Abrechnungstipp / Nr. 2300 GOZ

Wurzelstifte – wie wird die Entfernung abgerechnet?

Obwohl die zahnmedizinische Notwendigkeit eindeutig gegeben ist, erweist sich die Abrechnung der Entfernung intakter Wurzelstifte aus einem endodontisch versorgten Zahn oft als schwierig. Welche Leistungen sind Streitpunkte und was genau fällt eigentlich unter die Definition „Wurzelstift“?


Endo-Versorgung mit Wurzelstift– wenn dieser wieder entfernt wird, kann es für die Abrechnung kompliziert werden. Foto: Dr. Ludwig Hermeler


Eine Erstattung der Nr. 2300 GOZ ist in der Regel bei einer endodontischen Revisionsbehandlung nicht möglich“ – solche oder ähnliche Mitteilungen privater Versicherer und Kostenerstatter kommen zur Zeit häufiger vor. Warum eigentlich? Ist ein endodontisch behandelter und mit einem Stift im Wurzelkanal versorgter Zahn zu revidieren, dann ist die vorherige Entfernung dieses Wurzelstifts unabweisbar notwendig und auch zahnmedizinisch logisch. Was könnte sich also hinter dem merkwürdigen Ansinnen der Versicherer verbergen?

Wirft man einen Blick auf die Leistungsbeschreibung, so ist zunächst zu überlegen, was genau ist eigentlich ein „Wurzelstift“? In aller Regel handelt es sich um einen Stift zur Verankerung eines Zahnaufbaus vor einer Überkronung, zum Beispiel nach Nr. 2195 GOZ (Vorbereitung eines zerstörten Zahnes durch einen Schraubenaufbau oder Glasfaserstift o. Ä. zur Aufnahme einer Krone). Ein Wurzelstift kann aber auch zur Verankerung anderer Zahnrestaurationen dienen, diese müssen dabei auch nicht zwangsläufig definitive Restaurationen sein. So kann es sich auch um eine temporäre Restaura‧tion handeln, zum Beispiel um einen abgebrochenen Stift einer provisorischen Stiftkrone. So ließen sich zum Begriff Wurzelstift die Fakten zusammenfassen: Es sollte sich um einen festsitzenden Wurzelstift aus festem Material wie Metall, Keramik, Glas- oder Kohlefaser handeln. Die Leistungsbeschreibung lässt die Herkunft des zu entfernenden Stifts völlig offen.

Wie verhält es sich nun aber mit Wurzelfüllungsstiften, wie zum Beispiel Guttapercha-Stiften? Könnte darin der offenkundige Unwille der Versicherer begründet liegen? Die Vermutung liegt nahe, obwohl sich die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) dazu recht eindeutig geäußert hat: „Die Entfernung frakturierter Wurzelkanalinstrumente oder von Wurzelfüllungen aus (thermo-)plastischem Mate‧rial ist nicht Inhalt dieser Leistungsnummer, da es sich hierbei nicht um Wurzelstifte im Sinne der GOZ handelt“ (Kommentar Stand 01.10.2014).

Abrechnung: Keine Wurzelstifte in der GOZ?

Nun könnte angemerkt werden, dass es „Wurzelstifte im Sinne der GOZ“ per definitionem gar nicht gibt, dennoch erscheint es nur folgerichtig, dass die Leistung nach Nr. 2300 GOZ für die Entfernung eines Kunstharz- oder Guttaperchastifts nicht berechnet werden kann.

Ursächlich für den zitierten Erstattungsausschluss der privaten Versicherer bei einer geplanten endodontischen Revision könnte aber auch die umstrittene Leistung „Trepanation“ nach Nr. 2390 GOZ sein, sollte sie Bestandteil eines Heil- und Kostenplans für eine Revisionsbehandlung sein. Angeblich sei die Nr. 2300 „Entfernung eines Wurzelstiftes“ nicht neben Nr. 2390 „Trepanation eines Zahnes als selbstständige Leistung“ berechnungsfähig. Das ist aber eine unzweifelhafte Darstellung in zweifacher Hinsicht: Erstens könnte die höher bewertete Leistung niemals in der niedriger bewerteten enthalten sein. Und zweitens lautet die Leistungsbeschreibung der Nr. 2300 GOZ keineswegs „Wurzelstiftentfernung einschließlich Trepanation“. Auch wenn im Fall einer „Erst-Wurzelkanalbehandlung“ die Trepanation gebührenrechtlich seit Einführung der novellierten GOZ 2012 noch immer kontrovers diskutiert wird, ist die Sachlage gebührenrechtlich eindeutig: Inhalt der 2390 ist ganz klar die „Trepanation“ als Aufbohrung eines Zahns.

