Restaurative Zahnheilkunde

Sind Universalmaterialien die neuen „Alleskönner“?

Universalmaterialien können zwar nicht alles, aber immer mehr. Das gilt für Universaladhäsive, Universalkomposite und Universalbefestigungszemente. Etablieren sich über kurz oder lang neue Goldstandards? Sind die traditionellen Methoden bereits überholt? Eine Standortbestimmung.


Universalmaterialien

1b: Universaladhäsive sind für die direkte (1a) und indirekte Restaurationen (1b) geeignet. © Elsayed


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Herr Dr. Blunck, steigen Universalmaterialien wie Universaladhäsive zum neuen Goldstandard für den Verbund von Restauration und Zahnhartsubstanz auf?

Blunck: Über kurz oder lang mit großer Wahrscheinlichkeit, denn Universalmaterialien wie Universaladhäsive sind ohne Zweifel die Zukunft. Das zeigt die Studienlage, das zeigen unsere eigenen Untersuchungen. An den Hochschulen und auch in vielen Praxen dominieren zum Teil zwar noch die etwas aufwendigeren Zwei-Schritt-Applikationen. Gründe dafür sind sicherlich Gewohnheiten, Stichwort „Never change a winning team“. An Hochschulen spielt aber auch der Ausbildungsaspekt eine Rolle: Wer die Zwei-Schritt-Applikation beherrscht, kann die Einschrittapplikation mit links.
Fakt jedenfalls ist: Universaladhäsive und die derzeitigen Goldstandard-Adhäsive liefern gleich gute Ergebnisse. Ein Riesenvorteil der Universaladhäsive ist, dass sie sowohl als Etch-&-Rinse-System als auch als selbstätzendes System angewendet werden können. Universaladhäsive ermöglichen somit flexibles Arbeiten. Denn in beiden Applikationstechniken sind sie gleich gut wirksam, wie Studien zeigen.

Wann spielt das denn eine Rolle?

Blunck: Wenn man etwa eine Kavität mit Schmelzanteil behandelt. Man ätzt mit Phosphorsäure, arbeitet also entweder mit einem Etch-&-Rinse-System oder einem Universaladhäsiv, bei dem die Etch-&-Rinse-Technik auch erfolgreich angewendet werden kann.

Es ist also deutlich unkomplizierter …

Blunck: … ja, weniger techniksensibel. Die Bedeutung auf dem Dentalmarkt ist auf jeden Fall gegeben und das finde ich auch gut und in keiner Weise bedenklich.
Krejci: Dennoch: Aus meiner Beobachtung werden Mehr-Flaschen-Adhäsivsysteme immer noch häufig eingesetzt, da bei den Privatpraktikern eine gewisse Skepsis gegenüber Universaladhäsivsystemen vorherrscht. Es besteht ein großer Bedarf an Aufklärung, um diese Skepsis zu überwinden.

Universalprodukte lassen sich für einen deutlich breiteren Indikationsbereich einsetzen. Das vereinfacht den Workflow erheblich. <span class="su-quote-cite">Dr. Adham Elsayed</span>

Elsayed: Das Umdenken und die Aufklärung sind in vollem Gange, nicht nur mit Blick auf die Adhäsive. Denn alle Universalprodukte lassen sich für einen deutlich breiteren Indikationsbereich einsetzen. Diese Reduzierung der Materialien macht den Workflow effektiver und schneller bei gleichzeitig hoher Qualität. Das vereinfacht den Praxisalltag der Zahnärzte und ihrer Teams.
Für Adhäsive gilt: Der Zahnarzt kann die Einflaschensysteme wie Clearfil Universal Bond Quick für alle Ätztechniken verwenden, für fast alle Indikationen, egal ob direkte Kompositfüllung, Stumpfaufbauten und oder indirekte Restaurationen.
Blunck: Mit dem „Quick“, also der Verkürzung der Zeit, habe ich allerdings noch so meine Schwierigkeiten. Die Qualität des Bondingsschritts ist sehr entscheidend fürs Endergebnis. Dass man ein Universaladhäsiv ohne Applikationszeit, ohne Einreiben, applizieren kann, könnte zu weniger Sorgfalt beim Bonding führen.

