Was Aligner-Schienen in der Prophylaxe bringen
Die Therapiemöglichkeiten mit Aligner-Schienen wachsen kontinuierlich: Dr. Ingo Baresel setzt sie inzwischen standardmäßig auch in der Prophylaxe ein. Das Indikationsspektrum reicht von der Parodontitis- und CMD-Prävention bis hin zur Vermeidung invasiver Restaurationen.
Herr Dr. Baresel, Aligner-Schienen punkten mehr und mehr auch in der Prophylaxe. In welchen Bereichen setzen Sie sie als Präventionsinstrumente ein?
Baresel: Unter anderem zur Parodontitisprävention, CMD-Prophylaxe und Schonung der Zahnhartsubstanz.
Das heißt konkret?
Baresel: Mit Aligner-Schienen lassen sich Zahnfehlstellungen korrigieren. Das erleichtert den Patienten das Reinigen und senkt folglich das Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln.
Was schaffen die Aligner-Schienen mit Blick auf die Prophylaxe einer CMD?
Baresel: Korrekte Zahnstellungen, richtige Positionierung der Gelenke und Kiefer rücken heute immer mehr in den Fokus. Gerät das komplexe motorische System aus Kiefergelenk, Kaumuskeln und Zähnen aus dem Gleichgewicht, kann dies zu chronischen Schmerzen führen, die auch auf den Kopf, den Nacken und den Rücken ausstrahlen. Mit Aligner-Schienen können wir präventiv agieren, etwa bei Patienten mit sehr steilen Fronten im Oberkiefer.
Wie genau funktioniert das?
Baresel: Nach eingehender Analyse der Gelenksituation durch diverse manuelle und funktionsanalytische Maßnahmen sowie durch klassische kieferorthopädische Auswertungen von Scans und FRS ergibt sich ein diagnostisches Bild. Ist zur Behebung der Funktionsstörung eine Umstellung der Zähne nötig, kann diese mit Aligner-Therapie geplant und durchgeführt werden. Ein Beispiel sind die genannten retro-inklinierten Frontzähne, die häufig zu Funktionsstörungen führen. Dann kann durch Aligner-Therapie leicht Abhilfe geschaffen werden.
Kommen wir zur Schonung der Zahnhartsubstanz. Was leisten Aligner-Therapien präprothetisch?
Baresel: In der Vergangenheit wurden Zähne in großem Ausmaß abgeschliffen, um für eine gute Ästhetik und Funktion zu sorgen. Mit der Aligner-Therapie lassen sich vor der restaurativen Therapie die Zähne in die korrekte Position bringen und anschließend minimalinvasiv restaurieren. Wir arbeiten in unserer Praxis mit Outcomesimulationen und zeigen dem Patienten vorab, wie sich mit einer Aligner-Therapie die Zähne in die richtige Position bringen lassen. Dabei kann dann gemeinsam mit dem Patienten entschieden werden, ob eine zusätzliche restaurative Versorgung noch notwendig ist und wie diese aussehen würde. Teilweise erreichen wir sogar Non-Prep-Situationen, sprich: Wir müssen überhaupt nichts abschleifen. Wir schützen also die Zahnhartsubstanz so weit wie möglich vor den negativen Einflüssen der invasiven restaurativen Therapie.
Seit wann kommt dieser präventive Aligner-Ansatz in Ihrer Praxis zum Einsatz?
Baresel: Seit etwa fünf Jahren. Wir haben in unserer Praxis die Workflows und prothetischen Planungen entsprechend umgestellt. So schaffen wir es, Patienten minimalinvasiv bestmögliche Ergebnisse zu liefern.
Sie haben einen kieferorthopädischen Hintergrund. Können auch Allgemeinzahnärzte Aligner-Schienen in der Prophylaxe nutzen?
Baresel: Wenn sie sich mit der Aligner-Therapie befassen, ja! Mit Invisalign Go lassen sich zum Beispiel bei kleineren Veränderungen in den Fronten oder von Prämolar zu Prämolar sehr gute und vorhersagbare Ergebnisse erzielen. Aber jeder Zahnarzt muss in Eigenregie entscheiden, ob er sich das selbst zutraut oder die Behandlung gemeinsam mit einem Aligner-Spezialisten plant und anschließend nur den restaurativen Part übernimmt. Allerdings sollte jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt sich für eine der beiden Varianten entscheiden, denn Aligner-Therapie gehört heute zur modernen Zahnmedizin.
Der Experte
Dr. Ingo Baresel
ist seit 1999 niedergelassen in der Gemeinschaftspraxis Dres. Baresel in Cadolzburg. Schwerpunkte: Parodontologie, Kieferorthopädie. Baresel ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für digitale orale Abformung.