Eine Revision ist möglich

Ist ein Wurzelstift eingebracht worden, erfolgt streng genommen zu dessen Entfernung keine Trepanation eines Zahnes, allenfalls die einer Füllung, eines Inlays, einer Krone. „Selbstständig“ wiederum bedeutet, dass zahn- und zeitgleich keine weitere Leistung mit dem Teilinhalt „Zahnaufbohrung/Kavumzugang“ berechnet werden darf. Eine „Wurzelstiftentfernung“ bei einem gefüllten beziehungsweise überkronten Zahn ist zwar ohne eine Aufbohrung nicht möglich, jedoch kollidieren hier keineswegs zwei Leistungen gemäß § 4 Abs. 2 GOZ, da in der Leistungsbeschreibung der Nr. 2300 eine Trepanation weder aufgeführt noch bewertet ist (§ 4 Abs. 2 Satz 4 GOZ: Nr. 2300 unverändert gegenüber Nr. 230 GOZ ’88). Und es gibt natürlich die Fallgestaltungen, wo der Wurzelstift zugänglich vorliegt, zum Beispiel bei Zahn-/Kronenfraktur, Füllungs- oder Kronenlockerung/-verlust oder Trepanation in anderer Praxis etc. Folglich wird nicht nur die höher bewertete Leistung in Ansatz gebracht, also die Nr. 2300 GOZ, sondern zusätzlich auch die Nr. 2390 GOZ.

Interessant bei der Behandlung gesetzlich versicherter Patienten dürfte die Feststellung der Kassenzahnärzt‧lichen Bundesvereinigung (KZBV) in den „Schnittstellen von BEMA zu GOZ“ sein. Dort heißt es: „Eine Leistung nach der Nr. 2300 GOZ ist mit Versicherten der GKV vereinbarungsfähig, da eine vergleichbare Leistung im Sachleistungskatalog der GKV nicht enthalten ist. (…) Die Nr. 23 BEMA (Ekr) ist nur für die Entfernung eines abgebrochenen Wurzelstiftes abrechnungsfähig. Wird beim Versicherten der GKV ein nicht abgebrochener Wurzelstift entfernt, so ist dies nach der Nr. 2300 GOZ vereinbarungsfähig.“

Auch ein wesentlicher Abrechnungsparameter: Die Kurzbeschreibung der Leistung „Entfernung eines Wurzelstiftes“ besagt, dass ein selbstständiger Stift gesondert aus dem Wurzelkanal entfernt wird. Das wiederum bedeutet bei der Entfernung von zwei Wurzelstiften zum Beispiel aus einer Wurzel, dass der Leistungsinhalt zweimal erbracht und berechnet wird.

Die Frage, ob auch die Entfernung einer intrakanalären Wurzelschraube unter die Leistung nach Nr. 2300 GOZ fällt, ist aus jetziger Sicht nicht eindeutig zu beantworten. Offensichtlich ist eine intrakanaläre oder parapulpäre Schraube kein Stift, dennoch kommentiert die BZÄK: „„Unter dieser Leistungsnummer wird die Entfernung eines Wurzelstiftes aus einem Wurzelkanal berechnet. (…) Darunter fallen sowohl gegossene Stiftaufbauten und Wurzelstifte als auch konfektionierte Schraubenaufbauten oder Glasfaserstifte.“

Endodontische Fachgesellschaften und auch zahlreiche GOZ-Kommentare sehen für die Entfernung einer intrakanalären Schraube oder eines Schraubenaufbaus keine Möglichkeit der Berechnung der Nr. 2300 GOZ, sondern ordnen diese Maßnahme als Entsprechungsleistung nach § 6 (1) GOZ ein.

Steffi Scholl
ist Abrechnungsspezialistin und arbeitet seit 2011 bei der Zahnärzt‧lichen Abrechnungsgenossenschaft eG (ZA) in Düsseldorf in der GOZ-Fachabteilung.
Kontakt: sscholl@zaag.de