Digitale Zahnheilkunde

Intraoralscanner in der Praxis: Worauf es bei der Scannerwahl ankommt

Mehr Präzision, mehr Wirtschaftlichkeit, höhere Patienten-Compliance – die optische Abformung ist die Basis für den gesamten digitalen Prozess, vom Scan bis zur Fertigung. Erfahren Sie, worauf es bei der Scannerwahl wirklich ankommt, wie sich der Workflow am besten umstellen lässt und wie die Zusammenarbeit mit dem Labor optimiert wird.


Vor zwei Jahren stellte die Praxis Dr. Marcus Parschau auf die digitale Abformung um, nur noch in 15 Prozent der Fälle läuft es analog. ©Parschau


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Noch immer hapert es mit der flächendeckenden Umstellung auf die optische Abformung. Was sind die größten Herausforderungen?

Müller: Viele Behandlerinnen und Behandler sind einfach noch nicht bereit, Prozesse zu digitalisieren, die analog reibungslos funktionieren. Ohne ein grundsätzliches Umdenken funktioniert das nicht. Auch nicht beim Intraoralscanner in der Praxis.

Mit welchen Argumenten versuchen Sie sie zu überzeugen? Und: Worauf kommt es bei der Intraoralscanner-Auswahl in der Praxis an?

Müller: Ich versuche ein Bewusstsein für die Vorteile der Umstellung auf die digitale Abformung zu schaffen. Gesteigert werden nämlich nicht nur die Qualität und die Effizienz der Arbeiten, sondern auch der Patientenkomfort. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Neustrukturierung des Workflows und die perfekte Vernetzung mit dem Labor.


Legt der Intraoralscanner in der Praxis damit letztlich den Grundstein für die Digitalisierung?

Parschau: So kann man es formulieren. Wir gießen seit Einsatz unserer Prime-scan zum Beispiel keine Gipsmodelle mehr aus. Einen digitalen Datensatz zu senden anstatt Modelle in andere Stockwerke zu schaffen, hat unseren Workflow deutlich vereinfacht und die Qualität der Arbeiten verbessert. Als Praxislabor- Betreiber sind wir zwar seit Jahren digital unterwegs, aber das war letztlich der digitale Durchbruch. Natürlich mussten wir alle lernen, wie die Kamera zu führen ist und die Herstellervorgaben bzw. -empfehlungen studieren. Doch das ist ja bei jedem diagnostischen Instrument so.

Ist das ohne externe Beratung, ohne Tipps für die Intraoralscanner-Auswahl in der Praxis, zu realisieren?

Parschau: Wir haben den Service von Henry Schein genutzt. Der Außendienstler steckt tief in der Scanner- Materie und ist „sehr rührig“. Sobald es ein neues Software-Update gibt, werde ich informiert. Wenn wir Unterstützung bei der Integration benötigen, ist er auch immer zur Stelle. Zudem lädt er regelmäßig zu Fortbildungen ein, für Zahnärzte, Zahntechniker, Helferinnen.

In welchen Bereichen besteht der höchste Gesprächsbedarf?

Müller: Beim korrekten Scanner-Einsatz und den Veränderungen der Praxisabläufe. Der Workflow läuft komplett anders. Das erfordert ein Umdenken. Sie müssen lernen, wie die Scanner arbeiten, wie sie programmiert werden, welche Infos sie brauchen. Egal, ob die Fertigung chairside, im Praxislabor oder bei einem Partner erfolgt, wichtig ist auch immer die Frage, ob das Gerät die Indikationen, die man scannen will, in adäquater Qualität abbilden kann.

Sprechen Sie vom subgingivalen Scannen?

Müller: Zum Beispiel. Genau wie bei der konventionellen Abformung gilt es natürlich, die Präparationsgrenzen freizulegen. Anders als die Abdruckmasse kann der Intraoralscanner in der Praxis aber kein Gewebe verdrängen. Das erfordert eine hohe Sorgfalt beim Legen der Fäden. Manchmal hapert es aber auch einfach an den Internetverbindungen. Rein technisch betrachtet gibt es bei der Umstellung von analog zu digital heute aber kaum noch Hürden.

