Prothetik

Neuer Chairside-Werkstoff ZLS

Zirkonverstärktes Lithiumsilikat (ZLS) eröffnet neue Perspektiven für die Chairside-Herstellung von Zahnersatz. Entscheidender Vorteil für die Praxis: Vom Inlay bis zur Krone – der Zahnarzt kommt mit nur einem Material aus.



Speziell für die Chairside-Anwendung wird ZLS aktuell als ein CAD/CAM-Block für CEREC zur Verfügung gestellt (CELTRA Duo). Dieser kann wegen der leichteren Beschleifbarkeit des Werkstoffs im voll auskristallisierten Zustand in der Schleifeinheit des Cerec-Systems (Sirona) verarbeitet werden.

Somit entfällt ein Kristallisationsbrand, und es kann bei Bedarf unmittelbar nach Beendigung des Schleifvorgangs poliert und adhäsiv eingegliedert werden. Dies bietet sich besonders für die Anfertigung von Inlays und Onlays an. Durch die hohe intrinsische Festigkeit im Auslieferungszustand von 420 MPa1 besteht nach der Bearbeitung in der Schleifeinheit immer noch eine Festigkeit von 210 MPa1, die über der von herkömmlicher Glaskeramik liegt. Durch einen Glasurbrand kann sogar nahezu wieder die im Auslieferungszustand vorhandene intrinsische Materialfestigkeit (420 MPa1) mit 370 MPa1 erreicht werden. Letzteres bietet sich besonders für die Anfertigung von Kronen an.

Mechanische Eigenschaften

Bei einem Versuch an der Universität Heidelberg wurden Frontzahnkronen aus glasiertem ZLS (CELTRA Duo), Lithiumdisilikat (e.max, Ivoclar Vivadent, Schaan) und Feldspatkeramik (Vita Mark II*, Vita Zahnfabrik Henry Rauter GmbH Co KG, Bad Säckingen) an der Inzisalkante von oral belastet. Die Kronen wurden auf CoCr-Stümpfen mit einem Kompositzement fixiert. Eine Hälfte wurde auf statische Festigkeit überprüft und die andere Hälfte nach Temperaturwechsellast (5 °C/55 °C 6.000 Zyklen) mechanisch 1,2 Millionen Mal mit 86 N belastet. Anschließend wurde die Festigkeit der Kronen bis zum kompletten Versagen mechanisch geprüft.

Hierbei wird nicht nur die Festigkeit bis zum Bruch untersucht, sondern auch das Auftreten von ersten Defekten im Gerüst durch akustische Detektion aufgenommen, zum Beispiel Risse, die schon bei geringeren Belastungen entstehen. Dieser Versuch zeigt, dass bei dem verwendeten ZLS erste Risse bzw. Schädigungen vor Alterung erst bei deutlich höherer Belastung (667 N) auftreten als bei Lithiumdisilikat (525 N). Nach Alterung zeigt CELTRA erste Risse erst bei 742 N und Lithiumdisilikat schon bei 402 N.

CELTRA Duo zeigte bei Verwendung einer Glasur keinen statistisch signifikanten Abfall der Belastbarkeit nach Alterung (von vorher 725 N auf 766 N gealtert) in dieser Kausimulation im Vergleich zu Lithiumdisilikat (von vorher 701 N auf 485 N gealtert) und Feldspatkeramik (Alterung von 554 N auf 372 N).

Adhäsive Befestigung

Die Verklebung der beschriebenen ZLS-Restaurationen kann mit einem zertifizierten System erfolgen (CELTRA Cementation System). Es besteht aus einem Etch–Rinse-Adhäsiv (XP BOND), dem zugehörigen Aktivator für die Selbsthärtung („Self Cure Activator“) und einem Kompositzement (Calibra) in den Farben „Transluzent“ und „Medium“.

Der Self Cure Activator sorgt dafür, dass sich das eigentlich lichthärtende Adhäsiv mit dual- und chemisch härtenden Kompositen verbindet. In Kombination mit dem Kompositzement entsteht darüber hinaus ein dual-härtendes Befestigungssystem, bei dem zugunsten der Einpassung auf die separate Lichthärtung der Adhäsivschicht verzichtet werden kann. Zudem sind noch Silan zur Vorbehandlung der ZLS-Restauration und Ätzgel für die Anwendung des Adhäsivs in der Etch–Rinse-Technik enthalten.

