Ökonomisch und stabil
Neu sind sie nicht, die glasfaserverstärkten Komposite. Schon seit den 50er Jahren werden sie verwendet, unter anderem in der Autoindustrie, aber auch für Möbel und Haushaltsgeräte. Obwohl in der Zahnmedizin dringender Bedarf an kosteneffizienten und sowohl mechanisch als auch ästhetisch hochwertigen Materialien bestand, etablierte sich der Werkstoff hier eher schleppend.
Neu sind sie nicht, die glasfaserverstärkten Komposite. Schon seit den 50er Jahren werden sie verwendet, unter anderem in der Autoindustrie, aber auch für Möbel und Haushaltsgeräte. Obwohl in der Zahnmedizin dringender Bedarf an kosteneffizienten und sowohl mechanisch als auch ästhetisch hochwertigen Materialien bestand, etablierte sich der Werkstoff hier eher schleppend.
Heute stehen faserverstärkte Komposite (Fiber Reinforced Composites/FRC) mit einem breiten Anwendungsbereich zur Verfügung. Eingesetzt werden sie
- für die Verstärkung von kieferorthopädischen Geräten,
- bei herausnehmbaren Prothesen,
- bei zahn- und implantatgetragenen Brücken,
- zur Schienung von parodontalen Läsionen und nach einem Zahntrauma,
- für Wurzelkanalstifte,
- als Füllmaterial, zur Reparatur von Veneers und festsitzenden Brücken oder Prothesen [7].
Bei großen direkten Restaurationen im Molarenbereich stoßen moderne Komposite trotz aller Entwicklungsbemühungen immer noch an ihre Grenzen: Selbst Komposite mit besonderen Füllkörpern und entsprechenden Adhäsivsystemen konnten die Probleme im Hinblick auf die Rissausbreitung in Kompositen und die isotrope Polymerisationsschrumpfung nicht wirklich lösen. Die Folge können Frakturen sein, und die Schrumpfung verursacht Randspalten zwischen Füllung und Zahn. Kurz: Die Entstehung von Sekundärkaries wird begünstigt.
Wissenschaftler stellten fest, dass es entscheidend ist, die Struktur der Restauration biomimetischer zu gestalten, um der Polymerisationsschrumpfung wirkungsvoller zu begegnen. Dies soll bei den FRCs u. a. durch den Einsatz von Glasfasern erfolgen, die die Kollagenfasern des Dentins simulieren [9]. Beobachtet wurde ferner, dass die Festigkeit durch die Richtung und die Orientierung der Fasern beeinflusst wird. Hier spricht man von den isotropen (richtungsunabhängiges Kraft-Verformungsverhalten), anisotropen (richtungsabhängiges Kraft-Verformungsverhalten) und orthotropen (in bestimmten Richtungen gleiches Kraft-Verformungsverhalten) Eigenschaften faserverstärkter Komposite. Weitere Faktoren beeinflussen die besonderen Eigenschaften der FRCs, wie die Polymer-Matrix und der grundsätzliche Typ der Faserverbindung [7]. Das neue glasfaserverstärkte Kompositmaterial everX Posterior (GC) basiert auf den jahrelangen Forschungen, die von der Stick Tech LTD und der Universität Turku (Finnland) zum Einsatz von Fasern in der Zahnheilkunde betrieben wurden. Seine chemische Zusammensetzung beruht auf einer Polymermatrix mit bis-GMA, TEGDMA und PMMA (23 Gewichtsprozent), Füllern (kurze Glasfasern und Barium-Borosilikat-Glasfüller mit 77 Gewichtsprozent) und Initiatoren/Inhibitoren ( 1 Gewichtsprozent). everX Posterior findet als Dentinersatz in Kombination mit einem konventionellen Komposit als Zahnschmelzersatz Verwendung. Die Kombination dieser beiden Materialien ermöglicht es, den Zahn auf biomimetische Weise zu restaurieren.
