Prophylaxe für Senioren

Dank Mundgesundheit zu mehr Lebensqualität

Mundgesundheit und Lebensqualität sind eng miteinander verbunden. Schließlich sind ein intaktes natürliches bzw. künstliches Gebiss und gesundes orales Weichgewebe wichtige Voraussetzungen für bleibende Freude am Essen, Kommunizieren und gemeinsamen Lachen. Die Mundgesundheit trotz gesundheitlicher Einschränkungen, Dauermedikation und Nachlassen motorischer Fähigkeiten zu erhalten, das ist die Aufgabe der Alterszahnmedizin. Ihr Ziel ist es, auf die individuellen Bedürfnisse eines älteren Patienten abgestimmte Prophylaxe- und Therapiekonzepte zu bieten. Ein wichtiger Baustein ist die tägliche 3-fach-Prophylaxe bestehend aus Zähneputzen, Zahnzwischenraumreinigung und dem Einsatz einer Mundspüllösung mit antibakterieller Wirkung (z. B. Listerine). Letztere entfernt Plaque selbst dort, wo die mechanischen Verfahren an ihre Grenzen stoßen, und ist somit für Senioren mit motorischen Einschränkungen besonders wertvoll.


Bei der Umsetzung der häuslichen Hygienemaßnahmen ist Einfachheit der Schlüssel zum Erfolg. © Johnson & Johnson


Der Anteil an Senioren in der Bevölkerung – und damit auch in der Zahnarztpraxis – nimmt stetig zu. Mit dieser Entwicklung wächst die Notwendigkeit an Behandlungs- und Prophylaxe-Konzepten, die an die speziellen Bedürfnisse dieser Altersgruppe angepasst sind. Doch welche besonderen Merkmale zeichnen die Gruppe der Senioren heute aus?

Mundgesundheit

Im Vergleich zu früheren Mundgesundheitsstudien lässt sich im Rahmen der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V)[i] eine deutliche Verbesserung des Mundgesundheit speziell bei den jüngeren Senioren (65 bis 74 Jahre) feststellen. So verfügt die Altersgruppe durchschnittlich über mehr eigene Zähne (DMS III: 10,4 vs. DMS V: 16,9 Zähne), während das Auftreten von Karies und auch Wurzelkaries stark rückläufig sind (der Kariesindex liegt bei 17,7 statt 23,6 Zähnen). Zudem leiden weniger jüngere Senioren an Parodontalerkrankungen mit moderaten bis schweren Verläufen, auch wenn der Anteil der Patienten mit Parodontitis noch recht hoch ist (65 Prozent).

Bei den älteren Senioren (75 bis 100 Jahre) liegt der Anteil an Patienten mit einer moderaten bis schweren Parodontitis bei rund 90 Prozent. Auch Karies und Zahnverlust treten häufiger auf. Allerdings ist ein deutlicher Unterschied in der Mundgesundheit von Menschen mit und ohne Pflegebedarf zu erkennen: Die pflegebedürftigen älteren Senioren leiden häufiger unter unbehandelter Karies, Zahnfleischbluten sowie Zahnlosigkeit als ältere Senioren ohne Pflegebedarf und sie benötigen häufiger Unterstützung bei der Durchführung häuslicher Mundhygienemaßnahmen. Sorgen bereitet somit vor allem die Lage in der stetig größer werdenden Gruppe der pflegebedürftigen Älteren, die eine verminderte Eigenverantwortung sowie Therapie- und Mundhygienefähigkeit aufweisen.

Besondere Bedingungen: Allgemeiner Gesundheitszustand

Viele Senioren leiden unter verschiedenen allgemeinmedizinischen Erkrankungen – von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems über Diabetes mellitus bis hin zu Lungenerkrankungen und Demenz. Diese erfordern häufig die regelmäßige Einnahme von Medikamenten und sie können Auswirkungen auf die Mundgesundheit haben.[ii],[iii],[iv],[v],[vi] Bekannt ist beispielsweise, dass Patienten mit Diabetes mellitus deutlich häufiger an Parodontitis erkranken als andere und dass Parodontalerkrankungen Einfluss auf die glykämische Kontrolle haben.2,3 Zudem wurden Zusammenhänge zwischen Parodontalerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Endokarditis sowie rheumatoider Arthritis festgestellt4-6.

