Sofortimplantation

Sofortimplantationen mit Anthogyr: einfach und patientengerecht

Seit 2011 hat sich die Anzahl der Sofortimplantationen weltweit verdreifacht – vor allem, weil Hersteller sich auf das Patientenbedürfnis nach Sofortversorgung mit einfachen und durchdachten Systemen einstellen. Wie unkompliziert das Prozedere sein kann, demonstriert Dr. Anke Isser im Interview. Ob Einzelzahn- oder Full-Arch-Versorgung – mit dem richtigen System erzielen auch Einsteiger vorhersagbare Ergebnisse.


Abformpfosten Sofortimplantationen Anthogyr Sofortimplantation

Fall 1: Abformung mit verblockten Abformpfosten © Isser


Je durchdachter das System für Sofortimplantationen, desto vorhersagbarer das Ergebnis, würden Sie das unterschreiben?

Isser: Ja, denn ein durchdachtes Implantatsystem für Sofortimplantationen hilft, Komplikationen zu vermeiden und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Deutlich wird das bei Full-Arch-Versorgungen auf vier und sechs Implantaten mit dem Axiom Multi Level-System. Das System verfügt über je zwei Implantattypen sowohl als Bone- als auch als Tissue Level-Variante, sodass insgesamt vier verschiedene Implantate mit nur einer OP-Kassette inseriert werden können. Auf diese Weise kann der Operateur auch intraoperativ auf veränderte oder unerwartete Situationen flexibel reagieren. Der Clou ist die neue Innenverbindung der Tissue Level-Implantate. Durch ein inLink-Abutment lassen sich Bone Level-Implantate zu Tissue Level-Implantaten „umbauen“. Die inLink-Verbindung kann somit sowohl indexiert als auch nicht-indexiert genutzt werden.


Wann favorisieren Sie was?

Isser: Bei einer Full-Arch-Versorgung bevorzuge ich die nicht-indexierte Verbindung. Denn die temporären Abutments für die verschraubte Sofortversorgung lassen sich ohne Index direkt nach Implantatinsertion schnell und einfach ausrichten, unabhängig von der Ausrichtung der Implantate und deren Indices.

Durch die häufig starke Achsendivergenz der Implantate bei der Full-Arch-Versorgung kann es bei Implantatsystemen mit indexierten und/oder in die Innenverbindung greifenden Abformpfosten zudem zu Abformfehlern kommen.

Warum?

Isser: Weil die Abformpfosten stark divergieren und somit die Rückstellfähigkeit des Abformmaterials stark beansprucht oder gar überlastet wird. Bei der inLink-Verbindung können die Abformpfosten dagegen nicht in den Index und die Innengeometrie greifen. Selbst wenn die Abformpfosten bei der Abformung verblockt werden, besteht nicht die Gefahr, die Abformung nicht mehr aus dem Mund des Patienten entnehmen zu können.

Anthogyr dürfte als wohl einziger Hersteller die Möglichkeit bieten, bei Full-Arch-Versorgungen auf Multi-Unit-Abutments verzichten zu können …

Isser: Richtig – und das ist eine echte Innovation. Die Multi-Unit-Aufbauten kompensieren beim Full-Arch-Konzept die Divergenzen der Sofortimplantationen im Front- und Seitenzahnbereich. Dies war konstruktionsbedingt bei Achsendivergenzen von bis zu 45 Grad möglich. Aber es braucht Erfahrung: Wer mit inLink nicht zurechtkommt, kann auf Multi-Unit-Aufbauten wechseln.

Bei allen mir bisher bekannten Herstellern werden die dafür notwendigen Schrauben zur Befestigung der okklusal verschraubten Brückenkonstruktion von der Kaufläche eingeführt, sodass das Gerüst deutlich größer sein musste, um die Schrauben mit ihrem Kopf und in den entsprechenden Längen einführen zu können.

Bei den Tissue Level-Implantaten von Anthogyr – oder bei den Bone-Level-Implantaten mit inLink-Abutment – wird das Gerüst direkt auf Höhe der Implantatschulter ohne irgendeine Art von Abutment aufgesetzt und verschraubt. Die Schraube wird von der Gerüstbasis aus eingeführt, sodass der Zugang von okklusal viel kleiner gestaltet werden kann, da nur der kleine Schraubendreher eingebracht wird und nicht mehr die Befestigungsschraube durchgeführt werden muss. Dieser „Trick“ erlaubt, die Befestigungsschraube stärker zu gestalten. Sie fällt somit bei Abnahme der Versorgung nicht aus dem Gerüst, und es lassen sich Achsendivergenzen von Implantaten bis zu 50 Grad (versus bis zu 45 Grad bei anderen Systemen) ausgleichen.


Bone-Level Implantate können über ein inLink-Abutment zu Tissue-Level-Implantaten umgebaut werden. Damit fällt doch der Vorteil eines fehlenden Abutments zwischen Gerüst und dem Implantat weg …

Isser: … aber man profitiert noch immer von dem möglichen größeren Ausgleich von Achsendivergenzen und der kleineren Gerüstgestaltung.