Das Prinzip der glasfaserverstärkten Kunststoffe ganz allgemein basiert auf der Tatsache, dass ein Faserverbundstoff in der Regel aus zwei Hauptkomponenten besteht – der bettenden Matrix und den verstärkenden Fasern. Durch die Wechselwirkung dieser beiden Komponenten ergeben sich im Verbundstoff drei wirkende Phasen: sehr zugfeste Fasern, eine relativ weiche, bettende Matrix und eine beide Komponenten verbindende Grenzschicht. Auf diese Weise erhält der Faserverbundwerkstoff seine ihm immanenten, höherwertigen Eigenschaften.
Höhere Bruchfestigkeit
Auch bei everX Posterior spielen Fasern und Matrix die entscheidende Rolle: everX Posterior ist ein mit kurzen Glasfasern ausgestattetes Material, dessen Fasern quasi die Kollagenfasern des Dentins nachahmen und damit eine höhere Bruchfestigkeit der Restauration liefern (5,1 MPa m1/2). Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass everX Posterior eine nahezu doppelt so hohe Bruchfestigkeit wie die untersuchten Referenzmaterialien (Kompositen) und damit eine Bruchfestigkeit auf Niveau des natürlichen Dentins aufwies [3, 9]. Außerdem haben In-vitro-Untersuchungen gezeigt, dass die Belastungskapazität von Füllungen aus Partikelfüllerkomposit (PFC) bei Kombination mit einem faserverstärkten Komposit (FRC) als Substruktur zunahm [2].
Wie ist das möglich? Die Imprägnierung der Glasfaser mit Kunststoff (also die Möglichkeit, dass der Kunststoff eine chemische Verbindung mit der Oberfläche einer jeden Faser eingeht) und die Menge der Fasern in der Polymermatrix bestimmen die Festigkeit eines glasfaserverstärkten Komposits [7]. Deshalb sind bei everX Posterior die Fasern einzigartig (und auch patentiert) in die Matrix integriert, so dass eine hohe Imprägnierung und Fasermenge erreicht wird.
Die Matrix selbst beruht auf dem sogenannten Prinzip des interpenetrierenden Polymernetzwerks (kurz IPN). Dieses ist für die Adhäsion des überschichtenden Universal-Komposits an das darunter liegende, bereits polymerisierte everX Posterior verantwortlich [8]. Dieser Verbund kommt nämlich durch die Interdiffusion von Monomeren des Universal-Komposits in die Polymerstruktur des everX Posteriors zustande.
Neben ihrem oben beschriebenen Einfluss auf die Bruchfestigkeit kontrollieren und minimieren die Glasfasern gleichzeitig die Polymerisationsschrumpfung. Wiederum Garoushi et al. konnten zeigen, dass die Polymerisationsschrumpfung geringer als bei konventionellen Kompositen ist und everX eine sehr gute Adaptation an die Kavitätenwände aufweist [5].
Neue klinische Studie
Über erste klinische Untersuchungen zur Leistungsfähigkeit eines glasfaserverstärkten Komposits mit kurzen Glasfasern als Substruktur und einem Überzug mit einem Universal-Komposit berichteten Garoushi et al. [4]. In dieser Studie an der Turku-Universität in Finnland wurden 37 Klasse-I- und -II-Restaurationen in sechs Prämolaren bzw. 31 Molaren nach sechs und zwölf Monaten Liegezeit gemäß den USPHS-Kriterien nachuntersucht. Demnach wiesen nach einem Jahr fünf Restaurationen eine geringe Randundichtigkeit auf (B score) und ein Patient klagte über geringe pulpitische Beschwerden sowie postoperative Hypersensibilität (ebenfalls B score). Sekundärkaries oder Füllungsfrakturen traten nicht auf, so dass aufgrund der überwiegenden Anzahl der einwandfreien Versorgungen die Autoren zu dem Schluss kommen, dass die ausgewählte Materialkombination gute klinische Leistungen in Bereichen mit höherer Belastung nach einem Jahr zeigte.
