Paro-Behandlung richtig abrechnen
Parodontale Probleme spielen bei den Patienten eine immer größere Rolle. Größtmögliche Sorgfalt sollte auch der Abrechnung der mit parodontalen Behandlung verbundenen Vorbehandlung, Diagnostik und Therapie gelten.
Nach den Ergebnissen der vierten Deutschen Gesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) sind Parodontalerkrankungen weit verbreitet. Unter den Erwachsenen leiden 52,7 Prozent unter mittelschweren und 20,5 Prozent unter schweren Formen der Parodontitis. Bei den Senioren sind 48,0 Prozent von einer mittelschweren und 39,8 Prozent von einer schweren Erkrankung betroffen. Und wie immer im Leben hat jede schlechte Nachricht auch eine gute Seite: Das PA-Risiko der Patienten steigt nämlich deshalb, weil die Erfolge der Prophylaxe dafür sorgen, dass die Menschen ihre Zähne einfach länger behalten. In unserem Beitrag und dem Folgebeitrag werden wir zeigen, wie unter Berücksichtigung der Behandlungsrichtlinien und der BEMA-Leistungsbeschreibungen die PAR-Behandlung zulasten der GKV systematisch durchgeführt und korrekt abgerechnet werden kann.
Ziel der Behandlung von Parodontitiden nach den PAR-Richtlinien ist es, die entzündlichen Erscheinungen zum Abklingen zu bringen, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern sowie einem weiteren Alveolarknochenverlust und damit dem Zahnverlust vorzubeugen. Voraussetzung für die durchzuführende Parodontitistherapie sind das Fehlen von Zahnstein und sonstigen Reizfaktoren sowie die Anleitung des Patienten zur richtigen Mundhygiene. Entscheidend betont wird in den Richtlinien die Bedeutung der Mitarbeit des Patienten. Ist dieser dazu nicht bereit, hat der Zahnarzt die Behandlung abzubrechen und das Behandlungsziel neu zu bestimmen.
In unserem Beitrag werden wir uns aus abrechnungstechnischer Sicht mit den folgenden Abschnitten der PAR-Behandlung beschäftigen:
Vorbehandlung/Initialtherapie
PAR-Diagnostik/Therapieplanung
PAR-Therapie
Sicherung des Behandlungserfolgs/PAR-Nachsorge
Erstdiagnostik/Vorbehandlung/Initialtherapie
Beim ersten Patienten-Zahnarzt-Kontakt beginnen die zahnärztlichen Maßnahmen (mit Ausnahme von Akut- oder Notfällen) grundsätzlich mit der Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als BEMA-Position steht hierfür Nr. 01 (Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich Beratung) zur Verfügung.
Erhebung des Parodontalen Screening-Index (PSI): Bei der Untersuchung sollen die klinisch notwendigen Befunde erhoben werden. Sie umfasst auch gegebenenfalls die Erhebung des parodontalen Screening-Index (PSI). Hierfür wird Nr. 04 (Erhebung des PSI-Code) abgerechnet. Der PSI bietet einen orientierenden Überblick über das Vorliegen und/oder die Schwere einer parodontalen Erkrankung sowie den Behandlungsbedarf. Bei Code 1 und 2 liegt eine Gingivitis, bei 3 und 4 eine (behandlungsbedürftige) Parodontitis vor. Eine Leistung nach Nr. 04 kann einmal in zwei Jahren abgerechnet werden.
Für Privatpatienten steht die GOZ-Nr. 4005 zur Verfügung. Die Leistungsbeschreibung sowie die Abrechnung unterscheidet sich deutlich von der BEMA-Nr. 04. Die GOZ-Nr. 4005 wird nicht nur für den parodontalen Screening-Index berechnet, sondern für jeden Index, der eine Aussage über den Zustand der Ginigva trifft, etwa SBI, PBI, BOP etc. Die GOZ-Nr. 4005 kann zweimal pro Jahr berechnet werden.
Röntgendiagnostik: Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehört eine Röntgenuntersuchung, wenn die klinische Untersuchung für eine Diagnose nicht ausreicht oder bestimmte Behandlungsschritte dies erfordern. Der Röntgenbefund erfordert aktuelle – in der Regel nicht älter als sechs Monate – und auswertbare Röntgenaufnahmen. Hier kommen (vorzugsweise) Einzelaufnahmen (Rö-Status) oder OPG-Aufnahmen infrage.
