Expertenzirkel

Digitales Röntgen



Die digitalen Röntgentechnologien haben Praxistauglichkeit erlangt und sind finanzierbar. Rund 40 Prozent der zahnärztlichen Praxen nutzen die neuen Verfahren, Tendenz steigend, wie aktuelle Verkaufszahlen belegen. Welches Verfahren ist wann indiziert? Wie entstehen Fehler? Was sind die Fallstricke beim 3D-Röntgen und wie lassen sie sich vermeiden?

Darüber diskutieren im aktuellen Expertenzirkel des DENTAL MAGAZINs Experten aus der Praxis, der Wissenschaft und der Industrie.

Analog oder digital, Speicherfolien oder Sensoren, 2D oder 3D – in der Röntgentechnik haben sich die Optionen vervielfacht. Herr Prof. Lotzmann, welche Technik gehört in jede Zahnarztpraxis?

Lotzmann: Das hängt von vielen Faktoren ab. Letztlich sollte aber nur ein zusätzlicher Nutzen für den Patienten der Anlass sein, bewährte Verfahren aufzugeben und neue Technologien einzusetzen.

Wie meinen Sie das?

Lotzmann: Beim Einzelzahnfilm lässt sich sicherlich kontrovers diskutieren, ob die digitale Variante mit oftmals sensorbedingtem kleinerem Aufnahmefeld klinisch wirklich einen diagnostischen Vorteil gegenüber einem guten analogen Bild bringt. Bei aktuellen, digitalen Panoramaschichtgeräten hingegen hat vor allem mit den immer schneller arbeitenden Sensoreinheiten eine diagnostisch relevante Neuerung Einzug gehalten. Damit ist es nach erfolgter Aufnahme noch möglich, die Lage der Schichtebene im anterioren Bereich über die Software zu optimieren, so dass auf ergänzende Einzelaufnahmen der Frontzähne verzichtet werden kann. Hier ist ein klarer klinischer und diagnostischer Vorteil der digitalen Technik zu erkennen.

Zahlreiche Zahnärzte, man schätzt mehr als die Hälfte, halten dennoch an der analogen Technik fest. Herr Dr. Schulze, macht das Sinn?

Schulze: Meiner Meinung nach nicht. Die Aufnahmen überzeugen qualitativ zwar durchaus, dennoch, die analoge Bildgebung ‚braucht‘ heute im Grunde niemand mehr. Die Nachteile sind immens, sie reichen von der qualitativen Abhängigkeit von Entwicklungsvorgängen über den Bedarf an Verbrauchsmaterialen bis hin zur Entsorgung von Chemikalien und aufwendigen Archivierung. Speicherfolien werden zwar zunehmend intraoral eingesetzt, aber für die weitere Verwendung älterer Panoramageräte sollten Speicherfolien lediglich als Übergangslösung verwendet werden.

Herr Ölschläger, inwiefern ist die analoge Technik für Sie noch ein Thema?

Ölschläger: Betrachtet man die aktuellen Verkaufszahlen, so ist die analoge Bildgebung in Deutschland kein Thema mehr. 95 Prozent der verkauften Panorama-Röntgengeräte sind digital. Und bei den restlichen 5 Prozent befindet sich in der Praxis kaum noch ein Entwickler, sondern meistens ein Speicherfolienscanner.

Kommen wir zur Frage Speicherfolie versus Sensoren – wofür soll sich der Anwender entscheiden?

Schulze: Speicherfolien zur Erstellung intraoraler Aufnahmen und ein sensorbasierendes Panoramaaufnahmesystem stellen meiner Ansicht nach derzeit eine ideale Kombination dar. Denn während der Einsatz intraoraler Festkörpersensoren nach wie vor unter der Dimension der Sensoren leidet, kann bei der Erstellung von Panoramaschichtaufnahmen auf eine große Palette verschiedener Sensorsysteme zurückgegriffen werden.

Ölschläger: Speicherfolie oder Sensoren – das ist eine spannende Frage. Speicherfoliensysteme in den Formaten 2 x 3 cm und 4 x 4 cm werden – zumindest in Deutschland – immer beliebter und die Verkaufszahlen haben die der Sensoren übertroffen. Das liegt sicher an der einfachen Handhabung der Folien und der heute stark verbesserten Bildqualität.

Verstehe ich das richtig, Speicherfoliensysteme sind „in“?

Ölschläger: Richtig, im Bereich intraorales Röntgen ist sicherlich ein Trend zur Speicherfolie zu beobachten, während wir beim extraoralen Röntgen weiterhin steigende Verkaufszahlen bei 3D-Geräten sehen.

