GOZ: Berechnung von Zahnaufbauten
Jede dieser Maßnahmen kann nach den entsprechenden Gebührenziffern nur dann berechnet werden, wenn die Leistung dazu dient, den Zahn zur Aufnahme einer Krone vorzubereiten. Entscheidend ist das Ziel der Maßnahme.
Durch den Einsatz unterschiedlicher Techniken können weit zerstörte Zähne durch das Hinzufügen von verloren gegangener Zahnsubstanz (durch Karies, Verletzung) vor der Anfertigung einer Krone in/an einem Zahnstumpf mittels plastischer Materialien (z. B. Glas‧ionomerzemente), adhäsiv zu fixierender Kompomere bzw. Komposite oder starrer Materialien („gegossener Aufbau“). Die GOZ unterscheidet denn auch die unterschiedlichen Verfahren nach den Gebührennummern 2180, 2190 und 2195. Grundsätzlich wird mit diesen drei Leistungen dasselbe Ziel verfolgt, denn die Leistungsbeschreibung lautet jeweils: „Vorbereiten eines zerstörten Zahnes … zur Aufnahme einer Krone“. Klar ist damit: Jede dieser Maßnahmen kann nach den entsprechenden Gebührenziffern nur dann berechnet werden, wenn die Leistung dazu dient, den Zahn zur Aufnahme einer Krone vorzubereiten.
Dabei ist es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt der Zahn mit einer Krone versorgt wird – entscheidend ist, wie schon gesagt, das Ziel der Behandlungsmaßnahme. Muss z. B. nach einer Wurzelkanalbehandlung oder einer tiefen Kavitätenpräparation mit indirekter Überkappung der Erfolg der Behandlung vor der Überkronung noch abgewartet werden, kommt auch in diesem Fall die Berechnung einer definitiven Füllung nicht infrage, auch wenn der Aufbau aufwendig mit Kauflächenmorphologie und Kontaktpunkten gestaltet wird. In diesem Fall kann eine Analogberechnung erfolgen, denn solche „Interimsfüllungen“ sind in der GOZ nicht enthalten.
Umgekehrt gilt also: Dient der Aufbau diesem Zweck nicht, können diese Ziffern auch nicht herangezogen werden. In unserem Beitrag wenden wir uns speziell dem Aufbau von Zähnen mit plastischen Materialien ohne Verankerung im Wurzelkanal zu. Wir unterscheiden dabei
- Glasionomerzementaufbauten,
- einfache Kompositaufbauten in Adhäsivtechnik,
- mehrfach geschichtete Kompositaufbauten in Adhäsivtechnik,
- präendodontische Aufbauten
Glasionomerzementaufbauten
Der Ausschuss Gebührenrecht der Bundeszahnärztekammer vertritt folgende Auffassung: „Die Geb.-Nr. 2180 GOZ ist sowohl hinsichtlich der Leistungsbeschreibung als auch der gebührenmäßigen Bewertung identisch mit der Geb.-Nr. 218 GOZ im Leistungsverzeichnis der am 01.01.1988 in Kraft getretenen GOZ. – Insofern wird gemäß dem zu diesem Zeitpunkt gültigen zahnärztlichen Standard der Leistungsinhalt der Geb.-Nr. 2180 GOZ erfüllt, wenn Phosphat- oder Glasionomerzement während der plastischen Phase des Materials in einem Zug, auch portioniert, in den zu versorgenden, mit mechanischen Unterschnitten versehenen Zahnhartsubstanzdefekt eingebracht wird.“ Die GOZ 2012 differenziert bei Aufbauten mit plastischem Material nicht nach der Größe bzw. der Anzahl der Aufbauflächen. Eine solche Differenzierung ist nur über die Höhe des Gebührensatzes (Steigerungsfaktor) möglich.
Kompositaufbauten Adhäsivtechnik
Einfache Kompositaufbauten: Wird die Form des Zahnstumpfes unter Verwendung von dentinadhäsiv befestigtem plastischem Material wiederhergestellt, kommt neben der GOZ-Nr. 2180 noch für die adhäsive Verankerung der Aufbaufüllung zusätzlich die GOZ-Nr. 2197 zur Berechnung.