Steigt aufgrund der sinkenden Scannerpreise die Scanner-Nachfrage der Zahnärztinnen und Zahnärzte?

Müller: Ja, definitiv. Denn die Amortisationszeit der Investitionen verringert sich natürlich. Das macht den Scannerkauf attraktiver. Dazu kommt die Aussicht auf ein Reduzieren eventuell notwendiger Wiederholungsabformungen. Aber auch die Stuhlzeit sinkt, immer mehr Patienten erkundigen sich nach der optischen Abformung, und der immer intensivere Austausch mit dem Labor strafft die Arbeitsabläufe.

Parschau: Allein das Wegfallen der Gipsmodelle bringt eine enorme Zeitersparnis. Wir müssen keine Modelle mehr von A nach B schaffen. Das möchte ich nicht mehr missen. Das ist ein Vorteil, den ich vor allem in den letzten Wochen schätzen gelernt habe. Einer meiner Zahntechniker fiel aus und Modelle hätten ausgegossen werden müssen. Das muss zeitnah erfolgen, denn Alginatabdrücke können schrumpfen, wenn sich die Feuchtigkeit verändert. Dann stimmen Dimensionen nicht mehr. Im schlimmsten Fall müssen die Arbeiten wiederholt werden. Die Gefahr ist mit dem Scannen vom Tisch.
Müller: Ein Verzicht auf Gipsmodelle ist zudem deutlich nachhaltiger.

Gipsmodelle sind demnach Schnee von gestern?

Pohl: Das lässt sich so pauschal leider nicht sagen. Knapp 50 Prozent unserer Kunden bleiben der analogen Welt treu und sind auch nicht umzustimmen. Sie rechnen sich aus, wie viel Abdruckmasse sie sich für die rund 15.000 Euro, die ein Scanner kostet, kaufen könnten und entscheiden sich dagegen. Sie lassen sich nicht von den Vorteilen des digitalen Workflows überzeugen. Das versuche ich inzwischen auch gar nicht mehr. Aber die übrigen Kundinnen und Kunden haben komplett umgeswitcht auf die digitale Abformung. Geholfen hat dabei sicherlich, dass wir Scanner an Praxen verleihen. Drei Intraoralscanner stehen dafür bereit. Manche Praxen haben inzwischen einen sogenannten Scan-Day eingerichtet, an dem sie Patienten explizit zur digitalen Abdrucknahme einbestellen. Alternativ bieten wir die Unterstützung beim Scannen vor Ort. Eine unserer Kolleginnen fährt mit dem Intraoralscanner in die Zahnarztpraxis und übernimmt dort das Scannen der einbestellten Patientinnen und Patienten. Über ein Online-Buchungssystem (DSGVO-konform) lässt sich der Scanner tageweise buchen.

Rechnet sich das? Die Investitionen für Scanner-Verleihservice sind ja nicht gering?

Pohl: Auf jeden Fall, wir als Labor profitieren vom digitalen Abdruck ja fast noch mehr als die Praxen, unsere Zusammenarbeit gelingt immer reibungsloser.

Was hat sich verbessert?

Pohl: Wir nutzen inzwischen einen Remote-Service (AnyDesk oder TeamViewer), sodass sich der Zahnarzt auf unseren Rechner einwählen kann oder wir auf seinen. So können wir quasi live die Situation im Mund des Patienten sehen. Dieser zielorientierte, unmittelbare Austausch bringt echte Qualitätsvorteile. Nacharbeiten haben sich auf ein Minimum reduziert. Daraus resultieren auch eine hohe Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.

Viele Zahnärzte und Zahntechniker sehen zunächst nur die Investitionskosten und vernachlässigen Parameter wie Zeitersparnis, Präzision, auffallend verbesserte Patientenzufriedenheit und -bindung sowie viele Zusatztools für Anamnese und Diagnostik. Aus unserer Sicht gleichen die zahlreichen Vorzüge das finanzielle Investment locker aus. Das ist eine ganz andere Welt, wir sind jetzt ein Team – der Patient, der Behandler und das Labor. Es eröffnen sich ganz neue Therapie- und Diagnostikmöglichkeiten.

Inwiefern?