Welche Trends beobachten Sie, Herr Dr. Schulze?

Schulze: Bei den Panoramaschichtaufnahmen sind zwei Trends zu beobachten: einerseits die Erstellung von „Panoramabildstapeln“, andererseits das Aufkommen von Programmen, die die Erstellung einer intraoralen Aufnahme bereits teilweise ersetzen können. Und: Die Netzwerkintegration von Systemen für die intraorale Bildgebung hat sich verbessert, wahrscheinlich weil immer mehr Zahnärzte über eine solide Netzwerkinfrastruktur verfügen und die o. g. Systeme flexibler eingesetzt werden sollen.

Obwohl seit vielen Jahren adäquate Möglichkeiten zur 3D-Diagnostik zur Verfügung stehen, werden in der täglichen Praxis nahezu ausschließlich zweidimensionale Aufnahmen gemacht.

Schrecken Zahnärzte vor der DVT noch zurück, zum Beispiel aus Kostengründen?

Schulze: Ja, aber auch die technischen Rahmenbedingungen lassen sie zögern. Die Kollegen schrecken auch vor dem zeitlichen Aufwand zurück. Bei aller Begeisterung für die exzellente Bildqualität – entscheidend ist die diagnostische Beurteilung eines Datensatzes: Die dafür notwendige Dokumentation verschlingt Zeit, im Schnitt jeweils 20 Minuten.

Aktuell höre ich, dass auch juristische Aspekte etwa bei übersehenen Befunden oder Fehlbeurteilungen von der Beschaffung eines DVT-Systems abhalten.

Kommen wir zum Thema 2D/3D. Welche Technik ist wann indiziert?

Ölschläger: Die Frage 2D oder 3D stellt sich meiner Meinung nach nicht, beide Systeme ergänzen sich. Eine reine 3D-Röntgendiagnostik verbietet sich schon aus Strahlenschutzgründen. Auch die DVT-Technik hat ihre Grenzen. Denken Sie an die Probleme der Metallartefakte, an die Weichteildarstellung und die Kariesdiagnostik. Ich empfehle eine individuelle Beratung durch einen Röntgenspezialisten des Fachhandels.

Buhtz: Ich sehe das ebenso. Insbesondere für Kariesdiagnostik, aber auch in vielen endodontischen Fragestellungen ist eine zweidimensionale Aufnahme zur Abklärung völlig ausreichend. Die dreidimensionale Aufnahmetechnik ist weiterführende Diagnostik und kommt erst dann zum Einsatz, wenn mit zweidimensionalen Aufnahmen keine klare Diagnose möglich ist.

Wie sieht es mit MRT und CT aus, sind die Techniken im niedergelassenen Bereich überhaupt denkbar?

Schulze: Kaum, die Investitionen sind hoch, z. B. für 1,5T-MRT ca. eine Million Euro bei einer Neuanschaffung oder 300.000 Euro bei einem fünf Jahre alten Gebrauchtgerät. Die Kosten für den laufenden Betrieb sind da noch gar nicht eingerechnet.

Die Anwendung von Großgeräten in Zahnarztpraxen halte ich eher für utopisch. Sowohl CT, insbesondere mit der Applikation von Kontrastmitteln, als auch MRT werden wohl weiterhin in der Hand der Radiologie verbleiben.

Ölschläger: Dieser Ansicht bin auch ich. MRT und CT erfordern einen sehr hohen finanziellen Aufwand von vielen hunderttausend Euro, so dass die Untersuchungen sehr teuer sind. Außerdem ist der Betrieb solcher Geräte ohnehin ausschließlich Radiologen vorbehalten. Eine Überweisung an den Radiologen zieht allerdings einen erheblichen Zeitaufwand nach sich, sowohl für den Patienten als auch für den Behandler.

Würden kostengünstige Systeme das ändern?

Schulze: Ja, und dann könnte ich mir auch eine Umsetzung in der Praxis vorstellen, gerade auf dem MR-Sektor. Denn wie Herr Ölschläger schon betonte: Eine Überweisung an einen Radiologen ist frustrierend. In der Radiologie spielt die Zahnheilkunde nämlich eine völlig untergeordnete Rolle. Es fehlt Know-how in Sachen dentaler Pathologien, was eine sachgerechte Anwendung der Modalitäten erschwert.

Herr Prof. Lotzmann, Herr Dr. Gockel, CT und MRT können nur in Fachpraxen oder Zentren für Radiologie durchgeführt werden, was ändert sich mit der DVT?