Aber es funktioniert …

Blunck: … schon, aber es fehlen natürlich die Langzeitdaten.
Elsayed: Die werden natürlich kommen. Bis dato zeigen Untersuchungen: Die Haftungsqualität bleibt gleich gut; die Fehleranfälligkeit sinkt aufgrund der Reduzierung der Arbeitsschritte und der deutlich geringeren Techniksensitivität. Clearfil Universal Bond Quick beispielsweise eignet sich für die Self-Etch, Selective- oder Etch-&-Rinse-Technik. Das sorgt für Freiheit bei der Anwendung. Bei vielen anderen Universal-1-Schritt-Bondings werden Monomere verwendet, die nur langsam in das Dentin eindringen. Mit Clearfil Universal Bond Quick kann dagegen ohne Wartezeit sofort weitergearbeitet werden. Möglich macht das die Rapid-Bond-Technologie. Sie kombiniert das Original-MDP-Haftmonomer mit neuen, hydrophilen Amid-Monomeren. Das sorgt für eine schnelle Penetration des Dentins. Ich nutze heute ausschließlich dieses Universaladhäsiv.


Bei welchen Indikationen stoßen Universaladhäsive klar an ihre Grenzen?

Krejci: Universaladhäsive weisen die gleichen Indikationen auf wie klassische mehrschrittige Systeme. Dabei gibt es meiner Meinung nach keine absoluten Indikationsgrenzen. Alles hängt von der individuellen Patientensituation und natürlich der korrekten Handhabung dieser Materialien ab.

Universaladhäsive haben eine dünne Schichtstärke, ist das ein Problem?

Elsayed: Die relativ dünne Schichtstärke der Universaladhäsive ermöglicht die separate Aushärtung des Adhäsives bei indirekten Restaurationen. Das ist durchaus ein Vorteil. In bestimmten Situationen – etwa bei der adhäsiven Dentinversiegelung (Immediate Dentin Sealing) muss diese „dünne Schichtstärke“ allerdings sorgfältig behandelt werden. Während der Verklebung darf die Adhäsivschicht auf keinen Fall komplett abgestrahlt werden.

Was kann passieren?

Blunck: Durch das Verdunsten des Lösungsmittels wird eine recht dünne Adhäsivschicht erzeugt, die zwar vorteilhaft für die Eingliederung indirekter Restaurationen ist, die aber in Kombination mit plastischen Kompositmaterialien durchaus kritisch sein kann. Wir wissen, dass an der Oberfläche von Adhäsiven, aber auch von Kompositen, die Radikale, die eigentlich die Doppelbindungen der Monomere aktivieren sollten, durch Sauerstoff genau daran gehindert werden. Dadurch entsteht eine sogenannte Sauerstoff-Inhibitionsschicht. Diese nicht ausreichend ausgehärtete Zone kann bei dünnen Adhäsivschichten den größten Anteil des aufgetragenen Adhäsivs darstellen.

Im Gros der Fälle lässt sich wohl auch mit nur einer Farbe, die sich der Umgebung anpasst, eine gute Ästhetik erreichen.<span class="su-quote-cite">Dr. Uwe Blunck</span>

Wenn nun das darüber liegende Komposit den Sauerstoff verdrängt und dadurch dann auch das Adhäsiv vollständig aushärtet, so erfolgt das zusammen mit den einwirkenden Polymerisationsschrumpfungskräften des Kompositmaterials. Daher zeigen Studien, dass ein höherer Haftverbund erreicht wird, wenn auf diese Schicht zunächst ein Flowable appliziert wird. Diese ebenfalls dünne Schicht aus hydrophobem dünnfließendem Komposit verhindert einerseits den Durchtritt von Dentinliquor durch die sogenannte semipermeable Membran des Universaladhäsivs und sichert gleichzeitig auch die vollständige Durchhärtung der Adhäsivschicht. Denn die Sauerstoff-Inhibitionsschicht wird nun an die Oberfläche der Flowable-Schicht verlegt.
Wenn jetzt die Polymerisationsschrumpfungskräfte des Komposits entstehen, können diese durch die sicher ausgehärtete Adhäsivschicht und die etwas elastischere Flowable-Schicht ideal aufgefangen werden. Genau das ist auch das Prinzip der Goldstandard-Präparate, zum Beispiel OptiBond FL mit seinem gefüllten Adhäsiv als zweite Schicht nach der Primer-Applikation oder das Heliobond beim Syntac, oder die zweite beim Clearfil SE Bond.