Pohl: Der gravierende Unterschied zur konventionellen Abformung ist, dass sich der Ganzkieferscan quasi als Anamnese-Dokument speichern lässt. Das eröffnet ganz andere Anamnesegespräche. Man kann zum Beispiel via Microsoft Teams per Smile-Design-Software die Wünsche des Patienten erfragen. Durch Ein- und Ausblenden unterschiedlicher Behandlungsoptionen zeigen wir den Patienten, was medizinisch notwendig ist und was sich zusätzlich umsetzen lässt. Der Patient entscheidet sich, dann folgt die Präparation. Das alles besprechen wir in Ruhe in der Online-Runde.

Wie genau läuft das ab?

Pohl: In unserem Besprechungszimmer befindet sich ein großer Monitor. Wir vereinbaren einen Teams-Termin, an dem der Behandler und der Patient teilnehmen. Ich demonstriere anhand der Aufnahmen, wo wir herkommen und was wir erreichen können. In der Regel ist die Arbeit dann deutlich umfangreicher als ursprünglich gedacht, weil der Patient einfach mehr möchte. Ein Vorteil für das Labor und die Praxis.

Zurück zu den Indikationen: Ein bisschen konventionell muss es auch in Zukunft noch sein, denn Scanner können nicht alles, Beispiel Funktionsabformung …

Müller: Richtig, die Trios-Software hat unter anderem spezielle Algorithmen in der Datenerfassung zu unbezahnten Kiefern, die den Weichgewebsscan optimieren. Es handelt sich um eine statische Erfassung der Oberfläche. Damit ist die Funktionsabformung nicht möglich, allerdings kann eine digital gefertigte Prothese auf Grundlage von intraoralen Scandaten auch gut passen.

Es gibt keine Evidenz, die belegt, dass die Funktionsabformungen besser wären als Scans.

Herr Dr. Parschau, nutzen Sie solche Skills?

Parschau: Nein, ich traue mich auch gar nicht, das auszuprobieren. Aus meiner Sicht bleiben zu viele Faktoren unberücksichtigt.

Zum Beispiel?

Parschau: Die Resilienz der Schleimhaut ist extrem wichtig und lässt sich mit dem Intraoralscanner nicht erfassen. Es sind zu viele Bewegungen enthalten. Fahre ich mit dem Scanner sehr schnell darüber, erfasse ich eine Momentaufnahme mit Schleimhaut, Bändern und Erhebungen ganz gut. Doch kommt der Scanner aus dem Tritt und ich muss neu ansetzen, findet der Scanner keinen Fixpunkt, mit dem er arbeiten kann.

Was ist die Folge?

Parschau: Man erhält befremdliche Datensätze. Also, da lasse ich die Finger von. Vielleicht funktioniert das irgendwann einmal mit einem Scanner, der eine Optik hat, die so groß ist, dass sie mit einem Schuss den gesamten Bereich erfassen kann.

Wie groß ist denn heute der Scannersensor?

Parschau: Höchstens Fingernagel-groß, man ist gezwungen, so lange zu scannen, bis alle Bereiche abgefilmt sind. Die Funktionsabformung muss man deshalb einfach noch analog machen.

Sprich: Sie haben nicht komplett auf die optische Abformung umgestellt?

Parschau: Richtig, in 15 Prozent der Fälle sind wir noch analog unterwegs. Dass man ganz auf die konventionelle Abformung verzichten kann, halte ich auch für Marketing.

Reicht vor diesem Hintergrund ein Intraoralscanner für eine „normale“ Praxis mit sagen wir zwei bis fünf Behandlern?

Parschau: Aus meiner Sicht ja, auch wenn der eine Intraoralscanner in unserer 5-Behandler-Praxis sehr gefragt ist und wir schon den ein oder anderen Engpass hatten. Einen zweiten Intraoralscanner für die Praxis anzuschaffen ist für mich zumindest jetzt keine Option. Schließlich lassen sich Termine koordinieren und Abläufe straffen. Im Zweifel muss eine Patientin bzw. ein Patient halt auch mal fünf Minuten Wartezeit in Kauf nehmen. Unsere Primescan ist portabel und funktioniert auch mit dem Akku. Das reicht uns derzeit.