Lotzmann: In den zahnmedizinischen Praxen war vor Etablierung der DVT die CT vor allem auf die 3D-Planung komplexer Implantatfälle beschränkt und damit auf einen eng umschriebenen Behandlerkreis. Die MRT ist nach wie vor der Goldstandard in der Bildgebung des Weichgewebes des Kiefergelenks und wird daher auch nur von Spezialisten zur CMD-Diagnostik eingesetzt.

Gockel: Die DVT hingegen kann durchaus in einer entsprechend ausgestatteten Zahnarztpraxis durchgeführt werden. Indikationsstellung, Durchführung und Befundung sind jedoch an den Erwerb der Fachkunde „Digitale Volumentomografie“ gebunden. Vielen niedergelassenen Kollegen sind die diagnostischen Möglichkeiten der DVT auch noch nicht bewusst. Neben den Anschaffungskosten für ein DVT musst natürlich auch der finanzielle Mehraufwand für den Patienten bedacht werden. Die DVT ist in aller Regel eine Privatleistung.

Bei richtiger Indikationsstellung ist gegen einen zunehmenden Einsatz der DVT also nichts einzuwenden?

Schulze: Korrekt, sofern eine entsprechende Qualifikation des Betreibers vorliegt, die durch weitergehende Fortbildungsmaßnahmen unterfüttert werden müsste, um eine sicherere Indikationsstellung und eine qualitativ höherwertige Auswertung zu gewährleisten.

Ölschläger: Ob 2D oder 3D geröntgt wird, hängt von der medizinischen Notwendigkeit ab.

Nach der Röntgenverordnung ist immer eine rechtfertigende Indikation für die Erstellung einer Röntgenaufnahme zu stellen und es ist immer dasjenige Verfahren zu wählen, das die geringste Dosis für den Patienten bedeutet. Das heißt, nur wenn eine entsprechende Indikation vorliegt, darf ein DVT erstellt werden, andernfalls muss eine 2D-Aufnahme gemacht werden. Ich kann in diesem Zusammenhang nur auf die S1-Empfehlung der DGZMK zur dentalen DVT verweisen.

Was ist mit der Strahlenbelastung?

Buhtz: Natürlich muss bei Strahlendiagnostik, also auch beim Einsatz der DVT, immer das ALARA(As low as reasonable achievable)-Prinzip beachtet werden. Das wird auch in der DGZMK-Leitlinie betont. Fakt ist: Die Anwendung muss mit der geringstmöglichen Strahlendosis bei gleichzeitiger suffizienter Abbildungsqualität erfolgen.

Die Implantologie war und ist die entscheidende Triebfeder der dentalen DVT, ist sie bis heute das Haupteinsatzgebiet?

Schulze: Ja, denn die Implantologie profitiert natürlich enorm von einer dreidimensionalen Visualisierung des Knochenlagers, sei es nun durch das bloße Erheben von Messwerten oder gar in Form der Verwendung der Datensätze zur schablonengestützten Implantatinsertion.

Welche Vorteile sehen Sie, Herr Dr. Buhtz, Herr Dr. Gockel?

Buhtz: Strukturen, die in zweidimensionalen Bildern durch Summationseffekte unklar dargestellt sind, lassen sich eindeutig erkennen. Insbesondere der Kieferhöhlenboden ist in einer Panoramaschichtaufnahme im Verlauf nie eindeutig zu beurteilen. Und Guided Surgery erfordert zwingend eine dreidimensionale Aufnahme.

Gockel: Die anzustrebende prothetisch orientierte Implantatplanung lässt sich mit der DVT auch mit kleiner Aufnahmevolumengröße bereits bei lokal begrenzten Fällen, z. B. bei implantatprothetischer Versorgung nur eines Quadranten, anwenden, um so planerische Sicherheit zu erlangen (Abb. 1 und 2). So sind zum Beispiel Art und Umfang einer Augmentation und prothetischer Aufwand bereits im Vorfeld klar zu diagnostizieren und in einem Heil- und Kostenplan präziser zu berücksichtigen.

Der Eingriff an sich kann gezielter geplant und durchgeführt werden. Außerdem bekommt der Behandler ein hervorragendes Hilfsmittel an die Hand, um den geplanten Behandlungsaufwand mit dem Patienten am PC-Bildschirm zu visualisieren. In der Zukunft werden die einzelnen digitalen Techniken wie 3D-Gesichtsscan, DVT, Intraoralscan, Implantatplanungs- und CAD-Software im Sinne eines konsequenten digitalen Workflows noch stärker miteinander verzahnt werden (Abb. 9, 10). Dieser Prozess könnte durch die Industrie dadurch gefördert werden, dass sie ihre Systeme für gemeinsame Schnittstellen weiter öffnet als bisher und die Interoperabilität erleichtert.