Kommen wir zu den Universalmaterialien der Universalkomposite …

Blunck: Befassen wir uns erst einmal mit der Begriffsklärung: Ein Universalkomposit im Sinne von Universalmaterialien lässt sich einerseits definieren als ein Komposit für alle Farben, kann also als chromo-adaptives Komposit bezeichnet werden, andererseits als ein Kompositmaterial sowohl für den Front- als auch für den Seitenzahnbereich. Im Fokus der Seitenzahnkomposite standen stets die Stabilität und physikalischen Eigenschaften. Bei Frontzahnkompositen widmete man sich mehr der Farbgebung, also der Polierbarkeit, den verschiedenen Opazitäten und Kombinationen der Farbeinwirkungen.

Sprich, moderne Universalkomposite sind chromo-adaptive Komposite für den Front- und Seitenzahnbereich?

Blunck: So könnte man es formulieren, wobei der Einsatz im Frontzahnbereich für chromo-adaptive Komposite kritischer gesehen wird und sicherlich nur dann möglich ist, wenn die Schicht nicht von vestibulär nach oral reicht.

Geworben wird derzeit vor allem mit der Möglichkeit der schnellen Farbbestimmung und Herstellung ästhetischer, langlebiger direkter Restaurationen mit einer einzigen Farbe. Es scheint nur Vorteile zu geben …

Krejci: Die rasche und einfache Farbbestimmung ist tatsächlich ein großer Vorteil, allerdings darf man keine Wunder erwarten. Die stark eingeschränkte Farbpalette deckt Standardsituationen sehr gut ab, allerdings entsprechen diese Standardsituationen vielleicht 80 Prozent der Patienten. Für Spezialfälle muss immer noch ein relativ hoher Aufwand mit klassischen Restaurationsmaterialien betrieben werden.
Blunck: Das sehe ich ähnlich, im Standard-Bereich wird es kaum Grenzen geben. Wenn aber starke Verfärbungen am Kavitätenboden auftreten, reicht die eine Farbe nicht mehr. Dann braucht es Blocker mit sehr hellen, weißen opaken Farben, die diese abdecken.
Aber im Gros der Fälle lässt sich wohl auch mit nur einer Farbe, die sich der Umgebung anpasst, eine gute Ästhetik erreichen – und das deutlich einfacher als wenn man sich aus dem Sortiment eines Komposits mühselig die vermeintlich perfekte Farbe heraussucht. Doch stets vorausgesetzt, der Zahn weist keine unterschiedlichen Opazitäten und Farbnuancen auf. Denn dann wird es mit der einen Farbe natürlich schwierig.


Kommt das denn häufig vor?

Blunck: Nein, 80 Prozent der Fälle dürften Standardsituationen sein, wie Professor Krejci schon erwähnte. Zudem kann ich die Farbe an dem Dentinkern sehr gut anpassen und mit transparenten Farben das Ganze verfeinern. Und ob ich wie gesagt aus dem immensen Farbsortiment herkömmlicher Komposite stets die wirklich korrekte Farbe treffe, ist auch fraglich.
Beuer: Aus Anwendersicht ist für jede kleinere Seitenzahnfüllung ein Universalkomposit absolut ausreichend, wenn nicht der höchste ästhetische Anspruch da ist. Für eine Frontzahnfüllung ist es sicher nicht das richtige Material.
Elsayed: Das sehe ich auch so. Um sich tatsächlich allen Restaurationsklassen und Farbtönen anpassen zu können, müssen chromo-adaptive Komposite extrem transparent sein. Das funktioniert gut im Seitenzahnbereich, im Frontzahnbereich aber nicht. Denn dort beeinflussen weitere Faktoren das klinische Outcome, die dunkele Mundhöhle etwa, die Gingiva und die Zunge.

Sprich: Sehr transluzente Universalkomposite liefern keine gute Ästhetik im Frontzahnbereich?

Elsayed: Ganz genau. Das neue CLEARFIL MAJESTY ES-2 Universal löst exakt dieses Problem. Dieses Komposit basiert auf einem universellen Farbsystem mit nur einer Farbe für den Seitenzahnbereich und zwei Farben von unterschiedlicher Opazität für den Frontzahnbereich.