Indikationen und Kontraindikationen
Als Verstärkungsmaterial für direkte Kompositversorgungen eignet sich everX Posterior besonders bei großen Kavitäten im posterioren Bereich. Zu den empfohlenen Indikationen zählen: Drei- oder mehrflächige Kavitäten, Kavitäten mit fehlenden Höckern, tiefe Kavitäten (Klasse I/II und endodontisch behandelte Zähne), Kavitäten nach Amalgamsanierung sowie Kavitäten, die für Inlays/Onlays indiziert sind. everX Posterior sollte immer mit einer Schicht lichthärtendem Kompositmaterial abgedeckt werden, also nicht als finale approximale oder okklusale Kompositschicht eingesetzt werden.
Als Kontraindikationen werden die direkte Pulpaüberkappung, Kavitäten, bei denen nicht mindestens eine horizontale Dimension größer als 3 mm ist, und Patienten mit Überempfindlichkeit auf Methacrylatmonomer angegeben.
Vorgehen in der Praxis
Die Anwendung von everX Posterior in der Praxis ist einfach − es wird wie ein Komposit verwendet. Um eine gute Oberflächenglätte und optimale Ästhetik zu erreichen, sollte everX Posterior immer mit einem lichthärtenden Universal-Komposit überzogen werden (1–2 mm Schichtstärke). Das ist mit einem Produkt aus der G-aenial-Familie (GC), aber auch mit anderen auf dem Markt erhältlichen Kompositen möglich. everX Posterior liegt in Unitips vor und lässt sich leicht in die Kavität einbringen. Anwender der ersten Stunde berichten, dass everX Posterior stopfbar ist, wenig am Instrument haftet und durch seine Farbe gut sichtbar ist, was eine gezielte Verarbeitung erleichtere [6]. Das Material erlaubt einzelne Schichtungen bis zu einer Stärke von 4 mm, um eine optimale Polymerisation zu gewährleisten (Abb. 1 bis 5).
Fazit
Nachdem das Rohmaterial von FRCs, die Glasfaser, bereits erfolgreich in diversen Bereichen der Dentalmaterialien eingesetzt wird [1], wurden für das hier vorgestellte faserverstärkte Kompositmaterial everX Posterior kurze Glasfasern entwickelt, die die Polymerisationsschrumpfung minimieren und aufgrund der hohen Bruchfestigkeit des Materials die Entstehung von Füllungsrissen verhindern.
Literatur
- Ferracane, JL: Resin Composite – State of the art. Dent Mater 2011, 27: 29–38
- Garoushi, S, Lassila LV, Tezvergil A, Vallittu PK: J. Dent 2006, 34 (3): 179–184 (Epub 2005 Sep.8)
- Garoushi, S, Lassila LV, Vallittu PK: Fracture toughness, compressive strength and load bearing capacity of short glass fiber-reinforced composite resin. Chi J Dent Res 2011, 14 (1): 15–19
- Garoushi, S, Tanner, J, Vallittu PK, Lassila,L: Preliminary Clinical Evaluation of Short Fiber Reinforced Composite Resin in Posterior Teeth: 12-Months Report. The Open Dentistry Journal, 2012, 6: 41–45
- Garoushi, S, Vallittu PK, Watts, DC, Lassila LV: Effect of nanofiller fraction and temperature on polymerization shrinkage of glass fiber reinforced filling material. Dent Mater 2008, 24 (5): 606–610
- Mathes, K.-J: everX Posterior: Die Anwendung von everX PosteriorTM am klinischen Fallbeispiel. 2013. Unveröffentlichtes Manuskript, vorliegend bei der dNA, Bad Homburg
- Vallittu, PK: Faserverstärkte Komposite (FRC) in der zahnärztlichen Prothetik. DZZ 2002, 57 (7): 399–405
- Vallittu, PK: Interpenetrating polymer networks (IPNs) in dental polymers and composites. Journal of Adhesion Science and Technology 2009, 14: 961
- Vallittu PK: everX Posterior. Fiber-reinforced filling composite for large posterior restorations. 12.3. 2013, Vortrag IDS-Pressekonferenz, Köln