Herr Ölschläger, ist die Implantologie noch immer das Haupteinsatzgebiet für die dritte Dimension?

Ölschläger: Ja, Implantologie und Chirurgie sind sicherlich die klassischen Anwendungsgebiete der 3D-Bildgebung. Die dritte Dimension erleichtert hier die Operationsplanung in Bezug auf kritische anatomische Strukturen, und durch die hohe Messgenauigkeit gegenüber zweidimensionalen Verfahren wird eine optimale Implantatplanung möglich.

Welche weiteren Einsatzgebiete zeichnen sich ab?

Gockel: Letztlich treten in fast allen zahnmedizinischen Teildisziplinen Fragestellungen auf, die sich am besten mit überlagerungsfreier 3D-Bildgebung klären lassen.

Beginnen wir mit der Endodontologie …

Schulze: Hier halte ich den Einsatz einer DVT besonders bei anhaltenden Beschwerden nach einer Wurzelkanalbehandlung für indiziert. Zur prätherapeutischen Darstellung des doch komplexen Wurzelkanalsystems würde eine sehr hohe Auflösung benötigt (z. B. Voxelkantenlänge 50 µm), was jedoch durch Patientenbewegungen häufig limitiert wird.

Ölschläger: Etliche apikale Veränderungen lassen sich per 2D-Aufnahmen nicht erkennen, das gilt auch für Wurzelfrakturen, hier empfiehlt sich der DVT-Einsatz. Wichtig ist, dass die Geräte mit entsprechend hoher Auflösung arbeiten können, um eine hohe Detailerkennbarkeit zu gewährleisten.

Buhtz: Eine dreidimensionale Aufnahme hilft darüber hinaus, unentdeckte Wurzelkanäle aufzufinden.

Stimmen Sie zu, Herr Prof. Lotzmann?

Lotzmann: Ja, die Ausdehnung apikaler Läsionen lässt sich, wenn sie im vorausgegangenen Einzelzahnfilm oder OPG nicht eindeutig zur Darstellung kommt, per DVT exakt bestimmen und eine bessere Einschätzung der Prognose mit einer entsprechende Therapieform festlegen. Die DVT kann bei entsprechender Bildqualität schwierige Wurzelkanalkonfiguration exakt wiedergeben und so eine substanzschonende und gezielte Aufbereitung ermöglichen.

Zurück zu den Wurzelfrakturen …

Gockel: Die DVT eignet sich gut für die Diagnostik von Querfrakturen (Abb. 11 bis 13); es lassen sich im Zahnfilm Risse in der Wurzel oft nicht von Überlagerungen mit anderen anatomischen Strukturen unterscheiden.

Gilt das auch für Längsfrakturen?

Lotzmann: Zur Abklärung von Längsfrakturen, insbesondere bei vorhandener Wurzelfüllung, gibt die DVT hingegen keine zusätzlichen Informationen, da die feinen Risse in der Nähe des Wurzelfüllmaterials oftmals nicht zur Darstellung kommen. Hier sind eher die klinischen Parameter – lokalisiert hohe Sondierungstiefen und die direkte Aufsicht, wenn möglich mit OP-Mikroskop – zielführend.

Bringt die DVT auch ein Diagnose-Plus in der Parodontologie?

Lotzmann: Ja, denn die Aussagekraft des zweidimensionalen Zahnstatus in der Parodontaldiagnostik gilt als eingeschränkt. Knochenlamellen können überstrahlt werden, Kompakta und/oder Wurzeln können Kochendefekte überlagern und erschweren so etwa die Diagnostik von Fenestrationen. Unter anderem lassen sich Knochentaschen hinsichtlich ihrer Größe und Ausdehnung nicht korrekt bewerten. Auch ist der klinische und radiologische Befund von Furkationsbefällen oftmals nicht deckungsgleich.

Wie hilft die dritte Dimension?

Lotzmann: Wenn die vollständigen klinischen Befunde und konventionelle Röntgenaufnahmen nicht ausreichend Informationen bieten, um das weitere klinische Vorgehen – z. B. regenerative versus resektive Verfahren – eindeutig festzulegen oder die parodontale Wertigkeit im Rahmen der Planung einer definitiven Prothetik genauer zu definieren, kann die dritte Dimension den therapieentscheidenden Informationszugewinn bringen.

Aber der interorale Zahnstatus gilt noch als Goldstandard?

