Trend zur Vollnarkose für Kinder beunruhigt Eltern
Immer mehr Eltern befürchten unnötige Vollnarkosen bei der Zahnbehandlung ihrer Kinder, so das Ergebnis des Patientenmonitors 2019. Ist die Sorge begründet?
Die Behandlung von Kindern stellt Zahnärzte oft vor eine besondere Herausforderung. Die kleinen Patienten zeigen sich auf dem Behandlungsstuhl nicht immer von ihrer kooperativen Seite, wehren sich mitunter aus Angst oder verweigern die Zusammenarbeit völlig. Um Ängste nicht noch mehr zu schüren und Schmerzen bei der zahnmedizinischen Behandlung zu vermeiden, kommt bei der Kinderbehandlung in der Regel eine Lokalanästhesie zum Einsatz. Eine Vollnarkose (Intubationsnarkose) ist nur in solchen Fällen indiziert, in denen auf anderem Wege eine adäquate Therapie der Kinder nicht möglich ist – etwa bei geistig behinderten Kindern oder unkooperativen Kleinkindern mit starkem Kariesbefall.
Vollnarkose, um Zeit zu sparen?
Dem aktuell erschienenen Patientenmonitor 2019 der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) zufolge berichten nun immer mehr Eltern über kinderzahnärztliche Behandlungen, die in Vollnarkose geplant sind. Dabei sei den Erziehungsberechtigten oft unklar, ob eine derartige Narkose überhaupt erforderlich und sinnvoll ist. Der Auswertung der UPD nach hatten viele Eltern den Eindruck, dass Zahnmediziner durch dieses Vorgehen Zeit einsparen und die Behandlung vereinfachen wollen. Eine Aufklärung über die Risiken finde dabei häufig nicht ausreichend statt. Manche Zahnärzte lehnten laut Patientenmonitor eine Behandlung ohne Vollnarkose sogar von vornherein ab.
Auch das Thema der Kostenübernahme warf Fragen auf Patientenseite auf. So berichteten Eltern gegenüber der UPD, dass sie die Kosten für die Vollnarkose zunächst selbst tragen sollten und sich diese rückwirkend von ihrer Krankenkasse erstatten lassen mussten.
Alternativen zur Vollnarkose für Kinder prüfen
Eine Vollnarkose für Kinder ließe sich in vielen Fällen umgehen, sind sich die Vertreter der Beratungsstelle sicher. Hilfreich könne etwa schon sein, wenn sich der Zahnarzt ausreichend Zeit für den kleinen Patienten nimmt und die einzelnen Behandlungsschritte geduldig und dem Kind zugewandt erklärt. Auch eine geschickte psychologische Ablenkung – etwa durch ein kindgerechtes Fernsehprogramm – oder das Einbinden der Eltern können die Behandlung erleichtern. Lässt sich ein Kind auch dadurch nicht beruhigen, können die Diagnostik und Behandlung auf mehrere Sitzungen verteilt werden. Auch der Einsatz von Hynose oder Beruhigungsmitteln vor einem größeren Eingriff ist denkbar.
Wünschen Eltern eine Vollnarkose, obwohl diese nicht medizinisch indiziert ist, müssen sie diese privat bezahlen. Ist die Vollnarkose dagegen indiziert, trägt die Krankenkasse die Kosten.
Rechtliche und zahnmedizinische Fragen überwiegen bei Patienten
Die UPD gibt mit dem „Patientenmonitor“ jedes Jahr einen Bericht zu den wichtigsten Themen und Herausforderungen der Patientenberatung heraus. Dieser basiert auf der Beratungsdokumentation und den Erfahrungen der Beraterinnen und Berater.
Im Bereich der Zahnmedizin sind die Beratungsschwerpunkte im Vergleich zu den Vorjahren unverändert geblieben. So bilden rechtliche Themen rund um Patientenrechte und den Verdacht auf Behandlungsfehler weiterhin die Mehrheit der Anfragen. Die Beratungsstelle erhielt im vergangenen Jahr jedoch auch wieder viele medizinische Fragen – etwa zur Versorgung mit Zahnersatz oder Implantaten oder aus dem Bereich der Kieferorthopädie.
Quelle: Patientenmonitor 2019