Wie geht man damit vor?

Elsayed: Man nimmt im Frontzahnbereich eine ganz einfache Farbbestimmung vor. Je nachdem, ob es eher in Richtung dunkel oder hell tendiert, wählt man die entsprechende Spritze. Das optimiert die Opazität für die Frontzähne und führt mit simplen Möglichkeiten ohne Einsatz eines Opakers oder Blockers zu sehr guten ästhetischen Ergebnissen. Das vereinfacht den Workflow deutlich. Möglich macht es die sogenannte Light Deffusion Technology. Diese Technologie sorgt im Komposit für eine ähnliche Streuung des einfallenden Lichtes wie auf der benachbarten Zahnhartsubstanz. Dies führt dazu, dass sich das Material unauffällig in das Gesamtbild integriert.

Im Seitenzahnbereich ist nur eine Farbe aber kein Problem, korrekt?

Elsayed: Nein, und die meisten direkten Komposit-Restaurationen sind im Seitenzahnbereich anzufertigen. Dort ist ein Material gefragt, das vorteilhafte Verschleißeigenschaften, gute optische Integration und geringe Schrumpfungsspannungen bietet. Die Restauration sollte sich unauffällig in das Gesamtbild einfügen und potenziell verfärbte Zahnhartsubstanz am Kavitätenboden zuverlässig abdecken. Das lässt sich zum Beispiel mit dem Universalkomposit Clearfil Majesty ES-2 Universal mit nur einer Farbe – unabhängig von der Zahnfarbe – sehr einfach realisieren.

Für Spezialfälle muss immer noch ein relativ hoher Aufwand mit klassischen Restaurationsmaterialien betrieben werden.<span class="su-quote-cite">Prof. Dr. Ivo Krejci</span>

Haben denn die nicht-chromo-adaptiven Komposite vor diesem Hintergrund überhaupt noch ihre Berechtigung?

Elsayed: Ja, für hochästhetische Frontzahnrestaurationen verwende ich Kompositsysteme, die aus mehreren Massen mit verschiedenen Opazitäten – Dentin, Schmelz und Transluzent – bestehen. Bei korrekter Schichttechnik lassen sich damit hochästhetische Ergebnisse erreichen. Zum Beispiel das Clearfil Majesty ES-2 Premium System kann die unterschiedlichen Opazitäten der Zahnhartsubstanzen Schmelz und Dentin imitieren.

Wie schneiden Universalkomposite mit Blick auf die Überlebensrate ab und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für deren Einsatz in der Füllungstherapie?

Krejci: Die Zusammensetzung der Universalmaterialien unterscheidet sich nicht wesentlich von derer klassischer Komposite. Obwohl langfristige klinische Daten noch nicht verfügbar sind, kann davon ausgegangen werden, dass die Überlebensraten von Universalmaterialien jenen der klassischen ‧Komposite entsprechen werden.
Kommen wir zur Befestigung, dominieren heute Universalmaterialien, sprich die selbstadhäsiven Befestigungszemente?
Beuer: Definitiv! Sie sind Standard und haben das klassische Befestigungsprotokoll, zumindest was zahnfarbene Materialien angeht, vor allem Zirkonoxid, im Grunde abgelöst.

Wie häufig setzen Sie sie ein?

Beuer: Fast immer, also für alle zahnfarbenen Zahnkronen und Brücken im Seitenzahnbereich. Selbst Metallbrücken würde ich damit einsetzen.

Wann sind konventionelle Zemente überhaupt noch indiziert?

Beuer: Gelingt die Trockenhaltung nicht, wechsele ich auf einen klassischen Befestigungszement. Aber ansonsten haben Panavia SA Cement Universal und Co. bei uns den klassischen Zement definitiv abgelöst.
Elsayed: Ich schließe mich an. Denn die Vorteile der adhäsiven Befestigung überwiegen.
Die adhäsive Befestigung stabilisiert die Zahnhartsubstanz und die Restauration. Das ist bei der konventionellen Zementierung nicht der Fall.