Schulze: Meiner Meinung nach ist der intraorale Zahnstatus zur Abklärung von parodontalen Läsionen nicht länger als Goldstandard zu betrachten. Ich verweise hier gerne auf das Verhältnis des Informationsgehalts einer Untersuchung zu der dabei anfallenden Dosis. Sofern also auch zunehmend Niedrigdosisprotokolle durch die Hersteller implementiert werden, ist die Rolle des Zahnfilms bzw. der intraoralen Aufnahme als Informationsträger in Zukunft zumindest infrage zu stellen.

Wann sollte der Zahnarzt besser an einen Radiologen bzw. Experten überweisen?

Gockel: Immer dann, wenn zu erwarten ist, dass die in der Praxis verfügbaren Röntgenverfahren und -techniken nicht den für Diagnose und Therapieplanung erforderlichen Erkenntnisgewinn erbringen, ist eine Überweisung an Einrichtungen sinnvoll, die über die entsprechende Röntgenausstattung und das Know-how verfügen. Das setzt allerdings voraus, dass der Überweiser die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Aufnahmetechniken kennt.

Schulze: Da in Deutschland im Bereich der Zahnmedizin keine Möglichkeit zur Spezialisierung auf dem Gebiet der bildgebenden Diagnostik besteht, wie es in anderen europäischen Ländern längst der Fall ist, werden Diagnostikzentren in der Regel neben dem normalen Praxisbetrieb abgebildet.

Ist das ein Problem?

Schulze: Zunächst einmal ein Zeitproblem – ür die diagnostische Aufbereitung und Auswertung einer DVT sind etwa 15 bis 20 Minuten anzusetzen. Des Weiteren fehlen nach Erlangung der DVT-Fachkunde jegliche seriöse Fortbildungsangebote auf diesem Sektor.

Ich möchte noch einmal auf die Überweisungspraxis eingehen …

Ölschläger: Es gibt unterschiedliche Überweisungsgründe. Nicht für jede Praxis rechnet sich ein 3D-Gerät. Außerdem kann es auch in Praxen mit DVT Indikationen für eine 3D-Aufnahme mit einer Volumengröße geben, die das eigene Gerät nicht leistet. Aus strahlenhygienischen Gründen ist dann ein DVT in einem Röntgenzentrum einer CT-Aufnahme vorzuziehen.

Buhtz: Die Überweisung an ein Röntgenzentrum ist aber kein Muss. Jeder Zahnarzt, der ein DVT betreibt, besitzt die Fachkunde zur DVT-Diagnostik. Mehr als 20 Kollegen überweisen uns zum Beispiel Patienten ausschließlich für DVT-Aufnahmen, zum Beispiel wegen unklarer Nervverläufe bei anstehenden Weisheitszahnentfernungen oder aufgrund geplanter Implantatinsertionen.

Stichwort Fehlerquellen – das Spektrum ist ja beachtlich.

Schulze: Fehler können bereits bei der Erstellung einer DVT-Aufnahme auftreten. Die Wahl der richtigen Expositionsparameter – so sie denn selektiert werden können – ist von großer Bedeutung.

Ölschläger: Bewegungsartefakte führen zu Messfehlern, so kann das Erkennen kleiner Strukturen beeinträchtigt werden.

Wie sieht es bei den Längenmessungen aus?

Ölschläger: Hier kann es zu technisch bedingten Ungenauigkeiten kommen, obwohl der Vergrößerungsfaktor bei der DVT bei 1 liegt. Jedes technische System besitzt Messungenauigkeiten. Daher ist auch die Längenmessung, die wir in einer DVT-Aufnahme vornehmen, fehlerbehaftet.

In der Literatur werden bei In-vitro-Messungen Fehler in der Größenordnung von drei bis acht Prozent angegeben. Das deckt sich auch mit meinen Beobachtungen.

Auch Metallartefakte treten immer wieder auf, wie kommt es dazu?

Schulze: Bei der Patientenvorbereitung werden etwa herausnehmbare Prothesen, Schmuck oder auch Hörgeräte vergessen. Dies führt unter Umständen zu erheblichen Artefakten in der rekonstruierten Aufnahme.

Welche weiteren Fallstricke gibt es?

Schulze: Patientenbewegungen können – wie Herr Ölschläger schon sagte – zu qualitativen Beeinträchtigungen und geometrischen Ungenauigkeiten führen. Das hängt natürlich ganz vom Ausmaß der Bewegung ab.

Weiterhin verursachen Hochkontrastobjekte wie Implantate oder stark absorbierende Füllungsmaterialien Artefakte, die die Beurteilung des Datensatzes nachhaltig beeinflussen können.

Nennen Sie bitte typische Anwenderfehler?