Bei welchen Indikationen für Sofortimplantationen kommt so ein Umbau in Ihrer Praxis überhaupt vor?

Isser: Wenn ich mit Tissue-Level-Implantaten full-guided arbeiten muss, zum Beispiel bei Full-Arch-Konstruktionen auf vier oder sechs Implantaten. Denn noch gibt es keine Möglichkeit, Tissue-Level-Implantate komplett navigiert inserieren zu können. Anthogyr arbeitet aber daran.

Unser Fallbeispiel zeigt die zweite Indikation: Nach abgeschlossener Planung entschied sich die Patientin gegen die ursprünglich favorisierte zementierte Brückenversorgung und wünschte sich eine verschraubte Lösung.

Wo spielt der indexierte Konus seine Vorteile aus?

Isser: Bei Einzelzahnversorgungen. Indexierte Konusverbindungen mit dem anthogyr-typischen Morsekonus entlasten die Abutmentschraube. Das reduziert das Risiko von Abutmentlockerungen während der ersten acht bis zehn Wochen der Einheilphase.

Kommen Abutmentlockerungen denn heute noch häufig vor?

Isser: Nein, Schraubenlockerungen sind in der Regel eher eine Frage des Verschleißes und treten nach langer Tragedauer einer implantatprothetischen Versorgung auf. Aber Sofortimplantationen sind anspruchsvoll und da möchte ich persönlich mit allen Komponenten so sicher wie möglich sein, dass keine Komplikationen eintreten, die mein Behandlungsergebnis gefährden können.

Ich selbst nutze auf Wunsch der Überweiser sechs unterschiedliche Implantat-Systeme. Ich hatte zwar nur einmal eine Schraubenlockerung während der Einheilphase bei einer Sofortversorgung eines Implantate in Region 12 – aber das hat mir gereicht.

Vereinfacht ist das Bohrprotokoll. Inwieweit reduziert das die OP-Zeit?

Isser: Das hängt von der Situation ab. Bei einem einfachen Implantat in Region 15 macht das vielleicht nur ein/zwei Minuten aus, bei einem schwer zugänglichen Implantat vielleicht bis zu fünf. Das Entscheidende ist: Weniger Bohrer bedeuten weniger Material, das gepflegt und ausgetauscht werden muss und weniger Zeit für die Aufbereitung der OP-Box. Das entlastet den Patienten letztlich auch finanziell. Mein Team schätzt die abgespeckte übersichtliche OP-Kassette sehr.

Konische Systeme gelten mit Blick auf die prothetische Versorgung als komplizierter. Es fehlt in der Regel der definierte vertikale Anschlag. Logischerweise führen schon kleine Abweichungen des Konuswinkels zu einem Höhenversatz. Viele Kollegen betrachten das als ein Problem.

Isser: Ich nicht. Vielleicht ist das darauf zurückzuführen, dass ich mit konischen Systemen das Implantieren gelernt habe und meine Planung entsprechend ausrichte.

Mit welchem genau?

Isser: Bis zu meinem Wechsel zu Anthogyr war ich überzeugte Ankylos-Anwenderin. Was mich damals störte war weniger das Risiko eines Höhenversatzes, sondern dass schwer zugängliche Situationen einen Übertragungsschlüssel erforderlich machten. Das Problem hat auch der Ankylos-Index nicht lösen können. Im Gegenteil: Die Positionierung wurde durch die zahnradartige und filigrane Geometrie des Index eher erschwert als verbessert. Der Übertragungsschlüssel war auch weiterhin notwendig. Aber bitte, nicht falsch verstehen: Übertragungsschlüssel sind in der Regel hilfreich und bei komplexen Versorgungen greife ich immer darauf zurück. Aber es sollte kein „Muss“ sein. In manchen Situationen lässt sich ein Übertragungsschlüssel kaum einsetzen und es fällt leichter, das Abutment frei zu positionieren.

Wie haben Sie den Umstieg auf ein so reduziertes System empfunden?

Isser: Als völlig unproblematisch, als ehemalige Ankylos-Anwenderin bin ich schließlich reduzierte Systeme gewöhnt. Leider wurde Ankylos in den letzten Jahren kaum weiterentwickelt.

Haben Sie deshalb das System gewechselt?

Isser: Der Umstieg war eigentlich gar nicht geplant, aber das gab letztlich den Ausschlag. Vor sechs Jahren kam eine Vertreterin der mir völlig unbekannten Marke Anthogyr in unsere Praxis. Hätte ich sie nicht als absolut qualitätsorientierte Außendienstmitarbeiterin eines anderen Herstellers gekannt, hätte ich mir das System nicht einmal angesehen.
Als Ankylos-Anwenderin hat mich Anthogyr aber sofort begeistert. Denn es ähnelt dem Ankylos-Prinzip. Alle Implantate der verschiedenen Produktlinien verfügen beispielsweise über einen einheitlichen Durchmesser in der Innengeometrie – auch wenn der äußere Durchmesser sich unterscheidet. Konkret bedeutet das eine hohe Flexibilität und einen minimalen Materialaufwand bei der prothetischen Versorgung.