Aber konventionelle Zementierung ist nach wie vor doch beliebt, weil sie so einfach ist …

Elsayed: Lange war die adhäsive Befestigung deutlich komplizierter als die konventionelle Zementierung. Doch das ist überholt. Und das Arbeiten mit selbstadhäsiven Befestigungsmaterialien gestaltet sich noch einfacher. Für die Befestigung von Kronen und Brücken sehe ich überhaupt keinen Grund, auf konventionellen Zement zurückzugreifen. Selbstadhäsive Befestigungskomposite sind eine perfekte Alternative zur konventionellen Zementierung.

Ich halte fest: Selbstadhäsive Befestigungskomposite sorgen für einen sicheren Verbund zur Zahnhartsubstanz mit dem Restaurationsmaterial ohne separate Konditionierung und ohne Applikation eines Adhäsivsystems. Noch einmal ganz deutlich: Wann sind sie indiziert, wann nicht?

Krejci: Diese Materialklasse ist insbesondere für Restaurationen geeignet, deren Präparation vollständig im Dentin liegt, da ihre Haftung am Schmelz begrenzt ist. In dieser Indikation sind sie sinnvoll und erfolgreich.
Beuer: Das sehe ich genauso: Auf Dentin als Substrat funktionieren selbstadhäsive Befestigungskomposite wie echte adhäsive Befestigungskomposite.
Doch bei Schmelz als Substrat reicht die Säure nicht aus. Da braucht es ein anderes System mit einer Schmelzätzung. Limitationen der Universalbefestigungsmaterialien liegen also in der Schmelzbefestigung. Man könnte natürlich Fälle schmelzätzend behandeln mit einem Adhäsiv und dann ein Universalmaterial nutzen. Da sich Schmelzbefestigungen aber gut trockenlegen lassen, halte ich das für zu aufwendig. Ich bevorzuge in solchen Fällen ein echtes adhäsives Befestigungssystem.
Elsayed: Korrekt, für die Befestigung von Adhäsiv- oder Inlaybrücken, bei denen die Präparation hauptsächlich im Schmelz liegt, empfehle ich ein volladhäsives Befestigungssystem, auch, weil die traditionellen volladhäsiven Systeme eine noch höhere Haftung als selbstadhäsive Befestigungskomposite haben. Fehlt die retentive Präparation, wie das bei Adhäsiv- und Inlaybrücken der Fall ist, wähle ich deshalb Panavia V5. Volladhäsive Befestigungskomposite eignen sich auch für hochästhetische Veneer-Versorgungen besser als selbstadhäsive Befestigungszemente. Denn die Farbauswahl ist umfassender und die Farbstabilität höher.


Bergen bei den Universalmaterialien die Universalbefestigungszemente auch Kontraindikationen hinsichtlich der Restaurationsmaterialien?

Beuer: Nein, die selbstadhäsiven Befestigungszemente enthalten die MPD-Monomere für das Zirkonoxid, die Silane für die Glaskeramik und sogar den Haftvermittler für Metalle. Auf der Materialseite sehe ich keine Kontraindikationen. Eine Ausnahme könnten allenfalls kunststoffbasierte Materialien darstellen, die ja oft eine klassische adhäsive Befestigung verlangen. Da muss man sich aber auf die jeweiligen Herstellerangaben des Materials verlassen und sich nach diesen Empfehlungen richten. Eine Adhäsivbrücke oder eine schmelzbegrenzte Teilrestauration würde ich allerdings auch nicht mit einem selbstadhäsiven Befestigungskomposit befestigen.

Wie schneiden Universalbefestigungszemente in Studien ab?

Beuer: Sie sind ähnlich erfolgreich wie konventionelle oder adhäsive Befestigungen, aber deutlich einfacher als echte adhäsive Befestigungen. Von daher stellt sich die Frage: Für welche Indikation außer für die Schmelzbefestigung brauchen wir denn überhaupt noch die echten adhäsiven Befestigungssysteme? Für die Dentinbefestigung sicher nicht.
Blunck: Aber: Selbstadhäsive Befestigungskomposite benötigen schon eine friktive Präparation. Wenn die Haftung am Stumpf im Vordergrund steht, also nicht genügend Friktion vorhanden ist, halte ich das klassische Befestigungskomposit in Kombination mit der Adhäsivtechnik für das Mittel der Wahl.

Last, but not least: Was erwarten Sie von der nächsten Generation der Universalmaterialien, der „Alleskönner“?