Lassen sich die Scans bei so einer portablen Intraoralkamera in anderen Behandlungszimmern auch ergänzen?

Müller: Machbar ist das, aus wirtschaftlicher Sicht aber nicht zu empfehlen. Denn dafür braucht es mehrere Programm-Voll-Lizenzen. Selbst netzwerkfähige Scanner wie 3Shape können derzeit eine in Stockwerk drei gescannte Situation in Etage zwei nur zeigen, eine Ergänzung oder Änderung ist ausgeschlossen.

Arbeitet man daran?

Müller: Bestimmt, doch die Daten sind sehr umfangreich, ein Scan hat eine Rohdatenmenge von mindestens einem Gigabyte, kann aber auch deutlich mehr haben. Diese Rohdatenmenge zu teilen kann dauern – da braucht es 10-Gigabyte-Netzwerke.

Welche Relevanz hat die Intraoralscanner-Software für die Praxis? Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern? Inwiefern berücksichtigen Sie das bei Ihren Tipps für die Scannerwahl?

Müller: Die Interoperabilität zwischen der Scansoftware und dem Ziel der Daten kann sich stark unterscheiden. Einige Anbieter wachsen so stark zusammen, dass der Endkunde nicht zwingend mehrere Onlineportale bedienen muss, um den digitalen Auftrag abzuwickeln. Jeder Hersteller hat seine eigene grafische Oberfläche oder seine eigene Cloud, in der Technik der Datenerfassung und in der Verarbeitung gibt es gravierende Unterschiede.

Zum Beispiel?

Müller: Nicht alle Software-Programme entfernen automatisch Artefakte, um den Workflow sicherer zu machen. Oft werden sie nicht oder nur teilweise herausgerechnet, das bedeutet, es ist mehr Arbeit später am Scan erforderlich.

Wie steht es mit der Präzision?

Müller: Der Begriff Präzision meint die Genauigkeit und die Richtigkeit der Daten.

Wie meinen Sie das?

Müller: Wer sich zum Beispiel nicht an Scanstrategien oder -empfehlungen der Hersteller hält, fabriziert inkorrekte Scans. Vor anderthalb Jahren habe ich eine Praxis beraten, die einen Vergleich zwischen einem scanbasierten gedruckten Modell und einem Gipsmodell erstellt hat. Der Unterschied betrug 1 mm. Der Grund: Es wurden 3000 Scans von einem Quadratmillimeter gemacht. Die Mitarbeiter haben die Intraoralkamera falsch bedient, sind mit der Kamera nur hin und her gefahren und haben sich nicht an den Scanpfad gehalten. Das Ergebnis ist natürlich unpräzise.

Aber man kann doch noch einmal ansetzen?

Müller: Ja, aber ich muss merken, dass ich etwas falsch mache. Wenn ich einen Fehler zehnmal mache, interpretiert die Software das als korrekt und der Fehler setzt sich fort. Das bekommt man nur in den Griff, wenn man sich exakt an den Scanpfad bzw. an die Hersteller-Empfehlungen hält.

Kommen wir zum Thema offen versus geschlossen ….

Müller: Empfohlen werden offene Systeme. Doch niemand hat die Frage beantwortet, warum es eigentlich offene STL-Daten sein sollen. Denn STL ist nur ein reines Maschinenformat, das anhand von Koordinaten eine Oberfläche im Raum beschreibt, nicht mehr und nicht weniger. Es handelt sich um ein universell lesbares Format, das über alle Plattformen funktioniert, aber von unterschiedlichen Herstellern auch unterschiedlich interpretiert werden kann.

Das heißt?

Müller: Ganz einfach: Schicke ich ein Trios 4-STL oder Primescan-STL zu Invisalign, werden die den ablehnen.Wichtig ist es deshalb, genau zu schauen, was sich hinter einem Begriff wie „Offenes System“ konkret verbirgt. Allein STL-Daten exportieren zu können, bringt nicht viel. Man muss analysieren, welche Daten man teilen möchte. In der Regel sind das 3D-Daten, die zugehörigen Auftragsdetails und Daten wie die Oberflächentextur, Farbnahmen und Fotos. All das muss in einem sinnvollen digitalen Prozess an das Partnerlabor übertragen werden können, ohne den Datenschutz zu verletzten.