Anthogyr Innenverbindung

Anthogyr sehe ich als eine Art Zwitter zwischen Ankylos und Camlog. Das Verbindungselement ist ein sogenannter Trilob mit einem Morsekonus: Bakteriendichte und Stabilität eines Konus, aber wie bei Camlog nur drei Positionen, wodurch die prothetischen Komponenten sehr schnell und unkompliziert gewechselt werden können. © Isser

Gingivaformer, Abformpfosten, Laboranaloge sind für alle Implantat-Durchmesser identisch. Das vereinfacht die täglichen Abläufe wie Bestellvorgänge oder Lagerhaltung immens. Gegenüber Ankylos hat das Anthogyr-System darüber hinaus den Vorteil, dass vier unterschiedliche Implantat-Typen mit nur einer Bohrkassette inseriert werden können. Das bietet so kein anderer Hersteller. Das Implantatsystem orientiert sich sehr an den Bedürfnissen der Chirurgen und Prothetiker, ist durchdacht und verfügt über eine anwenderfreundliche Innenverbindung.

Halten Sie das System der Sofortimplantationeb für einsteigergerecht?

Isser: Auf jeden Fall. Die reduzierte Instrumenten-Anzahl macht das System übersichtlich, ohne dass der Anwender auf prothetische Komponenten verzichten muss. Der Behandler hat die Wahl zwischen dem Standard-Implantat Axiom-Reg – entweder als Bone- oder Tissue-Level-Implantat – mit einer guten Primärstabilität, das im Handling zunächst für Anfänger etwas leichter zu handhaben und für alle Indikationen geeignet ist.

Das Axiom-PX wird ebenfalls als Bone- und als Tissue Level-Implantat angeboten und verfügt über ein sehr progressives und selbstschneidendes Gewinde, mit dem je nach Knochenquantität und –qualität eine sehr hohe Primärstabilität erreicht werden kann. Vergleichbar ist dieses Implantat für mich am ehesten mit dem NobelActive Implantat, das speziell für Sofortimplantationen konzipiert wurde.


Das Bohrprotokoll ist im Vergleich zu dem Standard-Implantat reduziert. Die Aufbereitung erfolgt für diesen selbstschneidenden Implantattyp Axiom-PX stärker unterdimensioniert als für das Axiom Reg-Implantat. Durch die reduzierte Aufbereitung und das Implantat- und Gewindedesign entsteht eine spürbar höhere Primärstabilität. Das Risiko bei höheren Eindrehmomenten ist, dass weniger erfahrene Kollegen bei der Insertion durch den höheren manuellen Druck auf das Einbringinstrument versehentlich von der ursprünglichen Bohrachse abweichen können.

Welche Drehmomente können mit dem Axiom-PX denn erreicht werden?

Isser: Das hängt von der Knochenqualität ab und lässt sich so pauschal nicht sagen. Ich hatte jedoch noch nie Probleme, die für Sofortversorgungen empfohlenen 30–35 Ncm zu erreichen. Ich sehe den Vorteil für Einsteiger vor allem darin, dass mit dem System grundsätzlich alle Indikationen abgedeckt werden können, da es wenig chirurgische Komponenten enthält, aber prothetisch alle Möglichkeiten der bewährten Implantatsysteme der Global Player hat.

Anthogyr-Implantate sollen eine Bonespreading-Wirkung haben. Wie darf ich das verstehen?

Isser: Das Axiom-PX weist aufgrund seiner Gewindegeometrie mit dem sehr progressiven Gewinde mit einem sogenannten back taper, eine bauchartige Außengeometrie, auf, sodass der Oberkieferknochen bei der Insertion nach einer unterdimensionierten Bohrung aufgedehnt wird. Das kann bei geringen Regionen mit geringer horizontaler Alveolarkammatrophie dabei helfen, Augmentationen zu vermeiden.

Anthogyr inLink Befestigungsschraube

Vorteil des inLink-Konzepts: Die Befestigungsschraube wird von basal mit einem Haltering eingebracht © Isser

Wie viel Knochen muss für das Bonespreading noch vorhanden sein?

Isser: Ein horizontales Knochenangebot von 3–4 mm und ein vertikales von etwa 10 mm. Das Bonespreading-Protokoll ist allerdings keine Einsteigerindikation.

Last, but not least: Könnten Sie heute alle Implantatfälle mit Anthogyr versorgen, oder braucht es noch weitere Systeme für Sofortimplantationen?

Isser: Anthogyr ist mein Hauptsystem für Sofortimplantationen, wenn der Überweiser kein explizites Implantat-System wünscht, sodass unsere Patienten überwiegend mit dem Anthogyr-System versorgt werden.


Die Expertin

Anke Isser

© privat

Dr. Anke Isser ist seit November 2000 niedergelassen als Oralchirurgin und Zahnärztin in Frankfurt am Main. Tätigkeitsschwerpunkte: Implantologie und Parodontologie
dr.isser@zahnwerk-frankfurt.de