Blunck: Dass sie wirklich alles können, das ist natürlich ein Wunschdenken. Aber ich wünsche mir zum Beispiel, dass die selbstadhäsiven Komponenten perfektioniert werden.
Beuer: Schön wären tatsächlich echte Befestigungs-Alleskönner, die unabhängig vom Substrat auf der Zahnseite stets die besten Haftwerte und Langzeitergebnisse liefern. Wenn also die heutigen selbstadhäsiven Befestigungszemente auf Schmelz genauso gut funktionieren würden wie ein Phosphorsäure-Ätzsystem – das wäre so eine Idealvorstellung.
Krejci: Ich bin unabhängig von den Wunschvorstellungen der festen Überzeugung, dass sich Universalmaterialien immer mehr durchsetzen werden. In näherer Zukunft wird sich die Weiterentwicklung bei den Universalkompositen auf eine weitere Optimierung der Glanzbeständigkeit sowie der optischen Eigenschaften fokussieren. Langfristig zeichnet sich eine Abkehr von der gegenwärtig eingesetzten Methacrylatchemie hin zu noch weniger schrumpfenden, hydrophoberen und verfärbungsstabileren Matrixmonomeren ab.

Die Limitationen der Universalbefestigungsmaterialien liegen in der Schmelzbefestigung.<span class="su-quote-cite">Prof. Dr. Florian Beuer</span>

Bei den Universaladhäsivsystemen wurde bereits heute ein außerordentlich hoher Entwicklungsstand erreicht. Hier geht es nur noch darum, längerfristige klinische Daten bereitzustellen, um die allgemeine Skepsis gegenüber dieser Materialkategorie zu entkräften.
Elsayed: Universalprodukte haben einfach das Ziel, den Behandlungsablauf effizienter zu machen. Einfacher, schneller und mit guter Qualität, das ist auch in der Literatur belegt. Trotzdem bleibt natürlich die korrekte Anwendung das A und O, sprich: Das Wichtigste ist der Behandler:

  • Er muss den korrekten Einsatzbereich der Universalmaterialien wählen.
  • Er muss entscheiden, ob das Produkt für die jeweilige Indikation geeignet ist oder nicht.
  • Er verantwortet die korrekte Vorbereitung und Anwendung des Materials.

Eine Wunschvorstellung wäre natürlich die Entwicklung eines selbstätzenden selbstadhäsiven Komposits, also eines Komposits, das man direkt legen kann, ohne Ätzung, ohne Adhäsiveinsatz. Das würde die Fehleranfälligkeit noch einmal erheblich reduzieren. Erste Produkte gibt es bereits, aber es besteht noch Verbesserungsbedarf mit Blick auf die Haftung. Es bleibt spannend!

<strong>Zusammenfassung Universalmaterialien</strong>
  • Universalmaterialien lassen sich für einen deutlich breiteren Indikationsbereich einsetzen. Diese Reduzierung der Materialien macht den Workflow effektiver und schneller bei gleichzeitig hoher Qualität.
  • Universaladhäsive und die derzeitigen Goldstandard-Adhäsive liefern gleich gute Ergebnisse, lassen sich aber sowohl als Etch-&-Rinse-System als auch als selbstätzendes System anwenden.
  • Universalkomposite sind chromo-adaptive Komposite für den Front- und Seitenzahnbereich.
  • Mit einem neuen Universalkomposit-System mit nur einer Farbe für den Seitenzahnbereich und zwei Farben von unterschiedlicher Opazität für den Frontzahnbereich lassen sich fast alle Fälle ästhetisch lösen.
  • Limitationen der selbstadhäsiven Befestigungszemente liegen in der Schmelzbefestigung.

Die Experten

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© privat

Prof. Dr. Ivo Krejci
Direktor des Departements für Präventivzahnmedizin und zahnmedizinische Grundversorgung der Universität Genf
ivo.Krejci@unige.ch

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Prof. Dr. Florian Beuer
Direktor der Abteilung für Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre an der Charité Berlin
florian.beuer@charite.de

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Dr. Adham Elsayed
Clinical and Scientific Manager DACH Kuraray Noritake Dental, Spezialist für Prothetik der DGPro
adhamfawzy.elsayed@kuraray.com

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Dr. Uwe Blunck
Oberarzt der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin, Charité Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Berlin
uwe.blunck@charite.de