Mehrfach geschichtete Kompositaufbauten in Adhäsivtechnik
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) unterscheidet zwischen der Leistungsbeschreibung der GOZ-Nr. 2180 „Vorbereitung eines zerstörten Zahns mit plastischem Aufbaumaterial zur Aufnahme einer Krone“ und der selbstständigen zahnärztlichen Leistung „mehrschichtiger Aufbau verlorengegangener Zahnhartsubstanz mit Kompositmaterial in Adhäsivtechnik einschließlich Lichthärtung als Vorbereitung zur Aufnahme einer Krone“. Diese Leistung ist in der GOZ nicht beschrieben – so sehen dies auch das AG Charlottenburg (Az. 205 C 13/12 vom 08.05.2014) sowie das AG Schöneberg (Az. 18 C 65/14 vom 05.05.2015). Beide Gerichte befanden, dass die entsprechenden Voraussetzungen für eine Analogie erfüllt seien. Es handele sich bei den mehrschichtigen Aufbauten in Adhäsivtechnik um selbstständige zahnärztliche Leistungen, die weder Bestandteil noch eine besondere Ausführung einer anderen im Gebührenverzeichnis enthaltenen Leistung seien. Für Mehrschichttechniken könne nach Meinung der Gerichte nicht die GOZ-Nr. 2180 herangezogen werden, da sie deutlich zeitaufwendiger sei als die in der GOZ-Nr. 2180 hinterlegten „Zahnaufbauten mit plastischem Aufbaumaterial zur Aufnahme einer Krone mit einfachen selbsthaftenden Zementen, Phosphat- oder Glasionomerzementen“. Auch die GOZ-Nr. 2197 erfasse nicht die Mehrschicht-, sondern die Adhäsivtechnik und komme somit nicht in Betracht. Die Berechnung der GOZ-Nr. 2120a erscheint angemessen. Ein Musterschreiben bei Ablehnung der Analogberechnung durch die PKV/Beihilfe kann bei der Autorin angefordert werden.
Präendodontische Aufbauten
Ein großer Zerstörungsgrad der natürlichen Zahnkrone macht es schwierig, die im Rahmen der Wurzelbehandlung erforderliche Vermeidung von Verunreinigungen des Wurzelkanalsystems durch Keime zu gewährleisten. In diesen Fällen stellt ein präendodontischer Aufbau (Aufbau vor der endodontischen Behandlung) die einzige Möglichkeit dar, eine ausreichende Retention und Abdichtung zur Fixierung des Kofferdams zu schaffen. Diese Aufbauten verfolgen also nicht das Ziel, den Zahn zur Aufnahme einer Krone vorzubereiten. Deshalb ist eine Berechnung der Nr. 2180 (Vorbereiten eines zerstörten Zahns mit plastischem Aufbaumaterial zur Aufnahme einer Krone) schlicht falsch. Diese Behandlungsmaßnahme ist in der GOZ nicht beschrieben und deshalb ebenfalls analog zu berechnen.
Analog abrechnen?
Der Vollständigkeit halber sei jedoch darauf hingewiesen, dass der PKV-Verband kein Freund der Analogberechnung ist und Patienten damit rechnen müssen, dass eine vollständige Erstattung dieser Leistung in der Regel nicht erfolgen wird. Der PKV-Verband vertritt nämlich in seinem Kommentar folgende Auffassung: „Ist es im Vorfeld einer endodontischen Behandlung notwendig, den zerstörten Zahn zunächst aufzubauen, ist für diesen präendodontischen Aufbau die GOZ-Nr. 2180 zu berechnen, und zwar originär, …“. Darauf sollte der Patient im Rahmen der Aufklärung hingewiesen werden – nach § 630c Abs. 3 BGB (Patientenrechtegesetz) sogar in Textform.
Hinweis für den gesetzlich versicherten Patienten: Da es sich – wie beschrieben – beim präendodontischen Aufbau nicht um eine „Aufbaufüllung zur Aufnahme einer Krone“ handelt, kommt auch eine Mehrkostenberechnung nach § 28 SGB V nicht infrage.
Christine Baumeister-Henning
ist seit 1982 im Praxismanagement aktiv und zertifizierte Z-PMS-Moderatorin, Business-, Team- und Konfliktcoach, Sachverständige für Gebührenrecht.
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