Ölschläger: Man muss alle drei Raumachsen betrachten, das ist die Schwierigkeit. Soll etwa im Unterkiefer der Abstand vom Alveolarkamm zum Mandibularkanal für eine Implantatversorgung gemessen werden, muss dies in der Richtung der späteren Implantatachse erfolgen, sonst können sich erhebliche Messfehler ergeben.

Schulze: Außerdem treten Interpretationsfehler auf – von der Erhebung falsch positiver oder falsch negativer Befunde will ich hier gar nicht erst anfangen.

Herr Dr. Buthz, was sagen Sie als Praktiker?

Buhtz: Eine große Fehlerquelle liegt meiner Ansicht nach im Field of View (FOV). Zu häufig werden Gebiete mit Aufnahmen erfasst, die für die Fragestellung gar nicht relevant sind. Um eine möglichst genaue Eingrenzung des FOV zu ermöglichen, ist eine gute Kommunikation zwischen Überweiser und Aufnahmeersteller notwendig. Je präziser die Fragestellung zur Aufnahme ist, desto besser kann das FOV eingegrenzt werden. Und: DVT-Aufnahmen eignen sich nicht zur Kariesdiagnostik.

Grenzen für die Darstellung ergeben sich auch aus Metallartefakten. So können zum Beispiel metallische Wurzelkanalstifte grazile Wurzeln überlagern und eine Frakturdiagnostik erschweren.

Wann rechnet sich ein DVT-Gerät

Schulze: Der Betrieb eines DVT-Geräts sollte nicht ausschließlich unter betriebswirtschaftlichen Aspekten erfolgen. Derart werden Geräte nur von Radiologen betrieben. Die Fragen, die man sich vor einer Geräteselektion immer stellen sollte, lauten:

Was mache ich eigentlich den ganzen Tag?

Welches Patientenportfolio betreue ich, wird sich dieses durch den Einsatz eines DVT-Geräts verändern?

Wie wird sich mein therapeutisches Konzept möglicherweise ändern?

Neben der reinen Anzahl an Akquisitionen darf auch das benötigte Zeitfenster nicht aus den Augen verloren werden. Wie bereits erwähnt, sind 20 Minuten für die Auswertung eines Datensatzes durchaus einzuplanen. Dem gegenüber steht ein Erlös, der natürlich durch die Investition entsprechend gemindert wird. In vielen Fällen führt dies zu einer forcierten Anwendung der Modalität, was natürlich nicht im Sinne der Röntgenverordnung ist, aber leider aus typischen betriebswirtschaftlichen Zwängen erfolgt.

Ölschläger: Erstens muss bei der Amortisationsrechnung berücksichtigt werden, dass es sich bei den meisten Geräten um Kombigeräte handelt, die sowohl klassische 2D-Panoramaaufnahmen als auch 3D-Volumentomografien erstellen können. Zweitens ist die Volumengröße der entscheidende Faktor, der die Anschaffungskosten bestimmt. Drittens gibt es mittlerweile für die Liquidation eines DVTs ‚Marktpreise‘, so dass die nach GOÄ maximal zulässige Liquidation weit unterschritten wird. Da eine betriebswirtschaftliche Amortisationsrechnung stark praxisabhängig ist, geht das folgende Beispiel davon aus, dass die Leasingrate von den erzielten Einnahmen gedeckt wird:

Ein Kombigerät Planmeca 3D, 8 × 8 cm Volumengröße, schlägt mit rund 72.000 Euro inkl. MwSt. zu Buche. Die monatliche Leasingrate liegt bei 1.400 Euro inkl. MwSt. bei 60 Monaten Laufzeit und Vollamortisation. Diese Leasingrate wird mit 20 Panoramaaufnahmen und fünf 3D-Aufnahmen erwirtschaftet. Betrachtet man den reinen Mehrpreis eines DVT-Geräts gegenüber einem OPG, benötigt man unter den gleichen Bedingungen ca. sechs DVT-Aufnahmen pro Monat. Dabei würde eine Liquidation von 150 Euro pro DVT zugrunde gelegt.

Herr Dr. Buhtz, wie sind die Erfahrungen in puncto Wirtschaftlichkeit und Diagnose-Plus in Ihrer Praxis?

Buhtz: Seit 2007 verwenden wir die DVT. Die Aufnahmequalität mit Sensortechnik ist ausgezeichnet. Es entfallen alle entwicklungsbedingten Fehlerquellen und die Originalaufnahme verbleibt in der Praxis. Darüber hinaus können Aufnahmen nicht falsch abgelegt werden. Unsere Sensoren für Zahnfilme funktionieren seit über sieben Jahren ohne Ausfall. Ich habe den Umstieg auf digitales Röntgen nie bereut. Die Wirtschaftlichkeit hängt natürlich wesentlich vom Anschaffungspreis des Geräts und vom Preis für die Aufnahme ab. Bei unserem Gerät und unserem Aufnahmepreis von 150 Euro werden 26 Aufnahmen im Monat für eine Amortisation benötigt.