Neben den diagnostischen Leistungen stehen für akute Behandlungsmaßnahmen am Parodontium folgende GKV-Leistungen zur Verfügung:
Entfernen von Reizfaktoren
Vor dem Beginn der eigentlichen Parodontalbehandlung sollten das Parodontium reizende und eine Parodontitis fördernde Faktoren beseitigt werden. Hierzu gehören auch folgende Leistungen:
Endodontie bei apikaler Aufhellung (BEMA-Nrn. 28 bis 35),
Extraktionen, wenn eine Verbesserung der parodontalen Situation am Nachbarzahn erwartet wird (zum Beispiel X1 bis X3),
Beseitigen überstehender Füllungsränder (Nr. 106/sK) sowie
Füllungen bei approximaler Karies (Nrn. 13 a bis d).
Mikrobiologische Diagnostik
Eine mikrobiologische Diagnostik (beispielsweise DNS-Sondentest für die mikrobiologische Diagnostik von Markerkeimen der Parodontitis und Periimplantitis) sowie die lokale Antibiotikatherapie sind grundsätzlich nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.
Die Maßnahmen werden nach vorheriger schriftlicher Vereinbarung nach § 4 Abs. 5 BMV-Z bzw. § 7 Abs. 7 EKVZ privat berechnet. Die Berechnung des DNS-Sondentests erfolgt nach der GOÄ-Nr. 298 (Entnahme und gegebenenfalls Aufbereitung von Abstrichmaterial zur mikrobiologischen Untersuchung – gegebenenfalls einschließlich Fixierung) pro Entnahmestelle. Die Kosten für die Papierspitzen sind nicht zusätzlich berechenbar. Die Kosten für die Auswertung werden dem Patienten in Rechnung gestellt.
Chairside-Schnelltest
Mit einem Nachweis von aMMP8 und der damit verbundenen Erkenntnis über parodontale Entzündungsaktivitäten können frühzeitig Therapiekonzepte entwickelt werden. Zudem wird deutlich, ob der Therapieerfolg erschwert sein kann, da erhöhte aMMP8-Werte ein ergänzendes Indiz für eine schlechtere Prognose sind. Parodontale Erkrankungen, in einem frühen Stadium erkannt, können durch rechtzeitige Intervention (Recall und regelmäßige PZR) gestoppt werden. Haben sich noch keine parodontalen Taschen gebildet, sind die Symptome sogar noch reversibel. Diese ergänzenden Informationen können somit helfen, Patienten mit einem erhöhten Risiko für eine progressive Erkrankung zu identifizieren.
Der aMMP8-Schnelltest (zum Beispiel PerioMarker von HagerWerken) ist ein Nachweisverfahren für das Enzym aMMP8, das direkt am Patienten in der Praxis durchgeführt werden kann. Damit liegt das für die weitere Therapieplanung notwendige Ergebnis unmittelbar vor, es entstehen für Behandler und Patienten keine Wartezeiten auf ein Testergebnis durch ein Fremdlabor. Darüber hinaus können die durch die Untersuchung entstehenden Kosten durch die Praxis selbst liquidiert werden – es entstehen keine weiteren Kosten durch Dritte.
Die Berechnung des aMMP8-Schnelltests ist weder in der GOZ noch in der GOÄ geregelt. Hier bestehen für den Zahnarzt zwei Möglichkeiten der Analogie:
1. Wahl einer Analoggebühr aus der GOZ
2. Wahl einer Analoggebühr aus der GOÄ
Bewusst hat der Verordnungsgeber ganze Behandlungs- und Diagnosebereiche nicht in die GOZ aufgenommen, sondern hierfür auf die GOÄ verwiesen. In der GOZ findet sich nicht eine einzige labordiagnostische Leistung. Will man also eine nach der Art vergleichbare Leistung für den Analogieschluss heranziehen, kann für die Berechnung des aMMP8-Schnelltests nur auf den Abschnitt M „Laboruntersuchungen“ zugegriffen werden. In diesem Fall könnte für den Patienten folgende Rechnung erstellt werden:
PZR/Individualprophylaxe
Die Abrechnung einer PZR ist im BEMA nicht geregelt und sie kann nicht zulasten der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet werden. Dies gilt auch für die Individualprophylaxe bei Erwachsenen. Hierbei handelt es sich ebenfalls um „Selbstzahlerleistungen“.