Es bestehen immer wieder Zweifel daran, ob ein Adhäsiv noch genügend Leistung entfaltet, wenn auf die separate Lichthärtung der Adhäsivschicht verzichtet wird. Frankenberger et al. [3] untersuchten deshalb die Randqualität von Keramik-Inlays, die mit unterschiedlichen Zementierungssystemen befestigt wurden. Die Prüfkörper wurden für 100.000 Zyklen einem thermo-mechanischen Belastungstest unterzogen („Quasimodo“-Kausimulator, Universität Erlangen).

Hierbei wies das oben beschriebene System (XP BOND + Self Cure Activator + Calibra) keinen signifikanten Unterschied zwischen chemischer Härtung und Lichthärtung auf. Auch der Unterschied zu einem anderen gängigen System (Variolink II + Syntac, Ivoclar Vivadent, Schaan) war nicht signifikant. Die Randspaltanalyse zeigte jedoch für das vorstehend genannte System signifikant bessere Ergebnisse als bei zwei anderen, ebenfalls getesteten Systemen (Panavia F2.0, Kuraray Dental; Multilink, Ivoclar Vivadent, Schaan).

Fazit

Bislang war es üblich, zwei unterschiedliche Werkstoffe für unterschiedliche Indikationen vorzuhalten. Jetzt reicht mit zirkonverstärktem Lithiumsilikat ein einziger für alle – vom Inlay bis zur Krone. Die Verarbeitung ist auf die jeweilige Indikation abgestimmt. Mit der ersten Variante kommt man rasch auf die Festigkeitswerte von Feldspatkeramik.

Mit der zweiten (inklusive Glasurbrand) sind die Festigkeitswerte von Lithiumdisilikat erreichbar, und dies bei ähnlicher Verarbeitungszeit. So eignet sich das schnelle Verfahren für Inlays und Onlays, das andere für Kronen. Wirtschaftlich gesehen stellt ZLS für Praxen, die bereits eine CEREC-Maschine besitzen, eine zusätzliche Option dar, die keine weiteren Investitionen benötigt, die Lagerhaltung aber unmittelbar reduziert. Einsteiger können sich, indem sie von vornherein ZLS vom Inlay bis zur Krone einsetzen, den Beginn ihrer „Keramik-Karriere“ vereinfachen.

Leicht zu beschleifen

Neben Lithiumoxid und Siliziumdioxid enthält ZLS etwa zehn Prozent Zirkoniumdioxid (ZrO2), das hochdispers gelöst in der Glasphase der Keramik vorliegt. Dadurch wird eine Auskristallisation des Zirkoniumdioxids vermieden, was die natürliche Transluzenz und Opaleszenz dieser neuen Materialklasse ermöglicht.

Das von Zirkoniumdioxidkeramik gewohnte eher opake Erscheinungsbild wird so verhindert. Weiterhin werden durch den hochdispersen Anteil an ZrO2 wesentlich mehr Keime für die Bildung der Kristallphase erzeugt und durch die günstigeren thermodynamischen Kenndaten wird bereits bei geringerer Energiezufuhr die Bildung von Kristallisationskeimen angeregt. Es entstehen eher viele kleinere Kristallite als wenige große, weshalb die Glasphase bei der ZLS-Glaskeramik einen größeren Anteil im Vergleich zu herkömmlicher Lithiumdisilikatkeramik einnimmt. Die gebildeten Kristalle sind deutlich kleiner als bei Lithiumdisilikatkeramik.

Der zehnprozentige Anteil von Zirkoniumdioxid ist nahezu in atomarer Größenordnung aufgelöst. Die dadurch hervorgerufenen Strukturmerkmale in ZLS führen zu besonderen Eigenschaften dieser Materialklasse: Hervorzuheben sind die hohe intrinsische Festigkeit von 420 MPa1, die leichtere Beschleifbarkeit im auskristallisierten Zustand und die hohe Transluzenz und Opaleszenz und damit sehr gute ästhetische Eigenschaften