GOZ: Erstattung des präendodontischen Aufbaus
Die Erstattung des präendodontischen Aufbaus wurde von vielen Kostenerstattern lange Zeit teilweise oder vollständig abgelehnt. Doch jetzt kommt Bewegung in die Thematik. Unter ganz bestimmten Voraussetzungen stimmt eine aktuelle PKV-Kommentierung der analogen Berechnung zu.
Ein endodontisch behandlungsbedürftiger Zahn ist mitunter karies- oder traumabedingt so stark zerstört, dass ein prä‧endodontischer Aufbau zwingende Voraussetzung ist, um einen solchen Zahn noch als behandlungsfähig einzustufen: Denn häufig ermöglicht dieser Aufbau erst eine Wurzelkanalbehandlung und damit den Versuch, diesen Zahn langfristig zu erhalten. Ein solcher Aufbau stellt häufig die einzige Möglichkeit dar, ausreichende Retention für die Fixierung des Kofferdams zu erreichen, um damit die im Rahmen der Wurzelbehandlung unbedingt nötige Vermeidung zusätzlicher Kontamination oder der Rekontamination des Wurzelkanalsystems zu gewährleisten.
Weniger Zahnlängsfrakturen
Außerdem kann ein stabiler präendodontischer Aufbau reproduzierbare Referenzpunkte für die Längenbestimmung liefern und dient zusätzlich der Stabilisierung der stark vorgeschädigten Restzahnsubstanz, insbesondere wenn es sich um einen adhäsiv befestigten präendodontischen Aufbau handelt. Positiver „Nebeneffekt“: Auch die Gefahr von Zahnlängsfrakturen wird deutlich vermindert. Dies ist umso bedeutsamer, weil jede Art einer unerwartet auftretenden Fraktur einen Risikofaktor darstellt, der eine erfolgreiche Wurzelkanalbehandlung gegebenenfalls unmöglich macht.
Dennoch zeigten zu Beginn des Inkrafttretens der novellierten GOZ viele private Krankenversicherer und Kostenerstatter zahnmedizinisches und/oder gebührenrechtliches Unverständnis, wurde doch eine Erstattung für den präendodontischen Aufbau häufig entweder vollständig oder teilweise verweigert. Das war ein Vorgehen, das sich weder mit dem geltenden Gebührenrecht noch mit den vorliegenden Kommentierungen von Bundeszahnärztekammer und zahlreichen Landeszahnärztekammern und auch nicht mit der einschlägigen Rechtsprechung begründen lässt.
Dauerstreitpunkte der Erstattung
Doch mit der Veröffentlichung der eigenen Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte – genannt „PKV publik“ (Stand 29.01.2014) – kam Bewegung in die Thematik. So wird darin unter ganz bestimmten Voraussetzungen der analogen Berechnung des präendodontischen Aufbaus zugestimmt. Aber: Der PKV-Verband gibt fallunabhängig und eigenmächtig als heranzuziehende Vergleichsleistung für die Entsprechungsberechnung die GOZ-Nr. 2180 „Aufbaufüllung“ an. Damit treten gleich zwei grundsätzliche Dauerstreitpunkte in der Erstattungspolitik zutage, denn:
1. Ein präendodontischer Aufbau ist wie viele selbstständige zahnärztliche Leistungen weder in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) noch in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beschrieben. Folge: Die Leistung kann als medizinisch notwendiger Aufbau nur in Analogie gemäß § 6 Absatz 1 der GOZ berechnet werden.
Die Analogberechnung sollte eigentlich weder gebühren- noch erstattungsrechtlich ein Problem darstellen, denn mit Novellierung der GOZ wurde in § 6 Absatz 1 GOZ diese explizite Regelung fixiert: „Selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden (…).“
Dennoch sei die Erstattung analog berechneter Leistungen tariflich angeblich so geregelt, sagt die Versicherung, dass über die jeweilige Leistungspflicht auf freiwilliger Basis entschieden werden könne. Erstattungsschwierigkeiten sind da zwangsläufig, präendodontische Aufbauten nicht ausgenommen.