Zusätzlich zu direkten Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Erkrankungen und Parodontitis hat auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme einen Einfluss auf die Mundgesundheit. So ist eine Nebenwirkung zahlreicher Medikamente (z. B. Blutdrucksenker, Psychopharmaka, Zytostatika) die Mundtrockenheit (Xerostomie), die bei älteren Patienten häufig auftritt[vii]. Diese erhöht wiederum das Parodontitis-Risiko und begünstigt die Bildung von Karies, speziell von Wurzelkaries. 

Barrierefreiheit und mobiler Service

Engmaschige zahnmedizinische Kontrollen sind wichtig für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Mundgesundheit.1 Ein barrierefreie Praxis kann Senioren den Besuch in der Praxis enorm erleichtern. Auf der Webseite der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) sind eine Broschüre zum Thema „Barrierefreiheit“ sowie eine Checkliste verfügbar[viii],[ix]. Letztere stellt dar, was eine barrierefreie Praxis ausmacht. Dazu gehören nicht nur barrierearme Eingangs- und Innenbereiche der Praxis, sondern auch ein barrierearmer Außenbereich mit guter Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, entsprechende Parkmöglichkeiten, Wege ohne Hindernisse und gut lesbare Beschilderung. Ein barrierearmer Service gehört außerdem dazu. Er wird beispielsweise durch geschultes Personal, entsprechende Kommunikationshilfen und leicht verständliches Informationsmaterial sichergestellt.

Einige Pflegebedürftige sind jedoch auf aufwendige Patiententransporte oder einen mobilen zahnärztlichen Service angewiesen, um überhaupt zahnärztliche Leistungen in Anspruch nehmen zu können.[x]

Behandlungsempfehlungen

Bei der zahnärztlichen Kontrolluntersuchung, die mindestens einmal jährlich stattfinden sollte, erfasst der Zahnarzt stets zunächst im persönlichen Gespräch den aktuellen allgemeinmedizinischen Zustand. Teil der seniorengerechten Befundnahme sind die Untersuchung der Mundschleimhaut, der Zähne und des Parodonts sowie die Bestimmung der Menge an Biofilm, der sich auf Zähnen und Weichgewebe gebildet hat. Für die Beurteilung des Hygieneverhaltens wird die Erfassung von Plaque- und Entzündungsindizes, Sondierungstiefen und Blutung auf Sondierung empfohlen. Zusätzlich kann eine Speicheldiagnostik sinnvoll sein.

Ist eine Behandlung erforderlich, so sollten bei der Therapieplanung die individuellen Bedürfnisse und Risiken des Patienten berücksichtigt werden. Oftmals bevorzugen Senioren wenig invasive, kostengünstige Behandlungen, die möglichst von einem ihnen vertrauten Zahnarzt durchgeführt werden.10 Geachtet werden sollte auf die gute Hygienefähigkeit und Reparaturfähigkeit der Versorgungen.

