Der frühe Patient bewertet den Arztbesuch anders
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit von Patienten mit ihrem Arzt und der Tageszeit, zu der ein Praxisbesuch stattfindet? Eine neue US-Studie legt diesen Schluss nahe.
Für ihre Untersuchung stellten Wissenschaftler der Mayo-Klinik in Rochester, USA, eine retrospektive Kohorte aller Patienten zusammen, die sich zwischen dem 1. Juli 2016 und dem 30. September 2017 in vier Praxen für die medizinische Grundversorgung behandeln ließen. Mit Hilfe von Fragebögen trugen die Autoren die Praxis-Erfahrungen von insgesamt 3172 Patienten zusammen.
Später Termin, sinkende Patientenzufriedenheit
Das Ergebnis: Gute Noten für Arztpraxen vergaben am ehesten solche Patienten, die morgens in der ersten Stunde nach Praxisöffnung in die Sprechstunde kamen. Über den Tagesverlauf sank die Zufriedenheit der befragten Patienten. Die Patienten, deren Termin erst in der letzten Stunde der Praxisöffnungszeit (16:00 bis 16:59 Uhr) stattfand, zeigten sich besonders unzufrieden: Bei ihnen reduzierte sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie die behandelnde Praxis weiterempfehlen, im Vergleich zu den Morgenpatienten um 45 Prozent.
Erschöpfung über den Tag bewirkt Verhaltensänderung bei Ärzten
Woran liegt die nachlassende Patientenzufriedenheit im Laufe des Tages? Die Studienautoren vermuten Verhaltensänderungen innerhalb des Praxisteams als Ursache. So nehmen die kognitiven Belastungen und die Erschöpfung von Arzt und Praxisteam über den Tag zu – bedingt etwa durch die steigende Anzahl der behandelten Fälle, vermehrte Rückfragen und Anrufe.
Solche Veränderungen des Verhaltens im Tagesverlauf wurden bereits dokumentiert: Hausärzte beispielsweise impfen weniger, verordnen mehr Antibiotika und überweisen seltener zu Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, je näher das Ende der Sprechzeit rückt.
Weitere Untersuchungen erforderlich
Nicht untersucht wurde in der Studie, ob und wie sich der Anlass des Arztbesuchs auf die Paxiserfahrungen der Patienten niederschlug. Zudem lag die Rücklaufquote bei nur 14 Prozent der Gesamt-Patientenzahl. Mit insgesamt 3172 rückläufigen Fragebögen sei die Zahl der Datensätze zwar groß genug für eine wissenschaftliche Auswertung, ihre Aussagekraft bleibe aber begrenzt, urteilte das Autorenteam abschließend.
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Quelle:
Lindsey M. Philpot, Bushra A. Khokhar, Jordan K. Rosedahl, Tiffany A. Sinclair, Rajeev Chaudhry, Jon O. Ebbert: Variation in Patient Experience Across the Clinic Day: a Multilevel Assessment of Four Primary Care Practices. Published online 13 September 2019. DOI: 10.1007/s11606-019-05336-5.