Dental Magazin

Urteile: Abrechnung der Professionellen Zahnreinigung (PZR)

Gleich in zwei Urteilen haben sich Verwaltungsrichter mit der Abrechnung der Professionellen Zahnreinigung (PZR) beschäftigt. Beide mit völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Die PZR droht damit, wieder einmal, in den Zahnarztpraxen für Unruhe zu sorgen.


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Gerade als man dachte, die Diskussionen zum Thema PZR seien vorbei, droht das Thema erneut zu eskalieren. Der Grund ist, dass zwei Urteile zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen kommen, was die analoge Berechnung der nichtchirurgischen subgingivalen Belagentfernung, genauer gesagt, deren Abgrenzung zur Geb.-Nr. 1040 (Professionelle Zahnreinigung) betrifft.

Stein des Anstoßes ist ein aktueller Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Beschl. v. 21.03.2014, 1 A 477/13), mit dem die Zulassung der Berufung gegen ein negatives Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf (Az. 13 K 5973/12) zurückgewiesen wurde. Grund für diesen Rechtsstreit war, dass die Beihilfe eine Abrechnung der PZR nach GOZ 1040 und in derselben Sitzung der Geb.-Nrn. 4070/4075 (parodontalchirurgische Therapie [insbesondere Entfernung subgingivaler Konkremente und Wurzelglättung] an einem einwurzeligen Zahn oder Implantat bzw. an einem mehrwurzeligen Zahn, geschlossenes Vorgehen) als Analogziffer bemängelte und nur einen Teilbetrag der geforderten Kosten erstattete. Der Kläger forderte hingegen den kompletten Betrag und argumentierte, die nichtchirurgische subgingivale Belagentfernung im Rahmen der Prophylaxe werde in der GOZ nicht beschrieben, weswegen die Analogberechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ möglich sei.

Das VG Düsseldorf wies die Klage ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung eines zahnärztlichen Sachverständigen ab und begründete dies allein aufgrund der Definitionen, die es durch die GOZ und das klinische Wörterbuch „Pschyrembel“ erhielt. Laut Verwaltungsrichter sei demnach durch die Leistungsbeschreibung der Geb.-Nr. 1040 GOZ auch die subgingivale Reinigung abgedeckt. Das VG Düsseldorf setzte dabei gingival mit subgingival gleich, da der gingivale Bereich auch vom Zahnfleisch überzogen und damit subgingival sei.

Kein Sachverständiger gehört

Das OVG NRW folgte in seinem Beschluss dieser Begründung und bestätigte – wiederum ohne Hinzuziehung eines zahnärztlichen Sachverständigen – das Urteil der Düsseldorfer Richter. „Diese begriffliche Ausdehnung der Professionellen Zahnreinigung in den subgingivalen Bereich halte ich für sehr fraglich. Ein Gericht kann die sachverständige Beurteilung eines zahnärztlichen Sachverständigen nicht durch einen Blick in den Pschyrembel ersetzen. Die gebührenrechtliche Beurteilung, dass die Nummern 4070/4075 auch analog nicht neben der 1040 abrechenbar sind, mag noch nachvollziehbar sein. Zahnmedizinisch betrachtet ist aber die Entfernung noninvasiv erreichbarer, subgingivaler Beläge eine andere Leistung als die Entfernung supragingivaler und gingivaler Beläge, so dass hier die GOZ eine über die Analogie zu schließende Lücke enthält. Geschlossen werden könnte diese bspw. über eine analoge Abrechnung der Nummer 2130 neben der supragingivalen Belagentfernung nach den Nummern 4050/4055“, bewertet Jens-Peter Jahn, Fachanwalt für Medizinrecht in der Kanzlei DR. HALBE RECHTSANWÄLTE in Köln. Auch die Zahnärztekammer Niedersachsen hat sich bereits schriftlich zu dem Urteil des OVG NRW geäußert und bezeichnet es als weder fachlich fundiert noch gebührenrechtlich korrekt.

Hinzu kommt, dass eine Entscheidung des VG Stuttgart aus dem vergangenen Jahr (Az.: 3 K 3921/12 vom 13.02.2013) bei einem ähnlichen Sachverhalt zu einer komplett gegenteiligen Entscheidung kommt. In dem Stuttgarter Urteil wird ausdrücklich betont, dass die Entfernung subgingivaler Beläge nicht von der Leistungsbeschreibung der Geb.-Nr. 1040 GOZ erfasst wird und damit die zahnärztliche Rechnungslegung und insbesondere die analoge Berechnung der subgingivalen Belagentfernung nicht zu beanstanden ist.

Zwei Entscheidungen also, zwei völlig unterschiedliche Auslegungen in der Abrechnung der PZR und der Möglichkeiten der Analogberechnung der nichtchirurgischen subgingivalen Reinigung. Das führt zu einer erneuten Verwirrung in den Zahnarztpraxen, was die Abrechnungspraxis betrifft.

Könnte das auch zu Problemen in der Parodontaltherapie führen? Das zumindest glaubt Prof. Dr. Peter Eickholz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGParo) nicht. „Ich sehe hier kein großes Problem, auch wenn die Gleichsetzung von ,gingival’ und ,subgingival’ durch das Gericht Quatsch ist.“

Supragingival/gingival (Geb.-Nr. 1040 GOZ ) bedeutet für ihn alles koronal des Gingivarandes und bis kleiner 3,5 mm subgingival. Sondierungstiefen (ST) von 3,5 mm sind der Schwellenwert der BEMA für die Beantragung eines geschlossenen Vorgehens in der systematischen PAR-Therapie bei bisher unbehandelten Patienten. Ab ST von 3,5 mm wird „subgingival“ instrumentiert (Geb.-Nrn. 4070/4075 GOZ).

UPT als Alternative?

Die Lösung für Eickholz heißt hier Unterstützende Parodontitistherapie (UPT). In dieser wird über die Prophylaxesitzung mit PZR hinaus ein- bis zweimal pro Jahr ein Parodontalstatus erhoben und gegebenenfalls vorhandene vertiefte Taschen (ST größer 3,5 mm mit Bluten auf Sondieren) werden subgingival gereinigt. Bei einem weitgehend vollbezahnten Patienten kostet eine UPT, die etwa eine Stunde dauert, mit Erhebung des Parodontalstatus und etwa der subgingivalen Reinigung von fünf Zähnen rund 150 Euro.

Wenn während der UPT also subgingival nachinstrumentiert wird, berechnet Eickholz die Geb.-Nrn. 4070/4075 GOZ. „Sollten die betreffenden Zähne in der gleichen Sitzung auch supragingival gereinigt worden sein, erfolgt an diesen Zähnen die Berechnung nach Geb.-Nrn. 4050/4055 GOZ statt nach Geb.-Nr. 1040 GOZ, denn die neue GOZ schließt die Berechnung der 1040 und 4070/4075 in der gleichen Sitzung explizit aus.“