellung zu qualifizierende Tätigkeit nicht vorliegt, ergibt sich eine gesetzliche Rentenversicherungspflicht und zudem eine Versicherungspflicht aus der Mitgliedschaft im Versorgungswerk. (LSG Stuttgart vom 12.12.2014, L 4 R 1333/13)
Sofern die Partnerstellung eines Partners wegen fehlenden unternehmerischen Risikos nicht anzuerkennen ist, können auch noch Honorarrückforderungen drohen. Dies liegt daran, dass die Berufsausübungsgemeinschaft, die gegenüber der KZV abgerechnet hat, tatsächlich so nicht bestanden und somit unberechtigt abgerechnet hat. (BSG vom 23.06.2010, B 6 KA 7/09 R)
Thomas Karch
arbeitet als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für die VPmed Karch und Kuhnert Partnerschaft/Steuerberatungsgesellschaft in Krefeld.
t.karch@vpmed.de