Der Auftrag muss offen sein, nicht nur der Scan. Wenn ich einen Scan mache für eine Krone oder Brücke, dann brauche ich die Daten, also die Identifikationsnummer, die Zahnfarbe, den Scan, das gewünschte Material etc. Besonders komfortable Vernetzungsmöglichkeiten und damit einen effizienten Workflow bieten die Cloud-Lösungen einiger Anbieter. Kurz: Ein offenes System ist kein Garant für einen sicheren Datentransfer zu den Partnern.

Was tut sich bei den aktuellen Scanner-Modellen in Sachen Schnelligkeit: Vor Jahren hieß es, ein Ganzkieferscan lasse sich in drei Minuten realisieren. Hat sich das gesteigert?

Parschau: Also ganz ehrlich, einen Ganzkieferscan in drei Minuten – das schaffen wir in unserer Praxis nicht. Ich möchte da auch gar keine Geschwindigkeitsrekorde aufstellen. Ein konventioneller Oberkieferabdruck braucht dreieinhalb Minuten, forme ich auch den Unterkiefer ab, bin ich schon bei sechs bis sieben Minuten. Wenn ich also den Ganzkieferscan in vier bis fünf Minuten schaffe, reicht mir das. Aus meiner Sicht ist nicht der Zeitvorsprung relevant, sondern die Patientenakzeptanz. Unsere Patienten wissen es sehr zu schätzen, kein Abformmaterial mehr im Mund haben müssen. Dazu kommt: Abformmaterial ist relativ teuer.

Müller: Dennoch, mit etwas Übung lässt sich aber heute ein Ganzkieferscan in drei Minuten durchführen, sogar in anderthalb, etwa für Schienen.

Wie steil ist dafür die Lernkurve?

Pohl: Das kann man so pauschal nicht beantworten. Das hängt vor allem davon ab, ob der Praxisinhaber die Umstellung auf den digitalen Workflow unterstützt und vorantreibt. Wir favorisieren unsere Scan Days mit unseren „gebuchten“ Intraoralscannern. Zuvor werden die Präparationen gemacht, dann übernimmt eine unserer Helferinnen vor Ort die digitale Abformung. Wenn die Präparation ein bis zwei Tage vor dem digitalen Abformen erfolgt, ist die Situation zudem blutfreier und der Scan einfacher.

Probleme bereitete stets das subgingivale Scannen …

Parschau: Das ist nach wie vor so, was man nicht sieht, lässt sich nicht scannen. Mit dünnflüssigem Silikon lassen sich solche Bereiche deutlich besser darstellen. Es wird immer Grenzsituationen geben, die einen Scan nicht erlauben.

Insbesondere die Implantologie soll die Domäne der optischen Abformung sein, warum?

Parschau: Das Scannen passt perfekt in den Workflow. Präfabrizierte Scan-Bodies und industrielle Abformpfosten finden sich in den Datenbanken der zahntechnischen Software wieder und lassen sich dadurch leicht matchen – das hat mich fasziniert. Erfasst ein Scanner nur 60 Prozent des Scan-Bodys, wird der Rest 1:1 aus der Datenbank ersetzt. Dazu kommt: Die Implantatpositionen stimmen.

Nach welchem Protokoll delegieren Sie in Ihrer Klinik/Praxis an wen?

Parschau: Der Scanprozess lässt sich delegieren, den Biss müssen natürlich Zahnärztinnen und Zahnärzte kontrollieren. Unsere ZFA scannen den Ober- und Unterkiefer komplett vor. Die zu präparierenden Bereiche schneiden wir Zahnärzte uns dann aus. Das hat zwei Vorteile:

  • Es geht schneller, ich scanne nur die Zähne des Patienten ein, die behandelt werden.
  • Es ist einfacher, Artefakte und Co. lassen sich vermeiden.