Für die Individualprophylaxe beim Erwachsenen sind die Leistungen nach der GOZ-Nr. 1000 innerhalb eines Jahres einmal, die Leistungen nach der GOZ-Nr. 1010 innerhalb eines Jahres dreimal berechnungsfähig. Die Leistungen umfassen die Erhebung von Mundhygiene-Indizes, das Anfärben der Zähne, die praktische Unterweisung mit individuellen Übungen und die Motivierung des Patienten.
Die Voraussetzungen für eine den Richtlinien entsprechende systematische Parodontitisbehandlung können also oftmals nur dann geschaffen werden, wenn der GKV-Patient bereit ist, sich selbst an den Kosten einer Vorbehandlung oder an der Initialtherapie zu beteiligen. Hierzu vertreten die PAR-Gutachter der KZBV in einer Stellungnahme vom 11. Juni 2004 folgende Auffassung: „Zur ausreichenden Vorbehandlungszeit wird die Auffassung vertreten, dass keine konkrete Vorbehandlungszeit mehr nach den Richtlinien vorgesehen ist. Entscheidend für den Gutachter ist das Fehlen von Zahnstein. Da die Zahnsteinentfernung nur einmal im Jahr abrechnungsfähig ist, bedeutet dies in der Regel, dass zum Erreichen der Zahnsteinfreiheit die professionelle Zahnreinigung notwendig wird. Dadurch kann auch die regelmäßige Mitarbeit des Patienten überprüft werden. Dem Gutachter obliegt es, während der körperlichen Begutachtung die Reizfaktorenfreiheit festzustellen.“
Für die erste Vorbehandlungssitzung kommt folgende Berechnung infrage:
Erläuterungen:
Nr. 1000 GOZ: einmal pro Jahr berechnungsfähig, bei weiteren Sitzungen innerhalb eines Jahres ist die Nr. 101 GOZ zu berechnen.
Nr. 1040 GOZ: Die Leistung umfasst das Entfernen der supragingivalen/gingivalen Beläge auf Zahn- und Wurzeloberflächen einschließlich Reinigung der Zahnzwischenräume, das Entfernen des Biofilms, die Oberflächenpolitur und geeignete Fluoridierungsmaßnahmen, je Zahn oder Implantat oder Brückenglied.
Nr. 2010 GOZ: Gerade nach einer Zahnreinigung klagen Patienten über überempfindliche Zahnflächen/-hälse. Sind Beschwerden durch eine Privatleistung verursacht worden, ist die GOZ auch für deren Beseitigung heranzuziehen. Deshalb kann hierfür nicht die Nr. 10 (üZ) BEMA abgerechnet werden. Wird aus prophylaktischen Gründen eine Fluoridierung durchgeführt, ist diese Leistung mit der Nr. 1040 GOZ bereits abgegolten.
In weiteren Vorbehandlungssitzungen kann die Nr. 1010 GOZ zum Ansatz kommen. Für die Zahnreinigung kann dann die Nr. 1040 GOZ erneut berechnet werden, wenn der Leistungsinhalt wieder vollständig erbracht wurde. Dabei sollte bei der Bemessung der Gebühr berücksichtigt werden, wenn der Schwierigkeitsgrad leichter oder der Zeitaufwand für die professionelle Zahnreinigung geringer ausfällt, als in der ersten Sitzung. Werden lediglich Nachreinigungen durchgeführt, ist die Nr. 4060 GOZ je Zahn, Implantat oder Brückenglied anzusetzen.
Beispiel für die 2. und weitere Vorbehandlung
Die Berechnung des aMMP8-Schnelltests ist weder in der GOZ noch in der GOÄ geregelt. Hier bestehen für den Zahnarzt zwei Möglichkeiten der Analogie.
Christine Baumeister-Henning ist seit 1982 im Praxismanagement aktiv und als lizenzierte QEP-Trainerin bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eingetragen. Mit ihren vier Mitarbeiterinnen bietet sie einen Vor-Ort- und einen Online-Service für Abrechnung, Schulung und Qualitätsmanagement. Kontakt: 0 23 64/6 85 41