Häusliche Mundhygiene

Letzter Baustein für den Erhalt der Mundgesundheit sind die häuslichen Mundhygiene-Maßnahmen. Wie bei Patienten aller Altersklassen empfiehlt sich die 3-fach-Prophylaxe. Sie besteht aus der mechanischen Entfernung des Biofilms mittels Zahnbürste mit fluoridhaltiger Zahncreme sowie der  Zahnzwischenraumreinigung und der abschließenden Verwendung einer Mundspülung mit antibakterieller Wirkung, z. B. Listerine®. Dies ist sinnvoll, da mit den mechanischen Methoden allein die potenziell pathogenen Keime im Biofilm primär an den Zähnen beseitigt werden. Die verbleibenden 75 Prozent des Mundraumes bestehen aus Weichgewebe, an dem die Mundspüllösung greifen kann. Durch ihre Anwendung lässt sich vermeiden, dass die Bakterienzahl im Mundraum hoch bleibt und der Biofilm rasch neu gebildet wird. Dass Mundspülungen einen Zusatznutzen bieten, sofern sie regelmäßig zusätzlich zu den mechanischen Methoden der Zahn- und Interdentalraumpflege zum Einsatz kommen, bestätigt u. a. die S3-Leitlinie  „Häusliches chemisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingivitis“. [xi]

Lebenslange Mundgesundheit

Gelingt es, diese Maßnahmen in den empfohlenen Zeitabständen durchzuführen, so ist der Grundstein für den lebenslangen Erhalt der Mundgesundheit gelegt. Dies trägt dazu bei, dass Patienten bis ins hohe Alter von einer hohen Lebensqualität profitieren können. Bei der Umsetzung der häuslichen Hygienemaßnahmen ist Einfachheit der Schlüssel zum Erfolg. Und einfach anwenden lassen sich speziell Mundspülungen mit ätherischen Ölen wie Listerine, die in Kombination mit mechanischen Methoden der Zahn-Reinigung den Plaqueindex signifikant reduzieren.[xii]

Quellen:

[i] Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) – Kurzfassung, Institut der Deutschen Zahnärzte im Auftrag von Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung.

[ii] Negrato CA, Tarzia O, Jovanovič L, Chinellato LE. Periodontal disease and diabetes mellitus. J Appl Oral Sci. 2013; 21 (1): 1-12.

[iii] Bascones-Martínez A, González-Febles J, Sanz-Esporrín J. Diabetes and periodontal disease. Review of the literature. Am J Dent. 2014; 27 (2): 63-67.

[iv] Carrizales-Sepúlveda EF, Ordaz-Farías A, Vera-Pineda R, Flores-Ramírez R. Periodontal Disease, Systemic Inflammation and the Risk of Cardiovascular Disease. Heart Lung Circ. 2018; 27 (11): 1327-1334.

[v] Carinci F, Martinelli M, Contaldo M, et al. Focus on periodontal disease and development of endocarditis. J Biol Regul Homeost Agents. 2018; 32 (2 Suppl. 1): 143-147.

[vi] Cheng Z, Meade J, Mankia K, Emery P, Devine DA. Periodontal disease and periodontal bacteria as triggers for rheumatoid arthritis. Best Pract Res Clin Rheumatol. 2017; 31 (1): 19-30.

[vii] Ouanounou A. Xerostomia in the Geriatric Patient: Causes, Oral Manifestations, and Treatment. Compend Contin Educ Dent. 2016; 37 (5): 306-quiz312.

[viii] Barrieren abbauen: Ideen und Vorschläge für Ihre Praxis. Praxis Wissen; Ein Service der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Dezember 2015. https://www.kbv.de/media/sp/PraxisWissen_Barrieren_Abbauen.pdf (aufgerufen am 25. August 2020).

[ix] https://www.kzbv.de/die-barrierefreie-praxis.752.de.html

[x] Prager H. Zeitgemäße dentale Versorgungskonzepte: Erfahrungen mit dem Aufbau eines mobilen zahnärztlichen Dienstes. ZMK (32) 12 2016, S. 856–858.

[xi] DG PARO, DGZMK. S3-Leitlinie (Langversion): Häusliches chemisches Biofilmmanagement in der Prävention und Therapie der Gingivitis. AWMF-Registernummer: 083-016. Stand: November 2018. Gültig bis: November 2023.

[xii] Araujo M W B, Charles C A, Weinstein R B et al. Meta-analysis of the effect of an essential oil-containing mouthrinse on gingivitis and plaque. J Am Dent Assoc 2015; 146: 610–622.