Misslingt ein Scan, wird er gelöscht und ersetzt. Das Schöne ist ja, dass die Bilder in Echtzeit auf dem Monitor erscheinen. Dann geht der STL-Datensatz ins Labor, wird dort kontrolliert und bearbeitet, ggf. beantworten wir die Rückfragen.
Setzen Sie den Scanner auch zu Präventionszwecken ein?
Parschau: Es gibt die Möglichkeit, den Patienten alle sechs Monate komplett durchzuscannen und die Scans nach einiger Zeit zu vergleichen, um den Abrieb und die Zahnstellungen etc. zu kontrollieren. Das Tool werde ich nutzen, sobald ich ausreichend Daten habe. Noch ist das nicht möglich, da ich erst seit zwei Jahren „Scanner“ bin.

Aber ich nutze die Intraoralkamera bereits heute natürlich für die Patientenaufklärung und -beratung.

Welche zusätzlichen Funktionen fehlen aus Ihrer Sicht noch?

Müller: Zusätzliche Funktionen vermissen unsere Kundinnen und Kunden eigentlich nicht. Aber am Preis sollte sich etwas tun.

Last but not least: Wie lauten Ihre Tipps für die Scannerwahl?

Müller: Das richtige System finden: Drei Extra-Tipps für die Entscheidungsfindung beim Intraoralscanner in der Praxis:

Vergleichen Sie die Kosten genau. Neben den Investitionskosten sollten Sie die Folgekosten genau ansehen. Diese Gebühren können je nach Anbieter sehr hoch sein, werden bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen aber häufig vergessen.
Achten Sie auf einen sehr guten Support nach dem Kauf. Sie benötigen fachkundige Hilfe bei der Einbindung in Ihre Prozesse und in Ihre IT – und eine umfassende Einweisung und Schulung, damit Sie das Gerät optimal bedienen und nutzen können.
Behalten Sie die Zukunftsfähigkeit des Systems im Blick. Es ist sinnvoll, sich für eine Lösung zu entscheiden, die modular erweiterbar ist – auch wenn Sie derzeit ein klar eingegrenztes Einsatzszenario im Blick haben. Und mit einem Hersteller, der technisch als Vorreiter gilt, fahren Sie auf lange Sicht besser als mit einem Hersteller, der nur selten neue Geräte oder innovative Technologien vorstellt.

 

Zusammenfassung
  • Die digitale Abformung legt den Grundstein für die Digitalisierung in der Zahnarztpraxis.
  • Die größten Herausforderungen bei der Umstellung von konventioneller Abformung auf die digitale liegen in der Neustrukturierung des Workflows und dem korrekten Scannereinsatz.
  • Gipsmodelle sind zwar noch nicht Geschichte, aber die Anzahl geht kontinuierlich zurück.
    Labore profitieren vom digitalen Abdruck fast noch mehr als die Praxen.
  • Das Scannen verbessert die Zusammenarbeit von Praxis und Labor enorm, was ganz neue Therapie- und Diagnostikmöglichkeiten schafft.
  • Eine Funktionsabformung per Scanner ist zwar nicht möglich, allerdings kann eine digital gefertigte Prothese auf Grundlage von intraoralen Scan-Daten gut passen.
  • Ein Scanner reicht für eine 2-bis 3-Behandlerpraxis aus. Der Trend in größeren Praxen geht eher zum Zweitgerät.
  • Wer sich nicht an Scan-Strategien oder -Empfehlungen der Hersteller hält, verschwendet Zeit und kann im schlimmsten Fall inkorrekte Scans fabrizieren.
  • Offene Systeme werden zwar empfohlen, doch allein STL-Daten exportieren zu können, bringt nicht viel. Der Auftrag muss interoperabel sein, sprich die 3D-Daten, die zugehörigen Auftragsdetails und Daten wie die Oberflächentextur, Farbnahmen und Fotos sollten zwischen Hersteller A und B austauschbar sein.

Die Experten

Foto:Privat

Max Müller 

Senior Manager, Projektmanagement ConnectDental bei Henry Schein und CAD/CAM Spezialist
max.mueller@henryschein.de

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ZTM Jörg Pohl 

seit 1992 Geschäftsführer der Dentallabor Pohl GmbH in Senden
info@pohl-dental.de

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Dr. Marcus Parschau

seit 2008 niedergelassen in eigener Praxis in Buchholz, Schwerpunkt Implantologie
marcus@dr-parschau.de