Urteil des OLG Dresden

Private Krankenversicherung nimmt Einfluss auf freie Arztwahl

In Deutschland gilt die freie Arztwahl – eigentlich. Doch eine private Krankenkasse hat nun versucht, einen Patienten zu einem Zahnarztwechsel zu bewegen. Und das, obwohl der Patient gar nicht nach einer Zweitmeinung gefragt hatte.


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Eine private Krankenversicherung hatte versucht, einen Patienten aktiv zu einem anderen Zahnarzt zu locken. © Paul Hill – Fotolia


In dem Verfahren verklagte eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis eine private Krankenversicherung wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung. Denn bei der Prüfung eines vorgelegten Heil- und Kostenplanes zeigte die Krankenversicherung unlauteres Verhalten, in dem sie die freie Arztwahl zu beeinflussen versuchte. Sie verwies den Patienten auf einen anderen Zahnarzt, der mit der Versicherung kooperiere. Zudem machte sie den Patienten auf dessen hochwertige Behandlung bei gleichzeitig preiswertem Zahnersatz aufmerksam.

Doch dem war nicht genug, denn die Versicherung führte weiter aus im Schreiben an den Versicherten: „Entscheiden Sie sich für unseren Gesundheitspartner, erhöht sich sogar Ihr Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen um 5 %.“ Hierin sah das Oberlandesgericht in Dresden eine unzulässige gezielte Mitbewerberbehinderung. „Zum Zeitpunkt der beanstandeten Handlung hatte die klagende Gemeinschaftspraxis bereits einen Heil- und Kostenplan für den Versicherungsnehmer erstellt, der sich für eine Behandlung bereits entschieden hatte“, betont RA Jens-Peter Jahn von der Kanzlei michels-pmks in Köln. Der Patient hatte die Versicherung nicht um eine entsprechende Zweitmeinung gebeten. „Vielmehr wendet sie sich, nachdem sie im Rahmen der Kostenübernahme von dem Behandlungsbedarf erfahren hat, umgekehrt von sich aus an den Patienten mit dem Angebot eines Gesundheitspartners des Netzwerks als qualitativ hochwertig und preisgünstige Alternative.“

Finanzieller Vorteil

Versicherungsnehmer seien dazu geneigt, den Wünschen des Versicherungsunternehmens nachzukommen, so das Gericht. „Maßgeblich tritt als charakteristisch für den Verstoß hinzu, dass der Versicherer für den Fall der beworbenen Auswahl eines Gesundheitspartners schriftlich zusagt, seinen Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen um 5 % zu erhöhen. Mit Blick auf die mitunter erheblichen Rechnungsbeträge für zahntechnische Leistungen setzt eine solche Wertewerbung einen deutlichen finanziellen Anreiz“, schlussfolgert Jahn. Somit setzt die Krankenversicherung einen finanziellen Anreiz, der die freie Arztwahl beeinflusst.

Doch die Verurteilung der Krankenversicherung stellt ein erfreuliches Urteil für die Zahnärzteschaft dar. Es sei ein klares Statement gegen unlautere Patientennavigation und Einflussnahme der Versicherung auf die Zahnarztwahl. Dennoch ist zu erwarten, dass die entsprechende Versicherung weiterhin an ihren Abwerbepraktiken zugunsten kooperierender Zahnärzte festhält. „Es sollte versucht werden Patienten für diese Thematik zu sensibilisieren und im Falle des Bekanntwerdens vergleichbarer Fälle die zuständige Landeszahnärztekammer oder andere berufspolitische Vereinigungen zu informieren“, ergänzt Jahn.


Quelle: OLG Dresden