Herr Ölschläger, Zahnärzte und Patienten wünschen sich eine Reduzierung der Strahlendosis und der Artefakte, was tut die Industrie?

Ölschläger: Bei Planmeca wurde jetzt ein Verfahren entwickelt, bei dem die effektive Dosis eines Volumens von 23 cm Durchmesser und 16 cm Höhe nur 21 µSv beträgt. Zum Vergleich: Bei einem OPG haben wir eine Effektivdosis von ca. 15 µSv. Aber nach meiner Überzeugung werden sich in der Zukunft durch verbesserte Detektoren und Verfahren noch weitere erhebliche Reduktionen in der Dosis ergeben.

Weitere Entwicklungsschwerpunkte sind :

 die Reduktion der Dosis bei gleichbleibender Bildqualität und

 verbesserte Rekonstruktionsalgorithmen, die Metallartefakte reduzieren, die Ortsauflösung erhöhen und die Bestimmung der Gewebedichte verbessern.

Die Literaturliste steht auf www.dentalmagazin.de in der Rubrik Expertenzirkel.

Abb. 1: Typische Bewegungsartefakte wie in dieser Aufnahme können zu einem völligen Informationsverlust führen. Bei derartigen Bewegungsartefakten sollte die Aufnahme je nach Dringlichkeit der Indikation wiederholt werden.

Abb. 2: Hochkontrastobjekte verursachen Artefakte, die sich vor allem in der axialen Ansicht sehr deutlich ausbreiten. Bei richtiger Patientenpositionierung beschränken sich diese allerdings auf die Okklusionsebene.

Abb. 3: Beispiel für eine prätherapeutische Darstellung des Wurzelkanalsystems. In diesem Fall lag eine radikuläre Zyste vor, der eine Entzündung des im bukkalen Wurzelkompartiment vorliegenden atypischen Kanalsystems vorausging.

Abb. 4: Patientin vor Entfernung der unteren Weisheitszähne. 48 wurde alio loco entfernt, es besteht bis heute eine Parästhesie im Ausbreitungsgebiet des N. alv. inf.

Abb. 5: In der dreidimensionalen Darstellung zeigt sich die bukkale Lage des Nervkanals. Durch entsprechende Wahl der Osteotomielinie und Luxationsrichtung konnte der Zahn ohne jegliche postoperative Parästhesie entfernt werden.

Abb. 6: Das Implantat scheint die Integrität des Nervkanals zu verletzen.

Abb. 7: Tatsächlich wurde das Implantat mit einer knochengetragenen Bohrschablone „am Nerv vorbei“ inseriert.

Abb. 8: 3D-Planung mit kleinem FOV – Röntgenschablone in situ

Abb. 9: 3D-Implantatplanung mit 4 × 5 cm FOV (Promax 3D mid, Fa. Planmeca) in der DVT-Software Romexis (Fa. Planmeca )

Abb. 10: CAD/CAM-gefertigte Kronen (vollverblendete Zirkongerüste auf individuell gefrästen Titanabutments) entsprechend der 3D-Planung auf gedrucktem Kunststoffmodell auf der Basis eines Intraoralscans (Cara TRIOS, Fa. Heraeus)

Abb. 11: Darstellung Zahn 44 im Einzelzahnfilm – Situation an der Wurzelspitze nicht eindeutig

Abb. 12: Eindeutige Darstellung der Fraktur im Bereich der Wurzelspitze 44 (Promax 3D mid, Fa. Planmeca)

Abb 13: Extrahierter Zahn 44 mit Wurzelfragment

Abb. 14: Durch Bewegung entsteht in den Knochenstrukturen des Unterkiefers ein deutlicher Messfehler.

Abb. 15: Hier wurde in einem Transversalschnitt in der Regio 36 Es wurde allerdings nicht bedacht, dass dieser Schnitt nicht in der Implantatachse verläuft. Das Ergebnis ist ein fälschlicherweise zu großer Abstand Alveolarkamm – Mandibularkanal.

Abb. 16: Messfehler: Regio 36, allerdings erfolgte die Messung in der geplanten Implantatachse. Das Ergebnis ist der richtige Abstand Alveolarkamm – Mandibularkanal.