2. Unbestreitbar hat der Verordnungsgeber vorgegeben, dass die Entscheidung über die nach Art, Kosten- und Zeitaufwand individuell passende Gebührenziffer für eine verordnungskonforme Entsprechungsberechnung ausschließlich Zahnärztin/Zahnarzt trifft. Doch genau da drängt sich die PKV in den Entscheidungsprozess: In ihrer Kommentierung „PKV publik“ gibt sie direkt die ihr genehme Berechnung der Nr. 2180 GOZ vor.
Kein Kronenaufbau
Dieser Auffassung widersprechen nicht nur die gebührenrecht‧lichen Bestimmungen der GOZ, sondern bereits der Text der GOZ Ziffer 2180 selbst. Dort wird ausdrücklich der Aufbau eines Zahns zur Vorbereitung für die Aufnahme einer Krone beschrieben. Es ist dabei zu betonen, dass der präendodontische Aufbau gerade nicht einem präprothetischen Kronenaufbau entsprechen kann, da ja gerade während der ganzen, oftmals viele Sitzungen dauernden endodontischen Behandlungsphase der Zugang zu den Wurzelkanälen gewährleistet bleiben muss.
Die Bundeszahnärztekammer führt sowohl in ihrer Kommentierung als auch im aktuellen Beschlusskatalog zur GOZ Ziffer 2180 aus: „Präendodontische Kavitätenversorgungen entsprechen nicht der GOZ Position 2180 und werden nach § 6 Abs. 1 berechnet.“
Mittlerweile wird die Analogberechnung für präendodontische Aufbauten – das sind aber keine einfachen Kavitätenversorgungen – bundesweit von allen Landeszahnärztekammern bestätigt. So stellt unter anderem die Zahnärztekammer Niedersachsen (Stand: September 2012) fest: „Der präendodontische Stumpfaufbau (…) entspricht weder den Gebühren-Nummern 2050 ff. GOZ noch der Gebühren-Nummer 2180 GOZ und ist analog berechnungsfähig. Bei adhäsiver Befestigung ist die Gebühren-Nummer 2197 GOZ zusätzlich berechnungsfähig.“
Veröffentlichung der KZBV
Auch die Zahnärztekammer Bremen äußerte bereits in der Ausgabe „Kammer-Express“ (08–09/2012): „Einen präendodontischen Aufbau zum sterilen Offenhalten der Wurzelkanaleingänge halten wir für analog berechenbar.“
Trotz noch recht schwerfällig erstattender PKVen ist im positivem Sinne Bewegung in die erstattungsrechtlichen Auseinandersetzungen gekommen. Einen entscheidenden Faktor dürfte die Veröffentlichung des Werks „Schnittstellen zwischen BEMA und GOZ“ der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung darstellen. Dort wird bei den für gesetzlich versicherte Patienten privat vereinbarungsfähigen Leistungen explizit festgestellt: „Ein präendodontischer Aufbau ist analog nach GOZ § 6 (1) vereinbarungsfähig.“
Zwischenzeitlich haben sich auch einige Kassenzahnärztliche Vereinigungen ausdrücklich in dieser Form geäußert, so beispielsweise die KZV Nordrhein.
Fazit: Nichts ist in Stein gemeißelt – wie die Zahnheilkunde selbst ist auch die Erstattungspolitik ein dynamischer Prozess, den aufmerksam zu verfolgen und für die eigenen Praxisabläufe zu nutzen eine lohnenswerte Investition darstellt.
Steffi Scholl
ist Abrechnungsspezialistin und arbeitet seit 2011 bei der Zahnärzt‧lichen Abrechnungsgenossenschaft eG (ZA) in Düsseldorf in der GOZ-Fachabteilung.
Kontakt: sscholl@zaag.de