Abb. 17: 3D-Aufnahme eines Volumens 23 cm × 16 cm (D × H) mit einer Dosis ähnlich einer 2D-Panoramaaufnahme

studierte Zahnmedizin in Marburg und ist seit 2007 am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Abteilung für orofaziale Prothetik und Funktionslehre, Universitätskliniken Gießen/Marburg, tätig. Zu seinem Spezialgebiet zählen die Digitale Volumentomografie und CAD/CAM-Technik.

Wenn unsinnig große FOVs bei eigentlich räumlich begrenzter Fragestellung angefertigt werden, kann dies zu Lasten der Strahlenhygiene und Bildqualität in der Untersuchungsregion gehen.

Die Durchführung der Aufnahme muss fehlerfrei erfolgen. Dabei spielt die richtige Patientenpositionierung und -fixierung eine wichtige Rolle.

Die immer wieder auftretenden Verwacklungsartefakte werden oftmals durch fehlerhafte Patientenpositionierung und gerade bei den relativ langen Aufnahmezeiten auch durch eine mangelhafte Patientenfixierung hervorgerufen.

Bei einigen Systemen muss auch der Rotationsbereich von Sensor und Strahler beachtet werden, damit dieser nicht im Aufnahmeverlauf Schultern oder Kopf des Patienten streift, da dies zu einer mechanisch bedingten Verwacklung führt.

Eine wesentliche Bedeutung in der Prozesskette kommt auch dem PC-Befundungsplatz zu. Hier muss ein zur Diagnostik geeigneter Bildschirm zum Einsatz kommen, um alle Grauwertabstufungen und somit Veränderungen im Röntgenbild erkennen zu können. Auch muss die Arbeitsplatz- und Raumbeleuchtung anpassbar sein, damit die Bildschirmbetrachtung unter gleichbleibenden, optimalen Bedingungen erfolgen kann.

Neben den system- oder handhabungsbedingten Fehlern können natürlich auch Fehler bei der Bildbefundung gemacht werden. Eine korrekte Befundung setzt gute anatomische und pathologische Kenntnisse sowie das Wissen um Artefakte voraus.

Derjenige, welcher die Indikation für eine Aufnahme stellt und diese beurteilt, muss alle im Aufnahmevolumen dargestellten anatomischen Strukturen und vor allem Pathologien erkennen und beschreiben können. Quelle: Gockel/Lotzmann

studierte Zahnmedizin in Mainz und ist seit 2001 niedergelassen in eigener Praxis in Hamburg. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählt vor allem die Implantologie. Von 2005 bis 2007 absolvierte er ein Studium zum Master of Science in Oral Implantology (DGI). Außerdem ist er geprüfter Implantologe der DGOI.

ist Professor für Zahnersatzkunde und Direktor der Abteilung für Zahnersatzkunde sowie Geschäftsführender Direktor des Medizinischen Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Marburg. Er studierte nach absolvierter Zahntechnikerausbildung Zahnmedizin in Göttingen.

war Sektionsleiter Röntgen der Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Universität Freiburg. Heute ist er niedergelassen in eigener Praxis und hat sich voll und ganz auf die Röntgendiagnostik spezialisiert. Zu diesem Thema ist er national und international als Referent und Autor aktiv.

Mehr als die Hälfte der Zahnärzte röntgt nach wie vor mit analoger Technik. Die Aufnahmen sind qualitativ gut, doch die Nachteile wie Entsorgung von Chemikalien und aufwendiger Archivierung immens.

Für die weitere Verwendung älterer Panoramaschichtgeräte sollten Speicherfolien lediglich als Übergangslösung verwendet werden.

Speicherfolien zur Erstellung intraoraler Aufnahmen und ein sensorbasiertes Panoramaaufnahmesystem sind eine ideale Kombination für die Praxis.

Noch zählen vor allem die Implantologie und die Chirurgie zu den klassischen Anwendungsgebieten der 3-D-Bildgebung. Doch auch in der Parodontologie sorgt die dritte Dimension für ein klares Diagnose-Plus: Denn die Aussage des zweidimensionalen Zahnstatus gilt heute als eingeschränkt.

Zu typischen DVT-Fehlerquellen zählen Metall- und Bewegungsartefakte.

Wer eine Indikation für eine DVT-Aufnahme stellt, muss sämtliche im Aufnahmevolumen dargestellten anatomischen Strukturen und Pathologien kennen und beschreiben.

studierte technische Informatik in Wedel/Hamburg und ist seit 2008 Vertriebsleiter 3D-Röntgen bei Planmeca. Zuvor war er u. a. bei Gendex Dental Systems, dann bei KaVo. Dort war er Projektleiter 3D-Röntgen. Er ist Mitglied in verschiedenen Arbeitskreisen, die sich mit dem dentalen Röntgen befassen.